Erstattungsbeträge für Arzneimittel

Ärzte fordern Klarstellung zu Mischpreisen

Berlin - 27.04.2017, 17:00 Uhr

Ärzte fürchten neuerdings den Regress, wenn sie Arzneimittel mit Erstattungsbetrag verordnen. (Foto: Kaspars Grinvalds / Fotolia)

Ärzte fürchten neuerdings den Regress, wenn sie Arzneimittel mit Erstattungsbetrag verordnen. (Foto: Kaspars Grinvalds / Fotolia)


Anfang März hatte das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg entschieden, dass das Vorliegen eines Erstattungsbetrags eines neuen Arzneimittels nicht zwingend bedeute, dass jede Verordnung dieses Arzneimittels wirtschaftlich sei. Die Kassenärzte fürchten nun ein verschärftes Regressrisiko und fordern eine gesetzliche Klarstellung. Die AOK hält dagegen.

Auch wenn er nicht mehr ganz frisch ist: Der im Eilverfahren ergangene Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg zur Frage der Wirtschaftlichkeit von Erstattungsbeträgen sorgt derzeit wieder für Diskussionsstoff. Der GKV-Spitzenverband war gegen die Festsetzung eines Erstattungsbetrags für das GLP-1-Analogon Albiglutid (Eperzan® von GSK) durch die Schiedsstelle vorgegangen. Der Preis war ihm zu hoch angesichts der Tatsache, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) für das Antidiabetikum fünf Patientenpopulationen differenziert, aber nur für eine einen „Hinweis auf einen geringen Zusatznutzen“ festgestellt hatte.

Das Gericht befand: Richtig, der Mischpreis sei in einem solchen Falle rechtswidrig. Nur weil es einen Erstattungsbetrag für ein Arzneimittel gebe, dürfe man nicht automatisch auf die Wirtschaftlichkeit der Verordnung in allen Anwendungsgebieten schließen.

Entscheidung in der Hauptsache steht noch aus

Das letzte Wort in diesem Rechtsstreit ist noch nicht gesprochen – dies wird erst im Hauptsacheverfahren geschehen. Doch schon der Beschluss hat die pharmazeutische Industrie mächtig aufgewirbelt. Sie forderte umgehend eine gesetzliche Klarstellung, dass der verhandelte oder durch Schiedsspruch festgelegte Erstattungsbetrag auch bei Bildung von Mischpreisen über das gesamte zugelassene Indikationsgebiet wirtschaftlich ist. Tatsächlich dürfte es auch für Apotheker kompliziert werden, sollte dasselbe Arzneimittel künftig für unterschiedliche Patienten unterschiedliche Preise haben. 

Nun legt die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) nach. Die Entscheidung – auch wenn sie noch nicht abschließend sei – führe zu einer erheblichen Verordnungsunsicherheit bei niedergelassenen Ärzten, erklärte der stellvertretende KBV-Vorstandsvorsitzende, Stephan Hofmeister, am gestrigen Mittwoch. Und das zum Nachteil der Patienten. Verschrieben die Ärzte nämlich solche Medikamente trotzdem, drohe ihnen ein Regress. Auch Hofmeister forderte den Gesetzgeber zu einer Klarstellung auf, dass Erstattungsbeträge für Arzneimittel die Wirtschaftlichkeit über das gesamte Anwendungsgebiet herstellen.

KBV sieht Patientenversorgung in Gefahr

„Wir müssen unbedingt verhindern, dass Patienten keine Medikamente mehr erhalten, die sie benötigen und die auch medizinisch sinnvoll sind – und das nur aus dem Grund, weil es für sie keinen festgestellten Zusatznutzen gibt“, erläuterte Hofmeister. Betroffen seien vor allem Patienten von selteneren Erscheinungsformen schwerer Erkrankungen wie Krebspatienten mit seltenen Mutationen. Aber auch Kinder und Jugendliche, mit denen schon aus ethischen Gründen keine Arzneimittelstudien durchgeführt würden.

Hinzu komme, dass Patienten in der Praxis nicht immer eindeutig einer Gruppe zuzuordnen seien. 



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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