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Mobile Gesundheitsanwendungen
Patienten sind offen für M-Health, Ärzte eher nicht
Mobile digitale Gesundheitsanwendungen bieten ein großes Potenzial, fristen aber bei uns derzeit noch ein Schattendasein. Dabei ist nicht etwa der Datenschutz der primäre Grund für die zurückhaltende Anwendung. Es sind die fehlenden passgenauen Angebote, wie eine neue Studie von Deloitte und Bitkom zeigt.
Im Gegensatz zu E-Health wird M-Health (Mobile Health) maßgeblich über mobile Endgeräte umgesetzt. Um zu erfahren, wie es um die Aussichten für mobile Gesundheitsanwendungen bestellt ist, haben die Marktforscher Deloitte und Bitkom 2000 Konsumenten in Deutschland befragt und die Ergebnisse in der Studie „Mobile Health – Mit differenzierten Diensten zum Erfolg“ analysiert. Ihr Fazit: Die Konsumenten stehen M-Health prinzipiell sehr offen gegenüber.
Vier Fünftel aller Deutschen besitzen ein Smartphone, 44 Prozent ein Tablet und acht Prozent ein Fitness-Armband. Auf vielen Smartphones sind Apps mit Gesundheits- und Fitnessbezug inzwischen vorinstalliert. 42 Prozent der Verwender haben mindestens eine solche Anwendung auf ihrem Smartphone gespeichert, die sie auch vielfach nutzen. Dies verdeutlicht die im Rahmen der Studie durchgeführte Nutzerbefragung. „Endgeräte wie Fitness-Tracker und Smartwatches werden der Türöffner für M-Health sein.“ glaubt Andreas Gentner, Partner und Leiter Technology, Media & Telecommunications (TMT) EMEA bei Deloitte. Doch ein weiteres Wachstum von M-Health sei kein Selbstläufer. Denn es gibt auch Verweigerer. Als Grund wird am häufigsten vorgetragen, dass die Fitness-Tracker, Smartwatches oder Fitness- und Gesundheits-Apps nicht den jeweiligen Bedürfnissen entsprechen.
Drei wesentliche Zielgruppen
Mobile
Gesundheitsanwendungen sind nach den Erkenntnissen der Marktforscher derzeit vor
allem für drei Gruppen von Interessenten verfügbar: sportlich Aktive, chronisch
Kranke und Übergewichtige. In dem Segment der chronisch Kranken, z. B. mit
Diabetes, Bluthochdruck oder Herzinsuffizienz sind bislang hauptsächlich Apps verbreitet,
aber auch Hardware-Lösungen werden zunehmend relevant. So besitzen bereits
knapp 22 Prozent der chronisch Kranken in Deutschland ein vernetztes Messgerät
zur Selbstbehandlung von Krankheiten (z. B. ein Blutzuckermessgerät, das Daten
auf Smartphone, PC oder Tablet speichert, oder ein vernetztes
Blutdruckmessgerät). 40 Prozent der befragten Nutzer vernetzter Devices zur
Selbstbehandlung chronischer Erkrankungen geben an, dass sie ihre Messgeräte
häufiger einsetzen würden, wenn diese stärker ihre Bedürfnisse abdecken würden.
Jeder will ein Stück vom Kuchen
Bereits heute engagieren sich zahlreiche Anbietergruppen im Bereich Mobile Health. Hierzu gehören Hersteller von Gesundheitsprodukten, die ihre Angebotspaletten durch Connectivity-Funktionen aufwerten, Krankenkassen, die ihre Versicherten zu einer gesunden Lebensweise motivieren und mit Rabatten locken, wenn sie ihre über mobile Devices generierten Gesundheitsdaten zur Verfügung stellen. Daneben hält jedes führende Pharmaunternehmen laut Deloitte/Bitkom eine Reihe von Apps in den einschlägigen App-Stores vor, die allerdings bis dato lediglich eine sehr geringe Reichweite haben sollen. Außerdem mischen die Telekommunikationsunternehmen als wichtige Schnittstelle zwischen Nutzern und Anbietern von Mobile-Health-Services mit, ebenso wie Anbieter von Consumer-Electronics, wie Apple mit seinen drei M-Health-relevanten Software Development Kits HealthKit, CareKit und ResearchKit, und Internetunternehmen, die primär an den zahlreich erhobenen Daten interessiert sind. Weiterhin suchen Start-Ups und App-Entwickler ihre Chance, sich frühzeitig in einem noch kaum entwickelten Markt zu etablieren. Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder zieht hieraus den Schluss: „Anbieter- und branchenübergreifende Kooperationen könnten der Schlüssel sein, um das volle Potenzial von Mobile Health auszuschöpfen.“
Ärzte haben zu viele Vorbehalte
Die breite Umsetzung von M-Health scheitert derzeit aber auch noch an rechtlichen Hürden. So müssten Anbieter bei der Vermarktung von Mobile-Health-Diensten weiterhin bestehende Haftungsrisiken im Auge haben, stellt die Studie fest. Als weiterer Hemmschuh für die verstärkte Einführung mobiler Gesundheitsangebote werden die im internationalen Vergleich konservativen Berufsordnungen deutscher Ärzte angeführt. Gerade ältere Mediziner lehnten digitale Lösungen aus Sorge um die verwendeten Daten grundsätzlich ab.
Die Patienten sind da bereits deutlich aufgeschlossener. Datensicherheit scheint nach den Ergebnissen der Studie kein großes Hemmnis für die Nutzung von Mobile Health zu sein. Akteure aus dem Gesundheitsbereich, insbesondere Ärzte, genießen hierbei einen großen Vertrauensvorschuss. 91 Prozent der Befragten würden die mobil erhobenen Gesundheitsdaten mit ihrem Arzt teilen. Der eigenen Krankenkasse würden 44 Prozent ihre Daten dagegen „eher nicht“ oder „auf keinen Fall“ zur Verfügung stellen.
Selbst ein implantierter Chip wäre ok
Vielleicht wird man über Fitness-Apps und -Tracker schon in einigen Jahren nur noch müde lächeln. Die nächsten Innovationen stehen bereits in den Startlöchern: smarte Kleidung mit integrierten Sensoren zur Messung von Vitaldaten. 25 Prozent der Befragten stehen der Nutzung solcher „Smart Clothes“ offen gegenüber. 38 Prozent der Deutschen könnten sich sogar vorstellen, in Zukunft unter die Haut implantierte Mikrochips zur Überwachung von Körperfunktionen zu verwenden.
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