Aus Protest gegen die Preispolitik

Ärzte ohne Grenzen lehnen Impfstoffspende ab

Stuttgart - 19.10.2016, 12:00 Uhr

Bereits im April überbrachte die Organisation Doctors Without Borders  eine Petition, in der sie Pfizer aufforderten, die Preise für den Pneumokokken-Impfstoff zu senken.  (Foto: picture alliance / AP Photo

Bereits im April überbrachte die Organisation Doctors Without Borders  eine Petition, in der sie Pfizer aufforderten, die Preise für den Pneumokokken-Impfstoff zu senken.  (Foto: picture alliance / AP Photo


Weltweit sterben jedes Jahr mehr als eine Million Kinder unter fünf an einer Lungenentzündung. Bezahlbare Vakzine könnten viele Menschenleben retten. Ärzte ohne Grenzen fordern Hersteller jetzt auf, ihre Preispolitik generell zu überdenken. 

Die internationale Organisation Doctors Without Borders (Ärzte ohne Grenzen beziehungsweise Médecins Sans Frontières, MSF) hat eine Impfstoffspende von Pfizer abgelehnt. Der pharmazeutische Hersteller wollte ursprünglich eine Million Dosen kostenfrei an die NGO abgeben, um kleine Patienten gegen Pneumonien zu schützen. Infektionen mit Streptococcus pneumoniae zählen vor allem in Südostasien und in Subsahara-Afrika immer noch zur Todesursache Nummer eins bei Kindern. Umso überraschender wirkt die Entscheidung von MSF. 

Profit auf Kosten der Ärmsten

Zum Hintergrund: Wie Pfizer gegenüber The Atlantic erklärte, summierten sich alle Einnahmen aus dem Impfstoffgeschäft auf 6,2 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Der Konzern verkauft seine Vakzine PCV13 zum Schutz vor Pneumonien unter dem Handelsnamen Prevnar 13®. Er schützt nicht nur Endprodukte, sondern auch diverse Herstellungswege, über internationale Patente. Das macht es Konkurrenten schwer, selbst Impfstoffe auf den Markt zu bringen und für mehr Wettbewerb zu sorgen. Beispielsweise versuchte SK Chemicals aus Südkorea, ähnliche Vakzine herzustellen. Pfizer entschied einen Patentstreit zu seinen Gunsten – und etliche NGOs reagierten empört.  

Kein Exempel statuieren

Grund genug für MSF, nicht klein bei zu geben. Die Organisation hatte über Jahre hinweg versucht, Prevnar 13® auf normalem Wege zu erwerben, was aufgrund der Kosten in relevantem Umfang nicht möglich war. Jason Cone, Executive Director von MSF in den USA, erklärte gegenüber amerikanischen Medien, Spenden pharmazeutischer Hersteller seien „keine Lösung für Probleme dieser Größenordnung“. Derartige Geschenke gingen oft „auf Kosten anderer“. Unentgeltliche Impfstoffe könnten als Rechtfertigung für hohe Preise dienen, schreibt Cone weiter. Letztlich müssten ärmere Staaten, aber auch andere humanitäre Organisationen, die Zeche zahlen. 

Der Druck wächst

Wenige Monate zuvor hatten MSF zusammen mit der NGO ShareAction versucht, auf den Hauptversammlungen von Pfizer und GlaxoSmithKline Aktionäre zu informieren und letztlich Druck auszuüben. In einer Petition forderten 400.000 Unterzeichner beide Konzerne auf, Impfstoffe zum Einsatz bei Kindern für fünf US-Dollar pro Kind für alle drei erforderlichen Impfungen abzugeben. GSK kündigte an, Vakzine für Kinder in Krisengebieten und für Flüchtlinge verbilligt bereitzustellen. 


Michael van den Heuvel, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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