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Kommentar
Aldi und Tante Emma – der EuGH und die Apotheken
Als ein Gewinn für die Patienten wird von vielen das EuGH-Urteil zu den Rx-Boni bezeichnet. Vor allem Chroniker würden finanziell entlastet, heißt es. Die möglichen Folgen, wenn diese Patienten ihren Dauerbedarf hauptsächlich im Internet bestellen, scheinen allerdings viele nicht zu bedenken. Ein Kommentar von DAZ.online-Redakteurin Julia Borsch.
In vielen kleinen Orten gibt es keine Lebensmittelläden mehr. Irgendwo in der Nähe hat ein Discounter oder ein großer Supermarkt aufgemacht, bei dem der Einkauf meist etwas günstiger war als im Dorfladen. Beim Händler vor Ort wurde nur noch gekauft, wenn kurzfristig etwas fehlte. Lediglich wer den Supermarkt ein paar Orte weiter nicht erreichen konnte, ging weiterhin regelmäßig in den Laden. Von ein paar alten Leuten und dem, was beim Einkauf bei Aldi und Co. vergessen wurde, kann allerdings niemand leben. Die Dorfläden verschwanden nach und nach von der Bildfläche. Um die Bevölkerung vor Ort mit Lebensmitteln zu versorgen, wird heute stellenweise ein großer logistischer Aufwand betrieben, zum Beispiel mit mobilen Supermärkten in LKWs. Die kommen zu fixen Terminen mit begrenzter Auswahl. Ob man dort wohl immer zum besten Preis einkauft? Vermutlich eher nicht. Und wenn beim Frühstück dann mal die Butter fehlt, denkt sicher der eine oder andere mit Wehmut an den Lebensmittelladen im Ort zurück.
Viele Patienten (und Journalisten) in Deutschland freuen sich dieser Tage. So lässt sich doch mit einer Bestellung in einer holländischen Versandapotheke leicht der eine oder andere Euro einsparen. Vor allem Menschen, die regelmäßig Arzneimittel einnehmen, sollen so entlastet werden. Für den dringenden Bedarf – sei es eine akute Erkrankung oder weil vergessen wurde, rechtzeitig das Rezept beim Arzt anzufordern – gibt es ja die Apotheke um die Ecke. Ach ja, die Dame von nebenan holt ihre starken Schmerzmittel übrigens auch noch dort, ebenso wie das Kind mit Neurodermitis seine Spezialcreme. Betäubungsmittel und Rezepturen gibt es nämlich beim Versender nicht.
Fragt sich nur, wie lange sie das noch können. Denn von ein paar Antibiotikarezepten, BtMs, Rezepturen und Fiebersäften für Kinder kann keine Apotheke leben. Irgendwann werden viele Apotheken außerhalb der besten Geschäftslagen von der Bildfläche verschwunden sein.
Und spätestens in dem Moment, wenn sie mit einem kranken, quengelnden Kind auf dem Rücksitz viele, viele Kilometer zur nächsten Apotheke fahren, wegen eines akuten Infekts dringend ein Antibiotikum brauchen oder auch nur mit schlimmen Kopfschmerzen nach einer durchgefeierten Nacht feststellen, dass die Ibuprofen bei der letzten Bestellung vergessen wurden – spätestens dann denken vermutlich die meisten mit Wehmut an die Apotheke vor Ort zurück. Doch die ist dann – ebenso wie der Lebensmittelhändler – Geschichte. Als es darum ging, ein paar Euro zu sparen, haben daran aber scheinbar viele nicht gedacht.
10 Kommentare
Das EU-GH Urteil und die Reaktionen der Apotheker
von Karl Rutz am 29.10.2016 um 13:07 Uhr
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EuGH und die Apotheken
von Der Dauerkrankr am 27.10.2016 um 18:21 Uhr
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AW: EuGH und die Apotheken
von Bernd Jas am 28.10.2016 um 10:20 Uhr
Aldi und Tante Emma
von Kostas am 26.10.2016 um 21:16 Uhr
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Ich tu mich echt schwer
von Christiane Patzelt am 26.10.2016 um 19:49 Uhr
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AW: Ich tu mich echt schwer
von Julia Borsch/DAZ.online am 26.10.2016 um 20:08 Uhr
AW: Liebe Frau Borsch,
von Christiane Patzelt am 26.10.2016 um 21:02 Uhr
AW: Ich tu mich echt schwer
von gabriela aures am 26.10.2016 um 22:45 Uhr
AW: Mit der Anonymität tu ich mich auch echt schwer
von Bernd Jas am 27.10.2016 um 11:52 Uhr
Tante Emma und Onkel Moos
von Bernd Jas am 26.10.2016 um 18:54 Uhr
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