Schwarzmarkt für Dopingsubstanzen

Einblick in dunkle Kanäle

Bonn - 28.10.2016, 17:30 Uhr

Doping-Mittel gibt es in allen Varianten auf dem Schwarzmarkt.  (Foto: SENTELLO / Fotolia)

Doping-Mittel gibt es in allen Varianten auf dem Schwarzmarkt.  (Foto: SENTELLO / Fotolia)


Einen interessanten Einblick in den aktuellen Schwarzmarkt für Dopingsubstanzen bekam die Fachpresse beim diesjährigen Journalisten-Workshop der Nationalen Anti Doping Agentur Deutschland (NADA) in Bonn. Fazit: Es sind die „üblichen Verdächtigen.“

Bei ihrem traditionellen Journalisten-Workshop setzt die NADA die Pressevertreter alljährlich darüber ins Bild, was gerade so läuft in der Doping-Bekämpfung. Dieses Mal beleuchtete Detlef Thieme, Institutsdirektor des WADA akkreditierten Dopingkontrolllabors in Kreischa, die aktuellen Entwicklungen auf dem Schwarzmarkt für Dopingsubstanzen. Während dopende Leistungssportler sich nach seinem Kenntnisstand überwiegend nicht auf windige Quellen aus dem Internet einließen, hätten Kraftsportler, die mit unerlaubten Mitteln ihrem Muskelzuwachs oder auch der Optik nachhelfen wollen,  hinsichtlich dunkler Quellen wie Untergrund-Labs keine Skrupel. „Hauptsache billig“, laute die Devise beim Kauf über das Internet. 

Früher Wohlfühldroge für den älteren Mann 

In der Gesamtstatistik der Beschlagnahmungen verbotener Substanzen dominierten nach wie vor die „Klassiker“, allen voran anabole Steroide wie Boldenon, Metandienon, Nandrolon, Trenbolon und Testosteron-Abkömmlinge. Thieme erinnerte an dieser Stelle daran, dass Anabolika in der „regulären Arzneimitteltherapie“ früher einen ganz anderen Stellenwert gehabt hätten. Verordnungen sogar für Kinder oder auch als „Wohlfühldroge für den älteren Mann“ seien nichts Ungewöhnliches gewesen,  heute aber wohl undenkbar. Auch die bewusste Verordnung von Anabolika zu Dopingzwecken inklusive der Abgabe über die Apotheke sei heute so gut wie unmöglich geworden. Thieme erwähnte zwei Fälle, in denen Ärzte hierdurch ihre Approbation verloren hätten.  

Grottenschlechte Qualität 

Auf dem Schwarzmarkt sind laut Thieme heute nahezu alle klassischen anabolen Steroide uneingeschränkt verfügbar, daneben gefälschte Abwandlungen der Substanzen und obskure Steroid-Mischungen. Die illegalen Präparate enthielten jedoch vielfach nicht das, was draufsteht. Der erfahrene Doping-Analytiker aus Kreischa zeigte hierzu eine eindrucksvolle Statistik von Produkten mit Anabolika, die im Zeitrahmen von 2011 bis 2015 untersucht wurden. Hiernach enthielten zirka 320 analysierte Präparate nicht die anabole Substanz Trenbolonenantat, die auf der Packung deklariert war. Rund ein Viertel der etwa 250 untersuchten Produkte beinhaltete nicht den angegebenen Wirkstoff Nandrolondecanoat. In einem Fünftel aller angeblichen Trenbolonacetat-Präparate war die Substanz ebenfalls nicht enthalten. Auch quantitativ gab es starke Abweichungen vom deklarierten Gehalt, und zwar sowohl nach oben als auch nach unten. 

„Research-Chemicals“ fallen durch das Raster 

Wachstumshormone sollen auf dem Schwarzmarkt ebenfalls, und zwar teilweise in guter Qualität, verfügbar sein. Als besonders unübersichtlich beschrieb Thieme den illegalen Markt der Peptidhormone, wo es einiges an „Neuentwicklungen“ gebe. Hier herrsche jedoch wegen der ähnlich lautenden Substanzbezeichnungen eine gewisse Verwirrung. Zum Teil trügen die Behältnisse mit den Substanzen noch nicht einmal ein Etikett. Die Sportler könnten deswegen herbe „reinfallen“, wenn sie meinen, etwas ganz anderes genommen zu haben. Ein besonderes Problem in der Verfolgung sind zudem die sogenannten „Research-Chemicals“, die als Arzneimittel eingestuft werden könnten, aber als solche keine Zulassung haben.  Hinweise auf Gendoping-Substanzen hat Thieme bisher nicht gewonnen. Diese zu erfassen, sei allerdings nicht einfach, denn sie fallen derzeit noch durch das vorgegebene Analysenraster. „Sportlern, die das Geld haben, an bestimmte Substanzen zu kommen oder diese vielleicht sogar für sich herstellen zu lassen, wird immer schwer beizukommen sein“, resümierte der Doping-Analytiker. 

Anti-Doping-Gesetz schlägt gut an 

Lars Mortsiefer, NADA-Vorstandsmitglied und Chefjustiziar, zog bei dem Journalisten-Workshop eine frühe Bilanz zum neuen Anti-Doping-Gesetz. „Die ersten Monate zeigen bereits, dass das Gesetz einen wichtigen Beitrag zur gemeinsamen Anti-Doping-Arbeit von Staat und Sport liefert.“ sagte Mortsiefer. „Der Austausch mit den staatlichen Ermittlungsstellen läuft sehr gut an.“ 

So darf es nicht weitergehen 

Die Vorstandsvorsitzende der NADA Andrea Gotzmann gab sich vor den Journalisten „erschüttert, zugleich aber auch maßlos verärgert“ über das, was man in den letzten anderthalb Jahren erfahren habe: über systematisches Doping im russischen Sport, über Betrug und Korruption, auch in internationalen Sportfachverbänden. „Eines steht fest,“ bekräftige Gotzmann. „So wie bisher kann und darf es nicht weitergehen. Ihre Kernforderungen sind ein weltweit  einheitliches Kontrollsystem mit vergleichbaren Standards und Probenumfängen und eine weltweit effektive und nachhaltige Anti-Doping-Arbeit, die vollständig von den Interessen der internationalen Sportfachverbände losgelöst ist.


Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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