Bundesratsbeschluss

SPD-Abgeordnete enttäuscht über Rx-Versandverbot

Berlin - 28.11.2016, 12:15 Uhr

Versandapotheken benötigt: Aus Sicht der SPD-Politiker Steffen-Claudio Lemme und Carsten Schneider wäre es ein Fehler, den Rx-Versand gänzlich zu verbieten. Die Fraktion der Linken allerdings begrüßt den Beschluss des Bundesrates. (Foto: dpa)

Versandapotheken benötigt: Aus Sicht der SPD-Politiker Steffen-Claudio Lemme und Carsten Schneider wäre es ein Fehler, den Rx-Versand gänzlich zu verbieten. Die Fraktion der Linken allerdings begrüßt den Beschluss des Bundesrates. (Foto: dpa)


Die Empfehlung des Bundesrates, den Rx-Versandhandel zu verbieten, stößt im Bundestag nicht nur auf Gegenliebe. Zwei Thüringer SPD-Abgeordnete äußern sich enttäuscht über den Beschluss der Länder und greifen dabei mehrere Argumente ihres Parteikollegen Karl Lauterbach auf. Die Fraktion der Linken reagiert positiv.

In der vergangenen Woche hatten die Bundesländer im Bundesrat einen Antrag aus Bayern mehrheitlich beschlossen, der das Rx-Versandverbot vorsieht. Die Länder wollen das Rx-Versandverbot an das Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetz (AM-VSG) anhängen, das derzeit noch im Bundestag liegt. Da das AM-VSG nicht zustimmungspflichtig ist, muss der Bundestag den Empfehlungen des Bundesrates nicht folgen. Zwei SPD-Abgeordnete reagierten allerdings schon kurz nach dem Bundesratsbeschluss und äußerten ihre Kritik.

Steffen-Claudio Lemme und Carsten Schneider aus Thüringen veröffentlichten eine gemeinsame Pressemitteilung. Dort zeigten sich die beiden Sozialdemokraten auch darüber enttäuscht, dass Thüringen für das Verbot stimmte. „Wir sind enttäuscht über das Abstimmungsverhalten Thüringens zum Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln! Thüringen hat sich für ein solches Verbot ausgesprochen. Das ist keine Entscheidung im Sinne der Patientinnen und Patienten. Der Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln (Rx-Arzneimittel) ist aus unserer Ansicht für chronisch Kranke mit geringem Einkommen eine Möglichkeit, mit den dort gewährten Rabatten Geld zu sparen. Und vor allem in strukturschwachen, ländlichen Regionen ist der Versandhandel darüber hinaus eine Möglichkeit, gerade für in ihrer Mobilität eingeschränkte Patientinnen und Patienten benötigte Medikamente nach Hause geliefert zu bekommen. Da der Arzneiversandhandel durch ein europaweit gültiges Zertifikat gesichert ist, werden auch höchste Qualitätsstandards eingehalten.“

SPD-Politiker wollen kein Horrorszenario

Carsten Schneider ist wie Karl Lauterbach stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD-Fraktion im Bundestag. Der gebürtige Erfurter sitzt schon seit 1998 im Bundestag und war bis 2013 haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. Sein Kollege Steffen-Claudio Lemme ist seit 2009 Mitglied des Bundestages. Lemme ist Mitglied des Gesundheitsausschusses und somit bereits mehrfach mit dem EuGH-Urteil zur Preisbindung konfrontiert worden.

Beide Politiker wiesen darauf hin, dass die Warnungen der Apotheker nach dem EuGH-Urteil einem „Horrorszenario“ entsprechen, in dem Vor-Ort-Apotheken wegen der Internetapotheken von Schließungen bedroht seien. Aus ihrer Sicht ist dies aber nicht der Fall: „Tatsache jedoch ist, dass die rund 20.000 Apotheken in Deutschland im Jahr 2015 einen Gesamtumsatz an rezeptpflichtigen Arzneimitteln von rund 40 Milliarden Euro erwirtschafteten. Der Anteil des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Medikamenten daran betrug weniger als 0,5 Prozent. Die wirtschaftliche Lage der allermeisten Apotheken ist gut. Der durchschnittliche Umsatz ist in den vergangenen Jahren um je 100.000 Euro gestiegen und betrug zuletzt 2,4 Mio. Euro pro Apotheke und Jahr.“

Kommen die Zahlen und Fakten von Lauterbach?

Ihre Zahlen und Fakten könnten die beiden SPD-Politiker vom Fraktionskollegen Lauterbach haben. Der hatte alle SPD-Abgeordneten nämlich persönlich angeschrieben und empfohlen, sich gegen das Rx-Versandverbot stark zu machen. Lauterbach hatte seinen Argumenten eine Auswahl an Zahlen über den Apothekenmarkt beigefügt. Jedenfalls kommen Lemme und Schneider zu dem Schluss: „Für uns stehen die Interessen und die gute Versorgung der Patientinnen und Patienten im Vordergrund, statt reflexartig den Forderungen der Apotheker nach einem Versandhandelsverbot von verschreibungspflichtigen Medikamenten nachzukommen.“ So wie Lauterbach schon vorgeschlagen hatte, wollen auch Lemme und Schneider erreichen, dass die Apotheken nun für Beratungsdienstleistungen sowie Nacht- und Notdienste besser honoriert werden. Und: „Außerdem müssen wir gewährleisten, dass auch inländische Apotheken ohne Wettbewerbsnachteile am Versandhandel teilnehmen können.“

Linksfraktion begrüßt Rx-Versandverbot

Eine ganz andere Meinung war aus der Linksfraktion zu vernehmen. Unter der Überschrift „Medikamente gehören in die Apotheke“ veröffentlichte Kathrin Vogler ebenfalls am vergangenen Freitag eine Pressemitteilung, in der sich die Gesundheitspolitikerin der Linken über den Bundesratsbeschluss freut. Dort heißt es: „Mit dem Beschluss ist ein wichtiger Schritt zur Sicherstellung der wohnortnahen und qualitätsgesicherten Apothekenversorgung getan. Nun liegt es an der Bundesregierung, die Initiative aufzugreifen und zügig einen Gesetzentwurf in den Bundestag einzubringen.“

Vogler weiter: „Medikamente gehören in die Apotheke, nicht in den Pakettransporter. Die Linke spricht sich schon lange für ein Versandverbot für rezeptpflichtige Arzneimittel aus. Nur so kann sichergestellt werden, dass auch kleine Apotheken im ländlichen Raum eine Zukunft haben. Eine Versorgung rund um die Uhr, umfassende Beratung und Kooperation mit Ärzten vor Ort – das kann nur eine inhabergeführte Apotheke garantieren, kein internationaler Versandhandel. Nicht ohne Grund ist der Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten nur in sieben EU-Ländern erlaubt.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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3 Kommentare

Rx Versandverbot

von Laura Steger am 05.12.2016 um 11:42 Uhr

Wir haben kein Problem unsere Patienten zu beraten und auch preiswerte Arzneimittel, oft mit weniger Zuzahlung oder bei Privat-/Grüne Rezepte auch das günstigste Präparat mit dem Wirkstoff zu finden. Warum Twinrix z. B. für 80,00€ abgeben, wenn es auch ein Reimport für 73,61€ gibt. Warum unbedingt einem Mann im mittleren Alter Viagra von Pfizer abgeben, obwohl es das Generikum von Pfizer deutlich billiger ist (Viagra Pfizer 179,85€, Sildenafil Pfizer für 54,98€, Sildenafil Basics 23,25€ jeweils für 12 Stück, 100mg).
Wir brauchen uns doch nicht zu wundern, dass unsere Kunden, die Patienten ihrer Krankheit oder Funktionsstörung sind, ins Ausland gehen! Wir sind die, die etwas tun müssen, anstatt zu jammern! Noch immer halten die meisten Apotheker ihre Kunden für dumm, dass sie die Preise für Arzneimittel nicht erfahren können. Es sind unsere Kunden und der ist König. Es reicht, dass er Patient (erdulden/erleiden) seiner Krankheit ist. Schlimm ist es, wenn er noch überteuerte Preise durch mangelnde Beratung duch die Apotheker erleiden muss und somit zum Patienten der Apotheker wird.

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SPD Abgeordnete

von Frank ebert am 28.11.2016 um 13:28 Uhr

Wieder zwei Nachplapperer. Man sollte diesen Menschen mal erklären was der Unterschied zwischen Umsatz und Gewinn ist.

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Stille Post

von Anita Peter am 28.11.2016 um 13:27 Uhr

Na da haben die beiden ja schön die verfälschten Zahlen von Herrn Lauterbach weiterverbreitet. So geht also seriöse Politik. Aber keine Bange, es findet sich auch ein anderer Sponsor für die Spargelfahrt.

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