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Für die laufende Studie zur Gestaltung des Apothekenhonorars findet im Internet eine Umfrage unter Apotheken statt. Die Fragen lassen befürchten, dass hinter der Studie ein realitätsfernes Apothekenmodell steht, meint Thomas Müller-Bohn in einer kommentierenden Analyse.
Im Frühjahr 2016 hat das Bundeswirtschaftsministerium eine Studie über die künftige Honorierung der Apotheken in Auftrag gegeben. Der Zuschlag ging an ein bisher im Apothekenbereich unbekanntes Beratungsunternehmen. Wer sich bisher nicht mit Apotheken beschäftigt hat, blickt zwar ohne branchenübliche Vorurteile auf die Arbeitsabläufe, kennt aber auch nicht deren Hintergründe. Bisher ist über die Arbeit an der Studie fast nichts nach außen gedrungen, aber nun wenden sich die Berater über das Internet an viele Apotheken, um Daten aus der Praxis zu erhalten.
Verwunderliche Gliederung
Was diese Fragen offenbaren, bestätigt die Befürchtungen über ein lebensfremdes Apothekenmodell vom sprichwörtlichen grünen Tisch. Das beginnt mit der befremdlichen Gliederung in die Themen Warenwirtschaft, Betäubungsmittelabgabe und Zubereitung parenteraler Lösungen. Dass für Betäubungsmittel seit jeher ein spezielles Dokumentationsentgelt fällig wird, deuten die Macher der Studie vermutlich so, als sei dies ein spezielles Arbeitsfeld, das besonders betrachtet werden müsste. Dass es andere Tätigkeiten gibt, bei denen mindestens ebenso sehr über ein Sonderhonorar nachzudenken wäre, fällt allerdings unter den Tisch. Eine teils erhoffte, teils befürchtete grundsätzliche Neukonzeptionierung des ganzen Honorarsystems wird damit unwahrscheinlich. Erstaunlicherweise fehlt jede differenzierte Betrachtung zur Rezepturtätigkeit. Also ist auch dort wohl keine grundlegend neue Honoraridee zu erwarten.
Warenwirtschaft der Apotheke im Mittelpunkt
Dagegen beschäftigen sich viele Fragen mit der Warenbewirtschaftung. Dabei droht die Aussagekraft der Befragung allerdings schon an der Terminologie zu scheitern. Gefragt wird stets nach der Warenwirtschaft, worunter viele Apotheker die diesbezüglichen Funktionen ihrer Apotheken-EDV verstehen. Die Studienautoren meinen dagegen wohl die Warenwirtschaft als betriebswirtschaftlichen Sammelbegriff für alle Tätigkeiten rund um die Waren. Doch auch inhaltlich passen manche Fragen nicht zu den Arbeitsabläufen in Apotheken. Welcher Zeitanteil der Warenwirtschaft wird auf die „Lagerhaltung inklusive der Ermittlung des Bestellbedarfs“ verwendet? Wissen die Berater nicht, dass der Bestellbedarf von der EDV vorgeschlagen wird und die meisten Vorgänge, die dies auslösen, der Beratung und Abgabe zuzuordnen sind? Geradezu rührend naiv wirkt die Aufforderung, Tätigkeiten der Warenwirtschaft zu nennen, die in den vorherigen Fragen nicht erwähnt wurden. Sollen beispielsweise die Verfalldatenkontrolle, Rückrufe oder Preiskalkulationen nun getrennt oder unter einer Sammelposition erfasst werden? Dagegen fehlt die an dieser Stelle entscheidende Frage nach einem Kommissionierer.
Im Gegensatz zur Warenbewirtschaftung werden zum zentralen Aufgabengebiet der Abgabe und Beratung keine differenzierten Fragen gestellt. Angesichts der jüngsten politischen Diskussionen über ein Beratungshonorar ist das mehr als erstaunlich. In weiteren Fragen geht es darum, wie sich die Arbeitszeit der verschiedenen Berufsgruppen auf die Aufgabenbereiche verteilt. Wie der besonders in kleinen Apotheken typische schnelle bedarfsabhängige Wechsel zwischen verschiedenen Aufgaben abzubilden ist, bleibt offen. Die Verteilung der Arbeitszeit bei solchen Arbeitsabläufen zu messen, wäre eine anspruchsvolle arbeitswissenschaftliche Aufgabe. Doch hier wird stattdessen auf Schätzungen der Apothekenteams gesetzt. Ein Aufgabenbereich ist die „Durchführung medizinischer Dienstleistungen“. Wer die Befindlichkeiten zwischen den Heilberufen kennt, wird sich auch hier über die Begriffsbildung wundern oder amüsieren. Einmal mehr zeigt sich, wie wichtig die Validierung von Fragebögen bei Umfragen ist. Denn sonst versteht darunter jeder, was er will oder was ihm gerade einfällt.
Eine Sorge weniger
Doch immerhin kann die Fragensammlung den Apothekern eine Sorge nehmen. Ausgehend von der Gesamtarbeitszeit wird abgefragt, wie viel Zeit für welchen Arbeitsbereich benötigt wird - und nicht umgekehrt! Vermutlich haben die Macher der Studie erkannt, dass es nicht zielführend ist, die Abgabe von Arzneimitteln und die Beratung minutengenau in Teilschritte zu zerstückeln. Es bestand die Gefahr, dass Fachfremde vorrechnen würden, wie lange eine Beratung höchstens dauern dürfte. Dennoch bleibt die Sorge, dass aus einem realitätsfernen Modell irgendwelche Konsequenzen gezogen werden, die die realen Apotheken vor große Probleme stellen können. Eine weitere Analyse der Fragen finden Sie in der nächsten DAZ.
3 Kommentare
Peinlichkeit
von Reinhard Rodiger am 02.02.2017 um 13:14 Uhr
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AW: Peinlichkeit
von Christian Timme am 02.02.2017 um 14:14 Uhr
Wenn "Experten" andere Experten nicht verstehen usw.
von Christian Timme am 01.02.2017 um 19:06 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
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