SPD-MInisterium zum EuGH-Urteil

BMWi überlegt, Teile des Fixhonorars freizugeben

Berlin - 03.11.2016, 16:25 Uhr

Rainer Sontowski: Das EuGH-Urteil hat das Potenzial, das System der Arzneimittelversorgung infrage zu stellen. (Foto: BMWi)

Rainer Sontowski: Das EuGH-Urteil hat das Potenzial, das System der Arzneimittelversorgung infrage zu stellen. (Foto: BMWi)


Auch das SPD-geführte Bundeswirtschaftsministerium erkennt die Bedeutung des EuGH-Urteils zur Arzneimittelpreisbindung. Staatssekretär Rainer Sontowski warnte am heutigen Donnerstag jedoch vor vorschnellen Entscheidungen – man müsse nun Alternativen entwickeln und prüfen. Ein Rx-Versandverbot erwähnte er dabei nicht.

„Die deutsche Gesundheitswirtschaft schafft Wohlstand“ – unter diesem Motto stand die 5. Gesundheitswirtschaftskonferenz, die am heutigen Donnerstag im Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) stattfand. Der beamtete Staatssekretär im BMWi, Dr. Rainer Sontowski (SPD), erklärte in seiner Keynote: „Die enorme Bedeutung einer guten Gesundheitsversorgung spiegelt sich auch in der durch das jüngste Urteil des Europäischen Gerichtshofs entfachten Debatte zum Apothekenversandhandel wider“.

Als Gesetzgeber habe man die Aufgabe, die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit rezeptpflichtigen Medikamenten sicherzustellen. Und nun ist Tatkraft gefragt: Denn das Urteil des EuGH habe „Potenzial, unser derzeitiges System infrage zu stellen“, sagt Sontowski.Und weiter: „Jetzt geht es darum, eine kluge Antwort auf das Urteil zu finden, die den Anforderungen der Zeit entspricht und keine vorschnellen Entscheidungen zu treffen“.  

Von einem Rx-Versandverbot, das Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) favorisiert, spricht der Staatssekretär im Haus Sigmar Gabriels allerdings nicht. Er meint: „Wir sollten nun die Gelegenheit nutzen, um Alternativen zu entwickeln und zu prüfen. Zum Beispiel, ob zur Erhaltung der flächendeckenden Versorgung ein Nachteilsausgleich gewährt werden kann, oder ob nicht ein Teil des Festzuschlages für den Wettbewerb zwischen den Versorgern – gleich ob Apotheke oder Versandhandel – freigegeben werden kann“.

Ziel müsse es letztlich sein, die Arzneimittelversorgung auf Basis der Luxemburger Entscheidung sozial und zukunftsgerecht neu auszurichten.


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10 Kommentare

Notfallversorgung

von Frank Zacharias am 04.11.2016 um 10:26 Uhr

Auch die Bundesregierung und die Abgeordneten haben Pflichten!

Ich möchte hier einmal eine Bundesdrucksache erwähnen, die in der Diskussion mit den Politikern und den Kunden genutzt werden sollte. Besonders interessant für uns wird es auf Seite157f

https://www.tab-beim-bundestag.de/de/pdf/publikationen/berichte/TAB-Arbeitsbericht-ab141.pdf

Die Versorgung in einem Katastrophenfall können nur flächendeckend die heute noch vorhandenen Apotheken. Sollte der Versand diese Strukturen zerstören, dann kann der Staat seine Daseinsvorsorge für die Bevölkerung NICHT sicherstellen. Die Gefahr eines flächendeckenden, länger anhaltenden Stromausfalls wird nicht weniger sondern mehr.

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Wie kann man sich bei der Politik Gehör verchaffen?

von Dr. Jürgen Leikert am 04.11.2016 um 10:08 Uhr

Wenn die Politik die guten und sachlichen Argumente der Apotheker und Patienten nicht verstehen (will) ...und sich nur an angeblichen "Stimmungen" orientiert, dem digitalen Globalisierungswahn als Hype ansieht und unserem lieben EU-Vormund sich unterwürfig beugt, dann müssen wir Apotheker eben uns im Wahljahr auf andere Art Gehör bei der Politik verschaffen. Nicht mehr mit sachlichen Argumenten, sondern mit gleichen Waffen, also mit Stimmungsmache gegen die verantwortlichen Politiker und gegen die EU-Bevormundung (=AFD). Wie das geht? Ganz einfach...einfach von Freitag nachmittag bis Montag morgen die Arzneimittelversorgung in Deutschland zusammenbrechen lassen...alle 100 km eine Notdienst-Apotheke...und an den 100 m langen Schlangen vor dem Notdienstfenstern den armen und verärgerten Patienten Stimmungsbriefe an die jeweiligen Wahlkreisabgeordneten in die Hand drücken. Pro Wochenende wären mindestens 2 Millionen verärgerte Patienten direkt betroffen, mit Familienangehörigen dann also 7-8 Millionen.
Aber erst sollte man dem Gesundheitsminister noch drei Wochen Zeit geben, dass er angemessen und richtig auf das EuGH-Urteil reagieren kann. Zumindest verbal hat er ja verantwortungsbewusst reagiert.

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Nur zur Erinnerung

von Christiane Patzelt am 04.11.2016 um 9:00 Uhr

Die Bundesregierung muss dafür sorgen, dass die Versorgung mit Arzneimitteln für jeden Bürger möglich ist.
Wir haben den ordnungsgemäßen Auftrag, die Bevölkerung mit Arzneien zu versorgen -- deshalb der Kontrahierungszwang, deshalb die Bevorratung für 1 Woche.
Sollte uns das finanziell nicht möglich sein, unserem Versorgungsauftrag nachzukommen, dann sollten wir klagen! Klagen auf die Behinderung der Ausübung der Gemeinwohlpflicht!

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Rabatt geben ?

von Michael Hofheinz am 03.11.2016 um 22:02 Uhr

1. Auch für alle Bonus- und Rabattüberlegungen gilt die kaufmännischen Regel: „Tausche Preis gegen Menge“: also wenn wir billiger verkaufen sollen, müssen wir auch mehr verkaufen dürfen. Aber sollen/wollen wir Apotheker das?
2. Im Durchschnitt gibt eine Apotheke 30 000 Rx-Packungen pro Jahr ab. Gibt diese Apotheke pro Rx-Packung 1 Euro Bonus, verliert der Inhaber/Unternehmer 30 000 Euro an Gewinn pro Jahr - bei 2 Euro verliert er 60 000 Euro Gewinn, von dem er letztendlich lebt.

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Erinnert mich ....

von gabriela aures am 03.11.2016 um 19:32 Uhr

...an den Vorschlag, den Jens Spahn zur Honoraranpassung am DAT vorgelegt hat:

Wir könnten aus der Honorierung des Großhandels was rausnehmen und den Apotheken geben.
Das war wenigstens noch geschickt verpackt...das ist ja nur noch frech !

Sollen wir für diese neue Freiheit beim wirtschaftlichen Selbstmord jetzt noch dankbar sein ?
"Die EU-Apotheken setzen Euch vielleicht das Messer an die Kehle, aber wir bringen Euch einen Karabiner ?!" ( Sorry..der mußte sein....)

Wie ein Kollege im anderen Forum festgestellt hat:
Vorsicht, Falle !
Gäben wir wirklich Rabatt aus unserem Honorar ( wer ist denn auf das schmale Brett gekommen ? ), dann wäre das der definitive Beweis für die Politik, daß es den Apotheken ja immer noch zu gut geht und keinerlei Erhöhungen vonnöten sind.

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Teile des Fixhonorars freigeben???

von Barbara Buschow am 03.11.2016 um 18:57 Uhr

Hä? Das ist jetzt die Lösung? Wer will kann 2-3 € Rabatt geben, ganz egal, ob Versandapotheke-Ausland, Versand-Apotheke-Inland oder vor Ort-Apotheke? Das ist dann gleiches Recht für alle?
Wo steht denn bitte der Teil mit " ...und die vor-Ort-Apotheken erhalten ein höheres Fixhonorar" um die Wettbewerbsnachteile wg. höherer Kostenstruktur, Gemeinwohlpflichten und Einkaufsrabattbeschränkung auszugleichen?
Reden wir hier eigentlich noch von Waren der besonderen Art, oder haben wir schon den Punkt der Diskussion erreicht, wo Arzneimittel, Hundefutter und Waschpulver eh alles gleichzusetzen ist?
Oh Herr schmeiß Hirn vom Himmel!

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Umsonst

von Karl Friedrich Müller am 03.11.2016 um 17:36 Uhr

zum Ausgleich könnten wir auch Gebühren für jeden Handgriff verlangen, wie Behörden oder neuerdings auch Banken.
Kassenzettel: 5€
Jahresausdruck: 70€
Rezeptkopie: 15 €
Beratung mit Taxameter, pro Minute 10 €
es gäbe viele Möglichkeiten..

will nur mal anklingen lassen, was wir alles UMSONST machen

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unsinnig

von Karl Friedrich Müller am 03.11.2016 um 17:22 Uhr

das ist kompletter Schwachsinn. Wir sollen also Rabatte geben. Und wovon bezahlen wir die anfallenden Kosten?
Weniger Gewinn heißt weniger Leistung, vor allem unbezahlte.
Oder es steigt im Gegenzug der nicht freie Aufschlag, will heißen, die Kassen bezahlen den freigegebenen Teil oder der Staat, aber nicht die Apotheken. Der Gewinn der Apotheken darf auf jeden Fall nicht sinken.

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Nachteilsausgleich

von Frank Zacharias am 03.11.2016 um 17:11 Uhr

Statt der EU mal die Grenzen aufzuzeigen, knicken die in Berlin sofort ein. Kein Wunder, wenn alle Welt meint, mit Deutschland können sie alles machen, die mucken nicht auf.

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AW: Nachteilsausgleich

von Peter Lahr am 04.11.2016 um 9:07 Uhr

Am deutschen Wesen mag die Welt genesen ;)

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