Hepatitis-C-Mittel

Gilead erstattet Anzeige wegen Fälschungen

München - 22.08.2017, 11:00 Uhr

In den letzten Wochen sind Fälschungen der Hepatitis-C-Mittel Harvoni und Sovaldi in deutschen Apotheken aufgetaucht: Die Tabletten waren jeweils weiß statt gelb. (Foto: BfArM)

In den letzten Wochen sind Fälschungen der Hepatitis-C-Mittel Harvoni und Sovaldi in deutschen Apotheken aufgetaucht: Die Tabletten waren jeweils weiß statt gelb. (Foto: BfArM)


Nachdem die Regierung von Oberbayern wegen gefälschter Harvoni®-Packungen Anzeige gegen Unbekannt gestellt hat, zog nun der Hersteller Gilead nach. Unklar ist noch, welche Behörde die Ermittlungen aufnehmen wird. Auch bei dem gleichfalls gegen Hepatitis C eingesetzten Arzneimittel Sovaldi® wurden kürzlich Fälschungen identifiziert, die ebenso wie die von Harvoni® auch Wirkstoff enthalten.

Nachdem vor sechs Wochen die Regierung von Oberbayern Anzeige gegen Unbekannt wegen gefälschter Packungen des Hepatitis-C-Mittels Harvoni® erstattet hat, zog nun der Hersteller Gilead nach. Die Pharmafirma habe Anzeige wegen Markenverletzung gegen Unbekannt gestellt, erklärte eine Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft München I gegenüber DAZ.online. Beide Verfahren sollen voraussichtlich zusammen geführt werden – unklar sei jedoch weiterhin, welche Staatsanwaltschaft dies übernimmt. Dies sei „aus rechtlichen Gründen hier nicht ganz einfach zu bestimmen“, erklärte sie.

Nach Auskunft der Regierung von Oberbayern waren in der Lieferkette mehrere deutsche Großhändler beteiligt. „Wir können bestätigen, dass die betroffenen Präparate über einen niederländischen Lieferanten, welcher keine Erlaubnis zum Großhandel mit Arzneimitteln besitzt, auf den deutschen Markt gelangt sind“, hatte eine Sprecherin erklärt. Während es bei der Verpackung eindeutige Unterschiede zum Original gibt, sah es beim Arzneimittel selber trotz der weißen statt gelben Farbe besser aus: Die untersuchten Proben enthielten die Wirkstoffe in den spezifizierten Konzentrationen.

Unklar bleibt, wie viele Packungen von dem Fälschungsfall betroffen sind. Das Bundesgesundheitsministerium sprach zunächst von 23, wollte dies jedoch nicht näher ausführen – sondern verwies auf die Regierung von Oberbayern, die gleichfalls keine Stellung hierzu nahm. „Durch den sofortigen Chargen-Rückruf auf Patientenebene wurden alle in Verkehr befindlichen Packungen der betroffenen Charge – soweit möglich – zurückgerufen“, hieß es nur allgemein. „Derzeit gibt es keine Erkenntnisse darüber, dass weitere Fälschungen des betroffenen Arzneimittels über andere Lieferwege als den ermittelten nach Deutschland gelangt sind.“

Sovaldi-Fälschungen sind von außen kaum zu erkennen

Nach Bekanntwerden des Harvoni®-Fälschungsfalls stellte sich heraus, dass auch Packungen des gleichfalls bei Hepatitis C eingesetzten Arzneimittels Sovaldi® gefälscht wurden. Wie bei Harvoni® sind die Tabletten weiß statt gelb – vermutlich handelt es sich um illegal importierte Ware, die vom Hersteller Gilead eigentlich für wirtschaftlich schwache Märkte zu vergünstigten Preisen verkauft wurde.

Die amtliche Arzneimitteluntersuchungsstelle am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) hatte am 11. August vier Packungen des Arzneimittels Sovaldi® der aus der Charge VVDXD, verwendbar bis 01/2019, als gefälscht identifiziert. „Wie viele Packungen der Charge betroffen sind, können wir im Moment noch nicht beurteilen“, erklärte eine Sprecherin der Regierung von Oberbayern auf Nachfrage.

Äußerlich sind die Fälschungen schwer auszumachen. Der Umkarton sei „geringfügig weniger glänzend und erscheint matter beziehungsweise weniger cremig-weiß“, hieß es – außerdem erscheine der grüne Hintergrund der Wirkstärke „400“ geringfügig dunkler und der Aufdruck der Charge auf dem Boden der Kunststoff-Flaschen im Druckbild fetter beziehungsweise etwas unschärfer als bei den Flaschen mit gelben Tabletten. 

Die Regierung von Oberbayern habe einen sofortigen Rückruf der betroffenen Charge auf Großhandels-, Apotheken- und Patientenebene angeordnet, der am 16. August 2017 durch die Firma Gilead durchgeführt wurde, betont die Sprecherin. „Die Regierung von Oberbayern überwacht den Chargenrückruf“, erklärte sie. Nach bisherigen Erkenntnissen seien die entdeckten Fälschungen von Sovaldi® über denselben Weg nach Deutschland gelangt, wie es bei Harvoni® der Fall war.

Gleichfalls wurden die Tabletten aus den gefälschten Packungen auch bei Sovaldi® von einem Patienten eingenommen – doch bezüglich des Inhalts konnte die Regierung von Oberbayern wiederum Entwarnung geben: Analytische Untersuchungen haben in der vergangenen Woche ergeben, dass die weißen Tabletten in allen vier untersuchten Packungen hinsichtlich Identität und Gehalt dem Original-Arzneimittel entsprechen. „Daher besteht bei dieser Arzneimittelfälschung kein Risiko für Patientinnen und Patienten“, erläutert die Sprecherin.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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