Cochrane Review

Behandlung per Smartphone

Stuttgart - 27.12.2016, 15:00 Uhr

Ergebnis der Review: ATCS (ATCS Plus, IVR, unidirektional) erhöhen wahrscheinlich die Akzeptanz von Impfungen bei Kindern. (Foto: picture factory / Fotolia)

Ergebnis der Review: ATCS (ATCS Plus, IVR, unidirektional) erhöhen wahrscheinlich die Akzeptanz von Impfungen bei Kindern. (Foto: picture factory / Fotolia)


Automatisierte Telefonkommunikationssysteme können das Gesundheitsverhalten von Patienten ändern, die Akzeptanz von Impfungen und Screenings erhöhen und sogar klinische Ergebnisse verbessern. Dies sind wichtige Erkenntnisse aus einem aktuellen Cochrane-Review.

Automatisierte Telefonkommunikationssysteme (ATCS) senden Sprachnachrichten und sammeln Gesundheitsinformationen von Menschen, und zwar ganz einfach über die Telefontastatur oder mit Hilfe von Spracherkennungssoftware. Sie könnten damit nützliche Instrumente sein, um den telefonischen Kontakt zwischen Angehörigen der Gesundheitsberufe und Patienten zu ergänzen oder zu ersetzen.

Es gibt verschiedene Arten von ATCS: Einweg-Sprachnachrichten für Patienten (unidirektional), IVR-Systeme (Interactive Voice Response), solche mit zusätzlichen Funktionen wie etwa den Zugriff auf einen Experten (ATCS Plus) oder solche, bei denen ATCS Teil eines komplexen Eingriffs sind (multimodal).  

132 Studien mit 4,6 Millionen Teilnehmern

Ein Cochrane-Review hat die bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu solchen Systemen aufgearbeitet, die zwischen 1980 und Juni 2015 veröffentlicht wurden. In die Bewertung einbezogen wurden randomisierte, cluster- und quasi-randomisierte Studien, unterbrochene Zeitreihen und kontrollierte Vorher-Nachher-Untersuchungen, die ATCS-Interventionen, mit jedweder Kontrolle oder als Vergleich mit einem anderen ATCS-Typ untersuchten.

132 Studien mit 4,6 Millionen Teilnehmern erfüllten diese Kriterien. 41 Studien bewerteten ATCS im Rahmen präventiver Maßnahmen, 84 für das Management langfristiger Erkrankungen und sieben Studien hatte die Termin-Erinnerung als Schwerpunkt.

Akzeptanz von Screenings erhöht

Hier einige Kernergebnisse der komplexen Auswertung:

  • Im Bereich der Prävention erhöhen ATCS (ATCS Plus, IVR, unidirektional) wahrscheinlich die Akzeptanz von Impfungen bei Kindern. Nützlich können sie auch für die verbesserte Nutzung präventiver Screenings sein. Dies zeigte sich zum Beispiel für multimodale ATCS in Bezug  auf das Brust- oder Darmkrebs- sowie das Osteoporose-Screening. Für die Teilnahme am Gebärmutterhalskrebs-Screening könnte sich ATCS Plus als sinnvoll erweisen.  
     
  • ATCS wurden in den Studien auch bei spezifischen Krankheiten eingesetzt. Die Effekte variierten je nach Krankheit und ATCS-Typ. Multimodale ATCS, nicht aber andere ATCS-Typen, könnten wahrscheinlich mithelfen, Krebs-Schmerzen und chronische Schmerzen zu verringern. 

  • Wenig oder gar keine Wirkung zeigte ihr Einsatz jedoch bei Herzinsuffizienz, Bluthochdruck, im Hinblick auf die psychische Gesundheit oder die Raucherentwöhnung.
     
  • In einigen Bereichen, wie dem Alkohol- oder Substanzmissbrauch, Sucht, Asthma, chronisch obstruktiver Lungenerkrankung, HIV/AIDS oder hohem Cholesterinspiegel fanden die Reviewer keine ausreichende Evidenz, um beurteilen zu können, welche Auswirkungen ATCS hier haben.  

Adhärenz zur Medikation oder Labortests

Ein weiteres Ergebnis – wenn auch mit unklarerer Datenlage – ist, dass Termin-Erinnerungen, die über IVR oder unidirektionale ATCS geliefert werden, die Besuchsraten im Vergleich zu Anrufen verbessern. Für die langfristige Betreuung lieferten die Adhärenz zur Medikation oder Labortests über alle Erkrankungen hinweg die breiteste Evidenz (25 Studien). Ansonsten fanden die Reviewer eher unterschiedliche und nur punktuell überzeugende Ergebnisse.

Nicht per se für alles nützlich

Die Cochrane-Reviewer ziehen aus ihrer Analyse den Schluss, dass ATCS-Interventionen die Versorgung in mehreren wichtigen Bereichen verbessern könnten. Sie sind allerdings nicht per se für alles nützlich. Zumindest gibt die Datenlage das derzeit nicht her.

Die Entscheidung, sie in die routinemäßige medizinische Versorgung zu integrieren, sollte deshalb die jeweilige Art der untersuchten Intervention, deren Auswirkungen und den unterschiedlichen Grad der Evidenz aus den jeweiligen Studien mit berücksichtigen, lautet ihre abschließende Empfehlung.  

 Quelle:

Posadzki P, Mastellos N, Ryan R, Gunn LH, Felix LM, Pappas Y, Gagnon MP, Julious SA, Xiang L, Oldenburg B, Car J. Automated telephone communication systems for preventive healthcare and management of long-term conditions. Cochrane Database of Systematic Reviews 2016, Issue 12. Art. No.: CD009921.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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