- DAZ.online
- News
- Spektrum
- Pfizer kämpft gegen ...
Vareniclin
Pfizer kämpft gegen Warnhinweis auf Raucherentwöhnungsmittel
Pfizer würde in den USA gerne den Warnhinweis auf seinem Raucherentwöhnungsmittel Vareniclin (Champix) streichen. Dieser weist auf mögliche neuropsychiatrische Nebenwirkungen hin. Eine große Studie, hochrangig publiziert, soll diesen Verdacht ausräumen. Doch ging da alles mit rechten Dingen zu? Die FDA hat da so ihre Zweifel.
Die Packungen des Raucherentwöhnungsmittels Vareniclin (Chantix in den USA; in Europa Champix) die für den Vertrieb in den Vereinigten Staaten bestimmt sind, tragen eine sogenannte Black-Box-Warnung. Das schwarze Dreieck ist die höchste Warnstufe, die die amerikanische Aufsichtsbehörde FDA vergeben kann. Es weist in der Regel auf gravierende unerwünschte Wirkungen hin. Im Falle von Vareniclin sind es neuropsychiatrische Nebenwirkungen, wie Agitiertheit oder Depressionen bis hin zu suizidalen Gedanken. Seit 2009 muss Hersteller Pfizer das Label auf sein Präparat drucken. Viel negative Presse und Prozesskosten in Höhen von mehreren 100 Millionen Dollar hat das Ganze der Firma schon eingebracht – bei rückläufigen Verkaufszahlen.
Große Vergleichsstudie im Lancet
Der Pharmariese versucht allerdings seit einiger Zeit, den Warnhinweis loszuwerden. 2014 legte Pfizer eine Metanalyse aus fünf Studien sowie vier Beobachtungsstudien vor, um zu zeigen, dass es keinen Zusammenhang zwischen suizidalen Gedanken und der Einnahme des Arzneimittels gibt. Doch die FDA entschied, dass das Label bleibt. Nun unternimmt die Firma einen weiteren Anlauf. Dabei stützt man sich auf eine Studie, die im April im renommierten Fachblatt Lancet veröffentlicht wurde. In der Untersuchung, die von Pfizer und seinem Wettbewerber GSK finanziert wurde, wurde Vareniclin mit GSKs Bupropion (Zyban) sowie mit Nikotinpflastern und Placebo hinsichtlich der neuropsychiatrischen Nebenwirkungen und der Wirksamkeit verglichen. Bei keinem der Raucherentwöhnungsmittel traten im Laufe der Untersuchung derartige unerwünschte Wirkungen vermehrt auf. Am wirksamsten war Vareniclin. Nikotinpflaster und Bupropion waren aber hilfreicher als Placebo, um das Rauchen aufzuhören.
EMA verzichtet auf den Warnhinweis
Die EMA ließ sich von diesen Daten offensichtlich überzeugen. Im Mai veranlasste sie die Streichung des Warnhinweises auf den in der EU vertriebenen Packungen. Am morgigen Mittwoch berät die FDA darüber, welche Konsequenzen sie aus den neuen Daten zieht. Doch bereits im Vorfeld des Meetings gab es Kritik seitens der Behörde. Das berichtet das Gesundheitsportal STAT. Es habe Inkonsistenzen bei der Dokumentation der Nebenwirkung gegeben, meinen die Reviewer der FDA. Die Studie sei mit der gut gemeinten Absicht designt worden, ein etwas undefiniertes, komplexes neuropsychiatrisches Phänomen zu erfassen, heißt es auf der Internetseite der Behörde. Viele Probleme bei der Umsetzung seien aber schon zum Zeitpunkt der Datenerfassung offensichtlich gewesen, kritisiert die FDA.
Des Weiteren moniert die Überwachungsbehörde die finanziellen Verstrickungen zwischen Pfizer und den Studienärzten. Es seien zum Teil Zuwendungen geflossen, die über die nicht-meldepflichtigen Summen hinausgingen, ist im Bericht zu lesen. Dazu kamen Honorare für Vorträge, auch im Zusammenhang mit anderen Präparaten der Firma Pfizer. Diese hätten ebenfalls teilweise bei der FDA angegeben werden müssen, da sie den Grenzwert von 25.000 US-Dollar überschritten. Der Mitsponsor der Studie, GSK, hat offensichtlich keine Zahlungen in diesem Zusammenhang geleistet, die jenseits der Grenzen für die Meldepflicht lagen.
Das Meeting der FDA ist Mittwoch für 17 Uhr Ortszeit angesetzt. Erst danach werden wir wissen, ob die FDA sich wie ihre europäisches Pendant, die EMA, von den Daten überzeugen lässt oder ob die Chantix-Packung auch weiterhin das schwarze Dreieck tragen muss.
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.