- DAZ.online
- News
- Wirtschaft
- Jobkiller Bü...
In den letzten Tagen sorgte eine Studie ausgerechnet der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung für Aufsehen: Die von SPD, Grünen und Linke favorisierte Bürgerversicherung würde bis zu 51.000 Jobs in der privaten Versicherungswirtschaft kosten, hatte sie festgestellt. Doch diese Zahlen sind mit Vorsicht zu genießen.
51.000 Jobs würden wegfallen, wenn es keine private Krankenversicherung mehr gäbe und alle Einwohner Deutschlands in einer gemeinsamen Bürgerversicherung krankenversichert wären. Das meldeten in den letzten Tagen landauf, landab verschiedene Medien mit Verweis auf eine Untersuchung der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Dazu zitierten sie einen CDU-Hinterbänkler mit der Forderung an SPD-Chef Sigmar Gabriel, die Debatte um eine Bürgerversicherung in seiner Partei zu stoppen. Inzwischen hat sich der SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach zu Wort gemeldet und diesen Zahlen widersprochen. Beim von der SPD vorgeschlagenen Modell müssten gar keine Stellen abgebaut werden, da auch private Versicherungsunternehmen die Bürgerversicherung anbieten könnten.
Dazu komme, dass im Gesundheitswesen jeder Arbeitsplatz benötigt werde. „Wenn es gelingen würde, in der Verwaltung ein paar tausend Stellen abzubauen, könnten 10.000 bis 20.000 Pflegerinnen und Pfleger zusätzlich eingestellt werden", sagte Lauterbach der Deutschen Presseagentur.
68.000 Mitarbeiter für neun Millionen Versicherte
Überhaupt verwundern die hohen Zahlen der angeblich betroffenen Jobs. Je nach untersuchtem Ausstiegsszenario sieht die Studie „Transformationsmodelle einer Bürgerversicherung“ zwischen 22.000 und 51.000 Arbeitsplätze bedroht. Im Jahr 2014 haben sich – ebenfalls laut der Studie – insgesamt 68.000 Menschen in der Privaten Krankenversicherung (PKV) um rund neun Millionen Versicherte gekümmert. Zum Vergleich: Die Techniker Krankenkassen, die ungefähr 10 Millionen Kunden hat, betreut diese nach eigenen Angaben mit nicht ganz 14.000 Mitarbeitern. Der Grund dafür: Während sich bei gesetzlichen Krankenkassen ein Mitarbeiter im Schnitt um 520 Versicherte kümmere, seien es in der PKV nur 208, was sich beispielsweise aus unterschiedlichen Erstattungssystemen und Vertragsbedingungen ergebe.
Der interessanteste Unterschied dürfte aber sein, dass laut der Studie 40.000 der 68.000 in der PKV Beschäftigten (inkl. selbständiger Versicherungsvertreter) im Vertrieb tätig sind. Diese wären von einem Systemwechsel zu einer Bürgerversicherung am heftigsten betroffen, vor allem in den Szenarien, in denen es keine PKV-Neukunden mehr geben würde. Die mit der Schadensregulierung betreuten Angestellten sind in allen untersuchten Szenarien deutlich weniger und auch nicht so plötzlich von einem Systemwechsel betroffen.
Was in der Berichterstattung bisher überhaupt nicht thematisiert wurde, ist der Effekt einer Bürgerversicherung auf die Höhe des Beitragssatzes. Allgemein wird davon ausgegangen, dass dieser durch eine Bürgerversicherung sinken würde – und damit durch sinkende Arbeitskosten einen positiven Einfluss auf die Beschäftigtenzahlen außerhalb der PKV ausüben könnte.
1 Kommentar
Arbeitsplatzverluste
von Heiko Barz am 18.11.2016 um 20:19 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.