Wegen schlechter Impfquoten

Kinderärzte fordern Masern-Impfpflicht

Berlin - 27.10.2016, 16:00 Uhr

 „Wir brauchen eine Impfpflicht“, sagte der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte Fischbach. (Foto: Astrid Gast / Fotolia) 

 „Wir brauchen eine Impfpflicht“, sagte der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte Fischbach. (Foto: Astrid Gast / Fotolia) 


In Deutschland sind 73.000  Kleinkinder nicht gegen Masern geschützt. Die Forderung nach einer Impfpflicht wird daher wieder laut. Zwischen einzelnen Regionen in Deutschland gibt es allerdings große Unterschiede. Im Bundesländervergleich liegt Schleswig-Holstein an der Spitze. Bayern belegt im Ranking den letzten Platz.

Kleinkinder in Deutschland sind aus Forschersicht noch immer unzureichend gegen Masern geimpft. Nur 63 Prozent der Kinder erhalten vor ihrem zweiten Geburtstag die nötige Doppel-Impfung, wie Wissenschaftler vom Versorgungsatlas am Donnerstag mitteilten. Mehr als 73 000 Kleinkinder der Geburtsjahrgänge 2009 bis 2012 sind demnach nicht gegen Masern geschützt. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) nennt diese Entwicklung „besorgniserregend" und fordert eine Impfpflicht. „Ob Kinder die lebenswichtige Masernimpfung bekommen, hängt von ihrem Wohnort und der Einsicht der Eltern ab“, sagte Verbandspräsident Thomas Fischbach.

Die Spitzenreiter wohnen in Niedersachsen. In Peine und Wolfsburg sind 78 Prozent der Kleinkinder vollständig geimpft. Im Süden der Republik sind hingegen die Schlusslichter zu finden: In den Landkreisen Garmisch-Partenkirchen, Bad Tölz und Rosenheim in Bayern haben nur 36 bis 42 Prozent der Kinder die nötigen beiden Impfungen bekommen.

Unterschiede gibt es auch zwischen Ost- und Westdeutschland: Die Quote für die erste Masernimpfung lag in allen Geburtsjahrgängen in Ostdeutschland etwa ein bis zwei Prozent über der Quote in Westdeutschland. Bei der zweiten Masernimpfung ist es umgekehrt. Hier sind die Kinder im Westen häufiger geimpft als im Osten.

Der Impfschutz ist „löchrig"

Die Forscher sprechen von einem „löchrigen Impfschutz“. „Diese Impflücken bei Kleinkindern können in Kindertagesstätten und -horten fatale Folgen ‎haben, wenn die Infektion eingeschleppt wird", sagt der Leiter des ‎Versorgungsatlas, Jörg Bätzing-Feigenbaum.‎ In Berlin starb im vergangenen Jahr ein vorerkranktes Kleinkind infolge der Masern. Bundesweit erkrankten 2015 nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) knapp 2500 Menschen daran.

In der Politik werde die Tatsache ausgeblendet, dass Eltern zum Teil durch sachliche Argumente nicht zu erreichen oder nachlässig bei Impfterminen seien. Gut gemeinte Kampagnen reichten nicht aus. „73 000 ungeschützte Kinder sind der Beweis. Und sie sind eine Mahnung: Wir brauchen eine Impfpflicht“, sagte Fischbach. Eine solche Forderung wurde in den vergangenen Jahren auch in der Politik geäußert, konnte sich aber nicht durchsetzen.

Experten beschreiben Masern als ernstzunehmende Krankheit, da sie das Immunsystem schwächt und auch schwere Komplikationen wie Gehirnentzündungen mit sich bringen kann. Schwere Verläufe werden vor allem bei Säuglingen und Erwachsenen beobachtet. In seltenen Fällen kann die Krankheit sogar zum Tod führen.

Der Versorgungsatlas ist ein Studienportal des Zentralinstituts für die Kassenärztliche Versorgung. Für ihre Untersuchung haben die Forscher den Impfstatus von 2,2 Millionen gesetzlich versicherten Kindern analysiert.


dpa / DAZ.online
redaktion@daz.online


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4 Kommentare

Wenn man einmal die Nebenwirkungen

von Marek Duda am 28.10.2016 um 9:22 Uhr

am eigenem Kind erlebt hat, dann kann man nur den Kopf schütteln wenn man sowas liest!

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Pflicht

von christian am 28.10.2016 um 6:28 Uhr

Sollte jeder für sich selbst entscheiden!
Die geimpften sind doch "geschützt"! Wer für Pflicht ist, dem ist das Verständnis für Freiheit und Demokratie abhanden gekommen.

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AW: Pflicht

von Luk am 28.10.2016 um 14:16 Uhr

Kennen Sie den Begriff "Herdenimmunität"? Nicht geimpfte Kinder sind nicht nur selbst einem erhöhten Risiko ausgesetzt, sondern gefährden auch andere (z.B. Säuglinge, die zu jung für eine Impfung sind, oder Kinder mit einer Unverträglichkeit gegen einen Impfstoff).
Nicht impfen ist unverantwortlich anderen gegenüber.

Richtig

von dr.c.m.klotz am 27.10.2016 um 16:09 Uhr

Der Ansicht der Kinderärzte kann man nur zustimmen.
Aktuell ist ja wieder Grippeschutzimpfungszeit. Schade, dass es noch keine Impfe gibt, um den EuGH - Virus zu überstehen.

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