Betrugsbekämpfung bei Arzneimitteln

EMA richtet Whistleblower-Adresse ein

Remagen - 14.04.2017, 13:00 Uhr

Alles GMP-konform? Die EMA hat eine email-Adresse eingerichtet, um Mängel zu melden. (Foto: mulderphoto / Fotolia)

Alles GMP-konform? Die EMA hat eine email-Adresse eingerichtet, um Mängel zu melden. (Foto: mulderphoto / Fotolia)


Wer bei seiner Arbeit mögliche „Unregelmäßigkeiten“ im Zusammenhang mit Aktivitäten feststellt, die die Zulassung oder Überwachung von Arzneimitteln durch die Europäische Arzneimittel Agentur (EMA) berühren, kann sich deswegen in Zukunft direkt vertrauensvoll an die EMA wenden. 

Der Verwaltungsrat der Europäischen Arzneimittel Agentur (EMA) hat eine neue Politik zum Umgang mit „Whistleblowern“ verabschiedet. Sie regelt, wie die EMA Vorwürfe von externen Parteien in Bezug auf etwaige „Unregelmäßigkeiten“ behandelt, die einen Einfluss auf die Zulassungs-und Überwachungsaktivitäten der Agentur hinsichtlich Human-und Tierarzneimitteln haben könnten. Die Politik wurde auf der März-Sitzung des Verwaltungsrats verabschiedet und ist am 17. März 2017 in Kraft getreten. Sie wurde in Absprache mit der Europäischen Kommission und dem Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (European Anti-Fraud Office, OLAF) erstellt. 

Gegen Fahrlässigkeiten und bewusste Verstöße

Was ist mit „Unregelmäßigkeiten“ konkret gemeint? Die EMA führt als Beispiele Gesetzesverstöße oder Abweichungen von den „Guten Praktiken“ an. Diese können unter anderem die Integrität von Studiendaten betreffen, etwa durch eine unzulängliche Ausbildung der beteiligten Personen, eine nicht regelgerechte Durchführung einer Studie oder mutwillige Fälschungen von Daten. Externe Quellen beziehungsweise externe Einzelperson bedeutet in diesem Zusammenhang außerhalb des Mitarbeiterstamms inklusive Personal mit Zeitverträgen, etc. der Agentur. Für diese hat die EMA eigene „Whistleblowing"-Leitlinien entwickelt.

Neue e-mail-Adresse

Zur Umsetzung der neuen Policy hat die EMA eine spezielle E-Mail-Adresse reporting@ema.europa.eu eingerichtet. Dort können Anliegen durch die Zusendung einer Nachricht oder die Bereitstellung von Informationen vorgebracht werden. Alternativ kann auch ein Brief an die Agentur gesandt werden. Innerhalb von 15 Arbeitstagen nach Erhalt der Nachricht sollen die Meldenden eine Empfangsbestätigung bekommen. Die EMA sichert zu, dass die Identität des Hinweisgebers vertraulich behandelt wird.

Mit der neuen Policy soll ein Umfeld geschaffen werden, in dem Einzelpersonen von außerhalb sich trauen, auf etwaige Unregelmäßigkeiten in ihrem Arbeitsbereich aufmerksam zu machen. Sie hilft der EMA, solche Berichte zu beurteilen und weitere Untersuchungen strukturiert zu koordinieren und dabei gleichzeitig die Vertraulichkeit des Meldenden zu schützen. Hinweise von Externen sind für die EMA nichts Neues. Nach eigenen Angaben hat die Agentur seit 2013 insgesamt 43 solcher Berichte erhalten, die sich beispielsweise auf die Herstellung von Arzneimitteln oder die Durchführung von klinischen Studien beziehen. 

Wie behandelt die EMA die Hinweise?

Betreffen die Vorwürfe ein zentral zugelassenes Arzneimittel, so wird die Agentur die Untersuchung selbst koordinieren. Ergeben sich Bedenken, dass die Unregelmäßigkeiten das Nutzen-Risiko-Verhältnis eines Arzneimittels beeinträchtigen könnten, so können die wissenschaftlichen Ausschüsse der EMA regulatorische Maßnahmen ins Auge fassen. Wenn die Vorwürfe sich auf ein national zugelassenes Arzneimittel beziehen, kann die EMA die Angelegenheit von Fall zu Fall an die nationale Arzneimittelbehörde in dem/den EU-Mitgliedstaat/en verweisen, in dem das betreffende Arzneimittel zugelassen ist. 

Ergibt sich ein Betrugsverdacht, so wird die EMA den Bericht an das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) übermitteln. Hierzu gibt es zwischen den beiden Einrichtungen entsprechende Vereinbarungen. Zur Umsetzung ihrer Anti-Betrugs-Strategie (Anti-fraud strategy) und des dazu gehörigen Aktionsplans hat die EMA bereits im Februar 2015 innerhalb ihrer Rechtsabteilung ein Büro für Betrugsbekämpfung eingerichtet. Es soll die Anti-Betrugs-Kultur  auf allen Ebenen der Organisation stärken und bietet auch entsprechende Schulungen an. 


Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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