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Problematischer Alkoholkonsum galt als Phänomen, das eher Männer betrifft. Nun zeigt eine internationale Studie: Die Kluft zwischen den Geschlechtern gibt es kaum noch, junge Frauen trinken ähnlich wie gleichaltrige Männer. Experten beobachten dies mit Sorge.
Problematischer Alkoholkonsum sei eines der Hauptrisiken für die Gesundheit, schreibt das Team um Tim Slade von der australischen University of New South Wales in Randwick. Im Jahr 2010 seien schätzungsweise fünf Millionen Menschen an den Folgen von Alkoholkonsum gestorben. Früher habe dies weitaus mehr Männer betroffen als Frauen. Allerdings hätten sich Hinweise darauf gehäuft, dass die Kluft zwischen den Geschlechtern kleiner werde.
Um dies zu prüfen, sichteten die Forscher internationale Studien zum Alkoholkonsum von Männern und Frauen. Letztlich wählten sie 68 Arbeiten mit insgesamt über 4,4 Millionen Teilnehmern aus, die zwischen 1980 und 2014 veröffentlicht wurden. Mehr als 75 Prozent der Studien stammten aus Europa und Nordamerika, manche deckten Zeiträume über mehrere Jahrzehnte ab.
Die Analyse, die im Fachblatt BMJ open publiziert wurde, zeigt, dass bei jener Generation, die zwischen 1891 und 1910 geboren wurden, die Wahrscheinlichkeit, dass überhaupt Alkohol getrunken wurde, bei Männern gut doppelt so hoch (Faktor 2,2) war wie bei Frauen. Bei jenen Menschen, die zwischen 1991 und 2000 zur Welt kamen, war der Gebrauch solcher Getränke annähernd identisch: Der Konsum war bei Männern nur noch um den Faktor 1,1 weiter verbreitet als bei Frauen.
Seit dem Geburtsjahrgang 1966 nähern sich die Geschlechter an
Besonders näherten sich die Geschlechter seit dem Geburtsjahrgang 1966 an. Insgesamt, so kalkulieren die Forscher, sank beim Alkoholgebrauch die Diskrepanz zwischen den Geschlechtern im gesamten Untersuchungszeitraum alle fünf Jahre um 4,2 Prozent. Die genaue Analyse ergab jedoch, dass der Unterschied zwischen Männern und Frauen pro halber Dekade von 1891 bis 1966 um 1,2 Prozent sank, von 1966 bis 2000 dagegen um 10,1 Prozent.
Ähnliches gilt für problematischen Alkoholkonsum: Der war demnach bei Männern im frühen 20. Jahrhundert drei Mal häufiger als bei Frauen, am Ende des Jahrhunderts aber nur noch 1,3 Mal. Bei durch Alkohol bedingten Gesundheitsproblemen verringerte sich die Kluft zwischen Männern und Frauen vom Faktor 3,6 auf den Faktor 1,3.
„Alkoholmissbrauch galt historisch als Männerphänomen"
Die Studie untersuchte allerdings nur Alkoholgebrauch von Frauen im Verhältnis zu Männern, nicht aber die absolut konsumierte Menge. Somit ist unklar, ob die Angleichung auf einen steigenden Konsum bei Frauen, auf einen fallenden Konsum bei Männern oder auf beides zurückgeht. Allerdings deuten die meisten Studien nach Darstellung der Autoren darauf hin, dass Frauen heutzutage mehr Alkohol konsumieren als früher. Manche der ausgewerteten Untersuchungen kamen sogar zu dem Schluss, dass nach 1981 geborene Frauen mehr trinken als gleichaltrige Männer.
„Alkoholgebrauch und problematischer Alkoholgebrauch galten historisch als Phänomen bei Männern“, schreibt das Team. „Die aktuelle Studie stellt diese Vermutung infrage und legt nahe, dass konzertierte Bemühungen, den Einfluss von Substanzen und den mit ihnen verbundenen Gefahren zu verringern, insbesondere auf junge Frauen abzielen sollten“, schreibt das Team.
„Die Resultate der Forscher kann ich für Deutschland nur bestätigen“, sagt Gabriele Bartsch von der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen in Hamm. „Wir beobachten schon länger, dass sich der Alkoholkonsum von Männern und Frauen samt der damit verbundenen Probleme immer mehr annähert.“ Dies hänge vor allem mit der gesellschaftlichen Entwicklung zusammen - im Vergleich zu früher stünden Frauen eher im Erwerbsleben, hätten eher eigenes Geld und seien selbstbewusster. Auffällig sei, dass Alkoholkonsum in Deutschland bei Frauen mit höherem Einkommen besonders weit verbreitet sei.
Frauen sind nach wie vor seltener starke Trinkerinnen
Sebastian Müller vom Zentrum für Alkoholforschung (CAR) der Uniklinik Heidelberg findet das Resultat grundsätzlich plausibel. Allerdings gelte dies eher für moderaten Alkoholkonsum. Im Vergleich zu Männern seien Frauen in Deutschland noch immer häufiger Abstinenzlerinnen und auch deutlich seltener starke Trinkerinnen.
Der vor einem Jahr vom Robert Koch-Institut (RKI) veröffentlichte Bundesgesundheits-Survey kam zu dem Schluss, dass riskanter Alkoholkonsum in Deutschland bei Frauen mit rund 13 Prozent ähnlich weit verbreitet ist wie bei Männern mit knapp 16 Prozent.
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