Umzug geplant

Die Immobilien-Akte des BMG

Berlin - 24.08.2016, 13:40 Uhr

Umzug für 2020 geplant: Das BMG will in das ehemalige Innenministerium der DDR einziehen. (Foto: DAZ.online)

Umzug für 2020 geplant: Das BMG will in das ehemalige Innenministerium der DDR einziehen. (Foto: DAZ.online)


Das Bundesgesundheitsministerium will mit seinem kompletten Berliner Dienstsitz umziehen. Voraussichtlich 2020 sollen die rund 380 Mitarbeiter die neuen Räume ein paar Häuserblocks weiter beziehen. Kostenpunkt  für den Steuerzahler: mindestens 121 Millionen Euro. Auch ein Blick auf die bisherige Immobilien-Geschichte des Ministeriums offenbart interessante Details.

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) ist eines der Ministerien, das seinen ersten Dienstsitz noch in Bonn hat. Der zweite Dienstsitz ist in der Berliner Friedrichstraße 108 gelegen. Schon länger ist bekannt, dass das Haus von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) innerhalb Berlins umziehen möchte. Dem Vernehmen nach wird aufgrund der steigenden Mitarbeiterzahlen in dem modernen Bürogebäude neben dem Friedrichstadtpalast so langsam der Platz knapp.

Die Umzugspläne sind in den vergangenen Monaten daher konkreter geworden: Das BMG wird in die Mauerstraße 29 in Berlin-Mitte ziehen. Gröhe und Co. haben sich eine geschichtsträchtige Gegend ausgesucht: Unweit vom Brandenburger Tor, der amerikanischen und der britischen Botschaft sowie des Gendarmenmarkts liegt die Immobilie, in einem Viertel von großen Bürogebäuden aus der Vorkriegszeit. Auffällig ist, dass viele der alten Baukomplexe rund um die Mauerstraße derzeit leer stehen.

Neue Heimat in einem geschichtsträchtigen Umfeld

Auch die Geschichte des Gebäudes selbst könnte spannender nicht sein: Der aus zwei Häusern bestehende Baukomplex steht unter Denkmalschutz und war bis zum zweiten Weltkrieg Stammsitz der Deutschen Bank. Die Deutsche Bank nutzte die Häuser auch repräsentativ und empfing dort wichtige Gäste. Beide Gebäude wurden im Krieg fast komplett zerstört, ab 1949 aber wieder neu aufgebaut. Nur wenige Jahre später zog das Innenministerium der DDR in die Gebäude ein. Nach der Wende gingen die Häuser wieder in den Besitz der Bundesregierung über, die die Immobilie zeitweise für Standortverlagerungen nutzte. Zurzeit steht die Mauerstraße 29 leer und wird nur zeitweise privat untervermietet. In diesen Tagen hat sich beispielsweise ein Unternehmen aus der Film-Branche eingemietet und veranstaltet dort Castings.

Einzugsfertig sind die beiden Häuser aber lange noch nicht. Die Fenster sind teilweise beschädigt, der Außenputz renovierungsbedürftig und im Inneren des Hauptgebäudes stehen noch Reste alter Büro-Einrichtungen. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben hat in den vergangenen Jahren daher mehrere Bau-Dienstleistungen ausgeschrieben, die sich mit einer Modernisierung des Komplexes beschäftigen. Der größte Bauauftrag wurde Ende des vergangenen Jahres ausgeschrieben. Es geht um „Planung, Umbau und Sanierung sowie Instandhaltung und Betriebsdienstleistungen für das denkmalgeschützte Gebäudeensemble“, heißt es in der Ausschreibung.

Repräsentativer Tresorraum wie bei der ABDA

Die Pläne für das Bürogebäude sind ambitioniert: In den derzeit leerstehenden Hallen sollen neben den Büroflächen „repräsentative zentrale Sonderflächen“ entstehen. Außerdem geplant sind eine Cafeteria, ein Besucherzentrum sowie ein Presse- und Konferenzbereich. Die ehemaligen Tresorräume der Bank will das BMG als „hochwertige Lagerflächen“ nutzen. Vielleicht haben sich die Beamten diese Idee ja bei einem Besuch im alten Apothekerhaus abgeschaut: Denn auch das alte Mendelssohn-Palais in der Berliner Jägerstraße war eine ehemalige Bank. In den Tresorräumen verstaute die ABDA das gesamte Archiv der Pharmazeutischen Zeitung und empfing dort prominente Gäste.

Auch an die architektonische Gestaltung hat das BMG konkrete und anspruchsvolle Anforderungen. Es müsse ein „funktionales und repräsentatives Gebäudeensemble“ entstehen, das insbesondere der Ressortaufgabe ‚Gesundheit‘ gerecht werde und „diese auch nach außen widerspiegelt (‚Aushängeschild‘)“, heißt es in der Ausschreibung.

Modernisierungskosten höher als ursprünglich geplant

Natürlich gibt es die komplette Modernisierung eines Baukomplexes nicht umsonst. Im Bundeshaushalt für das Jahr 2015 hatte das BMG für das Projekt Gesamtkosten von insgesamt rund 98 Millionen Euro angegeben. Zwei Jahre später musste das Ministerium diese Angabe aber nach oben korrigieren: Im Haushaltsplan für das Jahr 2017 sind nunmehr Gesamtkosten von rund 121 Millionen Euro angegeben. Laut Haushaltsplan stehen die größten Bauarbeiten im Jahr 2018 an. Allein in diesem Jahr plant das BMG nämlich mit Ausgaben für 105 Millionen Euro für das Projekt. Fragen zu den Motiven des Umzuges sowie nach den Modernisierungskosten will das BMG erst in der kommenden Woche beantworten.

Der Umzug des BMG innerhalb Berlins ist auch aus politischer Sicht brisant. Am jetzigen Dienstsitz in der Friedrichstraße stehen Gröhe und seinen Mitarbeitern rund 15.000 Quadratmeter Bürofläche zur Verfügung. In der Mauerstraße haben die 380 Mitarbeiter mehr als doppelt so viel Platz. Zudem lässt das BMG in der Mauerstraße auch gleich den dazugehörigen zweiten Gebäudekomplex modernisieren. In der Ausschreibung heißt es, dass dieser Teil für „weitere ministerielle Aufgaben“ genutzt werden solle.

Derzeitiger Dienstsitz wechselte häufig den Besitzer

Anzunehmen ist also, dass das BMG mit weiterhin steigenden Mitarbeiterzahlen rechnet. Das dürfte am ersten Dienstsitz des Ministeriums, in Bonn, aber gar nicht gern gesehen werden. Denn im Bonn-Berlin-Gesetz hatte der Gesetzgeber den Beamten der Bonner Ministerien damals versprochen, dass ein großer Teil der Mitarbeiter ihren Dienstsitz am Rhein behalten könne. In den vergangenen Jahren hat allerdings ein vielfach beschriebener „Rutschbahneffekt“ stattgefunden – die Ministerien zogen immer mehr Mitarbeiter nach Berlin ab. Was das BMG betrifft, hat Gröhe seinen Bonner Beamten aber in mehreren Medienberichten zugesagt, dass sie ihre Arbeitsstelle behalten könnten.

Mit seinem Umzug innerhalb Berlins verlässt das Ministerium außerdem ein Bürogebäude, das zwar nicht so geschichtsträchtig ist, dessen Geschichte aber ebenso interessant ist. Die Friedrichstraße 108 wurde Mitte der Neunzigerjahre von einer prominenten Hamburger Architektengruppe geplant, die unter anderem auch Flughäfen und Fußballstadien entworfen hat. Auftraggeber war damals der Immobilieninvestor ABG. Die ABG wiederum verkaufte das Objekt später an ein Sub-Unternehmen des Bonner Immobilienkonzerns IVG. Seit 2006 ist Friedrich Merz, ehemaliger Fraktionsvorsitzender der CDU im Bundestag, Aufsichtsratsmitglied bei der IVG.

Nach langwierigen Umbauten im Gebäude zog das BMG ebenfalls im Jahr 2006 in die Friedrichstraße 108 als Mieter ein. Drei Jahre später verkaufte die IVG von Friedrich Merz das Gebäude jedoch wieder für rund 30 Millionen Euro. Besitzer ist nach Informationen von DAZ.online seitdem der Augsburger Immobilien-Investor Patrizia Immobilien. Allerdings hat es vor wenigen Monaten schon wieder einen Besitzerwechsel des BMG-Gebäudes gegeben: Dem Vernehmen nach hat die Hamburger Immobilien-Firma Momeni die Friedrichstraße 108 gekauft.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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