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Erstattungsbeträge für Arzneimittel
Ärzte fordern Klarstellung zu Mischpreisen
Industrie will Status Quo behalten
Die KBV erhielt prompt Unterstützung seitens der Pharmaindustrie. Hermann Kortland, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Arzneimittel-Hersteller e.V. (BAH) erklärte, es gebe „keinen stichhaltigen Grund, von der derzeit praktizierten Mischpreisbildung bei Arzneimitteln abzuweichen beziehungsweise die Rechtmäßigkeit eines Mischpreises davon abhängig zu machen, ob der G-BA für alle Patientengruppen einen Zusatznutzen erkannt hat“. Es ist auch nicht nachvollziehbar, warum bei einem verhandelten oder durch das Schiedsamt festgesetzten Erstattungsbetrag nicht mehr automatisch jede ärztliche Verordnung in allen zugelassenen Anwendungsgebieten wirtschaftlich sein soll. Der Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI), Martin Zentgraf, mahnte: „Es ist fahrlässig, den Zugang zu innovativen Arzneimitteln sehenden Auges zu gefährden. Jetzt ist das Parlament gefordert!“
AOK: Ärzte sind für Wirtschaftlichkeit verantwortlich
Während sich der GKV-Spitzenverband zum laufenden Verfahren nicht äußern will, sprach sich der AOK-Bundesverband jetzt klar dagegen aus, Erstattungsbeträge für neue Arzneimittel pauschal für wirtschaftlich zu erklären. „Das sind lediglich Preise, die auf Basis eines zuvor festgestellten Zusatznutzens für ganz konkrete Anwendungsgebiete bestimmt werden. Mit Wirtschaftlichkeit hat das zunächst noch gar nichts zu tun“, erklärte der Vorstandsvorsitzende Martin Litsch. Es gebe keinen Grund, vom Wirtschaftlichkeitsgebot des Sozialgesetzbuchs abzurücken und die Ärzte aus ihrer Verantwortung für eine auch wirtschaftliche Verordnungsweise zu entlassen. Litsch: „Wenn Ärzte die Wahl zwischen mehreren Arzneimitteln mit gleichem Nutzen und gleicher medizinischer Notwendigkeit haben, dann sollten sie auch weiterhin das wirtschaftlichste Arzneimittel darunter aussuchen.“ Zugleich kritisierte Litsch, dass nun die Angst vor Versorgungsengpässen geschürt werde.
Auch Christopher Hermann, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg, meldete sich zu Wort. „Die Eilentscheidung des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg weist in die richtige Richtung“, erklärte er. Die gelebte Praxis von Pharmaunternehmen, ihr neu auf den Markt gekommenes Arzneimittel nach abgeschlossener Preisverhandlung mit dem Spitzenverband der Krankenkassen bei Ärzten als „stets wirtschaftlich“ zu bewerben, sehe die AOK Baden-Württemberg seit jeher kritisch. Schließlich seien Versorgungsqualität und Wirtschaftlichkeit immer patientenindividuell vom verordnenden Arzt zu beurteilen. Einen Eingriff in die Therapiefreiheit kann Hermann durch den Beschluss des Gerichts jedenfalls nicht erkennen.
Politik sieht keinen sofortigen Handlungsbedarf
Das von Ärzten und Industrie geforderte schnelle Handeln des Gesetzgebers ist sicherlich nicht zu erwarten – auch wenn Union und SPD die Problematik durchaus auf dem Radar haben. Edgar Franke (SPD) erklärte kürzlich bereits, dass er willig sei nachzubessern. „Wir werden verhindern, dass diese Rechtsprechung das Recht der Praxis wird“, hatte er erklärt. Überstürzen will der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses allerdings nichts: Erst wenn höchstrichterliche Rechtsprechung in der Hauptsache das Landessozialgericht bestätige, sieht Franke die Zeit zum Handeln gekommen.
Michael Hennrich (CDU) gab sich etwas zurückhaltender über die mögliche Reaktion auf ein solches Urteil. Er geht wie die Kassen davon aus, dass der Erstattungspreis nicht immer wirtschaftlich ist. Wie er Ende März gegenüber DAZ.online erklärte, sieht er andere Optionen, um dem Problem zu begegnen. Diese würden in der Union derzeit geprüft.
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