Mehr Aufklärung

Glaeske fordert Antibiotika-Leitlinie für Ärzte 

Berlin - 05.06.2017, 15:19 Uhr

Laut einer aktuellen Studie gehen immer noch zu viele unnötigerweise verschriebene Antibiotika über die HV-Tische deutscher Apotheken. Das fördert Resistenzen. (Foto: cassis / Fotolia)

Laut einer aktuellen Studie gehen immer noch zu viele unnötigerweise verschriebene Antibiotika über die HV-Tische deutscher Apotheken. Das fördert Resistenzen. (Foto: cassis / Fotolia)


„Ärzte brauchen eine Leitlinie für Ärzte zum Umgang mit Antibiotika.“ Das fordert Gesundheitsökonom Gerd Glaeske. Anlass ist eine aktuelle Studie, laut der Ärzte immer noch zu viele unnötige Antibiotika verschreiben. Um die Hersteller zu motivieren, neue Wirkstoffe zu entwickeln, will Gesundheitsminister Gröhe Vergütungsmodelle entwickeln, bei denen der wirtschaftliche Erfolg eines Präparats nicht alleine vom Umsatz abhängt.   

Trotz erster Erfolge werden einer Studie zufolge immer noch zu viele Antibiotika unnötig verschrieben. Das fördert bekanntermaßen Resistenzbildung. Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) sagte der Deutschen Presse-Agentur, Ärzten komme beim sachgerechten Einsatz von Antibiotika eine Schlüsselrolle zu. Der Gesundheitsökonom Gerd Glaeske von der Universität Bremen fordert deshalb eine Handreichung für Ärzte zum Umgang mit dem Medikament. „Wir haben keine einzige Leitlinie, die den Ärzten genau darstellt, wie Antibiotika eingenommen werden sollen.“ Außerdem müsse es in den Krankenhäusern mehr Hygienefachkräfte geben, damit die resistenten Keime sich nicht ausbreiten. Auch in die Forschung müsse mehr Geld investiert werden. „Von der Pharmazie ist das ein Bereich, der dramatisch vernachlässigt worden ist.“

Gröhe will Anreize für die Forschung

Gesundheitsminister Gröhe betonte, neu entwickelte Antibiotika sollten möglichst sparsam eingesetzt werden. Das macht die Forschung für Pharmaunternehmen nicht besonders attraktiv. „Notwendig sind deshalb Anreize, die den wirtschaftlichen Nutzen zumindest teilweise vom Umsatz entkoppeln“, sagte Gröhe der dpa. Im Auftrag der 20 Industrie- und Schwellenländer erarbeite die OECD dazu gerade eine Studie.

Den TK-Zahlen zufolge ist die Quote der Antibiotika-Verordnungen zwar zurückgegangen, lag im vergangenen Jahr bei erkältungsbedingt krangeschriebenen Beschäftigten aber noch immer bei 27 Prozent. Im Vergleichsjahr 2008 waren es noch 38 Prozent. „Die überwiegende Zahl der Erkältungsinfekte ist durch Viren hervorgerufen - und gegen eine Virus-Infektion hilft das Medikament nicht“, sagte Tim Steimle von der TK. Auch eine Untersuchung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) hatte vor Kurzem gezeigt, dass Antibiotika oft nicht indikationsgerecht eingesetzt werden. In der Untersuchung war es konkret um Fluorchinolone gegangen, die demnach zu oft bei bei Bagatallerkrankungen, wie ambulant erworbene unkomplizierte Harnwegsinfekten, Bronchitis oder Sinusitis, verordnet werden. Unter anderem vor dem Hintergrund einer fortschreitenden Resistenzentwicklung sollten die Fluorchinolone aber als Reservesubstanzen zurückhaltend eingesetzt werden. Diese Wirkstoffgruppe hat zudem bei leichteren Erkrankungen ein umstrittenes Nutzen-Risikoverhältnis.

„Patienten wollen unbedingt Antibiotika“

„Die niedergelassenen Ärzte verordnen Antibiotika in verantwortungsvoller Weise“, sagte Roland Stahl von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Häufig sähen Ärzte sich jedoch mit dem Wunsch der Patienten konfrontiert, unbedingt ein Antibiotikum zu erhalten. Alle Seiten betonen deshalb den Stellenwert der Patientenaufklärung. „Wir brauchen in der Bevölkerung ein stärkeres Bewusstsein dafür, dass Antibiotika nicht bei jedem Husten oder einer tropfenden Nase helfen“, sagte Gröhe. Der Geschäftsführer des Aktionsbündnisses Patientensicherheit, Hardy Müller, fordert daher vor allem mehr finanzielle Unterstützung der Initiativen in Krankenhäusern und Arztpraxen. „Entscheidend ist immer noch, was beim Patienten ankommt“, sagte Müller.  


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7 Kommentare

Antibiotika

von Hilde Daniel am 06.06.2017 um 11:14 Uhr

zu Herrn Gläske habe ich sehr viel Vertrauen, mehr als zu den Ärzten, die nur immer schnell ein Medikament oder Antibiotika verschreiben wollen, bei mir hat das Antibiotika die letzten Male gar nicht gewirkt, habe mich nur mit Gift(Pharma) zugeschüttet, und habe mein Problem selber in die Hand genommen, bekam auch keine Lungenendzündung, es gibt doch auch natürliche Antibiotika, davon wissen die Ärzte natürlich nichts.

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AW: Natürliche Antibiotika

von Christian Becker am 06.06.2017 um 12:45 Uhr

Sicherlich wissen die Ärzte von natürlichen Antibiotika wie Penicillin, Fosfomycin, Streptograminen und vielen anderen. Viele Leute wissen nur nicht, dass sehr viele Antibiotika natürlich sind.

Aber sicherlich ist die Gabe von Antibiotika nicht immer unbedingt nötig.

AW: Antibiotika

von Hans Christoph am 06.06.2017 um 19:20 Uhr

Eine gesunde Skepsis gegenüber einzelnen Ärzten ist gerechtfertigt. Besonders wenn täglich, bei z.B. 8 Stunden
Öffnungszeit ca.100 Patienten durchgeschleust werden sollte jeder Patient in`s Grübeln kommen. 3-4 Minuten pro Patient reichen eben NICHT für persönliche Zuwendung und individuelle, verantwortliche Antibiotikatherapie.
Da die Antibiotikatherapie höchst komplex ist gibt es eben
Antibiotikapäpste ( Erdmann-Frankfurt ) mit Lehrmeinungen
und Empfehlungen. Im übrigen gibt es auch auf dem Gebiet
Hygiene solche Hygienepäpste mit Leitlinien. Wenn diese Leitlinien jedoch seit Jahrzehnten , gerade in Krankenhäusern, aus welchen Gründen auch immer, sträflichst in Deutschland vernachlässigt werden müssten die ALARMGLOCKEN massiv erklingen ! siehe Positivbeispiel Holland.

Gläske und Antibiotika

von Dr.med.Hartmut Ziehm am 06.06.2017 um 9:31 Uhr

Gläske ist Gesundheitsökonom , hat wahrscheinlich nie in seinem Leben einen Patienten verantwortlich behandelt und weiß alles besser. Als ob die Ärzte um das Problem der Resistenzentwicklung nicht wüssten. Ebenso wissen sie aus Erfahrung, wann und welches Antibiotikum hilft, und wann nicht. Aber die Kapitäne an Land waren schon immer die schlauesten.

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AW: Gläske-unkritischer Einsatz v. Antibiotika durch Ärzte u.Tierärzte

von Hans Christoph am 06.06.2017 um 10:36 Uhr

Herrn Dr. med. Hartmut Ziehm ist zuzustimmen, was den Gesundheitsökonomen Gläske anlangt.Der Meinung ..Zitat..
als ob" die Ärzte" um das Problem Resistenzentwicklung nicht wüssten...Zitat Ende muss leider widersprochen werden. Ärzte müssten Ihren Patienten überzeugend klarmachen wo Antibiotika helfen und wo nicht. Dazu haben Ärzte allerdings, überfrachtet mit Bürokratie, oft keine Zeit mehr, leider ! Apotheker müssten jedoch auch in die Pflicht genommen werden. Wenn ein Rezept mit sogar 2 Antibiotika beim Apotheker auftaucht müssen doch die Alarmglocken leuchten, oder etwa nicht ? Tierärzte und unverantwortliche Tierzüchter verschärfen allerdings auch noch die Situation. Der oft ungehemmte Einsatz von Antibiotika, bei kranken Tieren, stellt ein seit Jahrzehnten, gerade von den sogenannten " Gesundheitsexperten", vertuschtes Problem dar. Die Pharmalobby lässt grüßen !
Quo vadis ?

AW: Gläske und Antibiotika- @Hans Christoph

von Christian Becker am 06.06.2017 um 13:47 Uhr

"Wenn ein Rezept mit sogar 2 Antibiotika beim Apotheker auftaucht müssen doch die Alarmglocken leuchten, oder etwa nicht ?"
Nein, müssen sie nicht unbedingt. (Mal abgesehen davon, dass Glocken normalerweise nicht leuchten).
Wenn die Kombination dieser Antibiotika nicht kontraindiziert ist, dann geht man eher davon aus, dass das seine Richtigkeit hat. Apotheker rufen doch schon oft genug bei den Ärzten an, um Unklarheiten zu beseitigen, Kontraindikationen zu melden etc.;
Wir haben ja im Normalfall nicht die Informationen, die der Arzt hat, um zu entscheiden, ob es sinnvoll ist, mehrere Antibiotika zu geben.
Bei der Eradikation von H. Pylori ist das Leitliniengerecht, bei der Behandlung von Tuberkulose ebenfalls.
Und wenn es sich nicht um 2 Antibiotika mit demselben Wirkmechanismus handelt, dann kann die Kombination auch sinnvoll sein.

Andererseits ist mir das bisher ohnehin nicht untergekommen - vielleicht sind die Ärzte hier in der Gegend einfach besser.

unbelehrbare, bornierte Mediziner-unnötige Antibiotikagaben

von Hans Christoph am 06.06.2017 um 9:28 Uhr

jedem normal denkenden Menschen sträuben sich die Haare. Mediziner die seit Jahrzehnten massenweise, zum Schaden der Patienten, gerade auch Kindern, Antibiotika verschreiben wälzen IHRE Therapiefreiheit auf die Patienten ab, ein unwürdiges Verhalten ohne Beispiel !!!
Jeder Arzt verpflichtet sich bei seiner Praxisniederlassung
sich fortzubilden, wie dies üblicherweise in jedem " normalen" Beruf usus ist. Also müssen keine " Leitlinien für
Ärzte" her, sondern Ärzte müssen sich, auch was den Einsatz von Antibiotika anlangt schlichtweg eigeninitiativ fortbilden, PUNKT !

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