DAZ.online-Serie Apotheken-Kooperationen (AVIE)

„Unabhängigkeit vom Großhandelsgeschäft war wichtig“ 

Aachen - 29.08.2017, 11:10 Uhr

Wie sind die Erfahrungen der Kollegen mit der Apotheken-Kooperation Avie? (Foto: Avie)

Wie sind die Erfahrungen der Kollegen mit der Apotheken-Kooperation Avie? (Foto: Avie)


Nach Angaben des Branchenverbands BVDAK sind mittlerweile mehr als als 70 Prozent aller deutschen Apotheken in einer Kooperation. Warum sie sich dafür entschieden haben, im Verbund zu arbeiten und nicht mehr alleine? Und wieso genau diese Kooperation und nicht eine andere? DAZ.online hat sich einige Kooperationen angesehen und Mitglieder nach ihren Eindrücken befragt. Teil 1: Apotheker, die sich Avie angeschlossen haben. 

„Avie hat den Umbau meiner Apotheke mitgestaltet. Innerhalb von wenigen Tagen war alles geschafft: Wir haben Mittwoch begonnen und Sonntagnacht war alles abgeschlossen. Die Ladenbauer haben extrem professionell und schnell gearbeitet. Das hat mich enorm beeindruckt,“ sagt der Münchener Apotheker Dr. Matthias Bein.

Auch sein Kollege Matthias Fischer-Schäfer aus Dresden machte ähnliche Erfahrungen: „Die Ladenbauer wurden mir von Avie vermittelt und haben extrem schnell gearbeitet. Im Prinzip ging alles an einem verlängerten Wochenende über die Bühne: Donnerstag 17 Uhr haben wir begonnen, und am Montag habe ich wieder eröffnet.“ Ohne das professionelle Team von Avie hätte sich alles viel länger hingezogen, ist Fischer-Schäfer überzeugt. Außerdem habe man im Vorfeld einen Festpreis vereinbart und sei im vereinbarten Rahmen geblieben.

 „Ich mochte das Ladenbaukonzept"

Seit rund vier Jahren ist der Dresdner bei Avie. Er betreibt vier Apotheken, zwei hatte er schon, bevor er sich Avie anschloss. „Ich mochte das Ladenbaukonzept von Anfang an,“ sagt er: „Es ist schick und funktional, es gibt Module für den Schallschutz und ein modernes Lichtkonzept.“ Insgesamt ergebe sich daraus für seine Kunden ein guter Wiedererkennungswert, auch über Dresden hinaus. Das sei ihm wichtig. Einen gemeinsamen Außenauftritt aller Avie-Mitglieder hält er deshalb für sinnvoll: „Davon profitieren letztlich alle.“

„Sind Sie jetzt nicht mehr selbständig?“ hätten ihn Kunden vereinzelt nach seinem Umbau gefragt. Er habe einen Stammkundenanteil von 90 Prozent. Deshalb hätten ihm solche Fragen zu Beginn Sorgen gemacht. Doch verloren habe er keinen Kunden, betont er. Der Umsatz mit dem frei verkäuflichen Sortiment sei vielmehr deutlich gestiegen.  

Apotheken-Kooperationen

Rund 40 Apothekenkooperationen mit insgesamt rund 7000 Mitgliedern gibt es aktuell in Deutschland. Mehr als 70 Prozent aller deutschen Apotheken gehören nach Darstellung des Branchenverbands BVDAK inzwischen einer oder sogar mehreren Kooperationen an. Diese unterstützen ihre Mitglieder zum Beispiel in der Warenbeschaffung, im Marketing und oft auch in der praktischen Betriebsführung. Im Gegenzug erwarten sie je nach Kooperation Dinge wie einen nach außen weitgehend einheitlichen Markenauftritt, Lieferantentreue und zumeist einen monatlichen Mitgliedsbeitrag. Die Höhe von Rückvergütungen ist abhängig von der Größe und Leistungsfähigkeit der jeweiligen Mitgliedsapotheke. Anders allerdings als bei vergleichbaren Franchise-Modellen im Einzelhandel sind die Mitglieder von Apothekenkooperationen zumeist nicht zur Übernahme eines einheitlichen Sortiments verpflichtet. 

DAZ.online hat die Kooperationen unter die Lupe genommen und stellt sie Ihnen vor. 

Seit zweieinhalb Jahren ist auch der Münchener Matthias Bein bei Avie. Auch er ist ein erfahrener Apotheker: „Ich mache das Geschäft seit 13 Jahren.“ Entsprechend kritisch habe er sich die verschiedenen Kooperationsmodelle zuvor angeschaut, sagt er: „Ich bin zu dem Ergebnis gekommen, dass ich innerhalb einer Kooperation besser aufgestellt bin als als Einzelkämpfer.“

„Es gibt einen deutschlandweiten Austausch“ 

Auch in seinem Umfeld seien seine Kollegen überwiegend zu dieser Überzeugung gelangt, sagt Fischer-Schäfer: „Es gibt nur noch eine Apotheke in meiner direkten Umgebung, die völlig solo arbeitet.“ Neben seinen Standorten gebe es in Dresden inzwischen drei weitere Avie-Apotheken. „Daraus ist ein netter kollegialer Austausch entstanden. Das funktioniert auch deutschlandweit. Das ist nicht nur nett, sondern auch außerordentlich hilfreich. Man kann gemeinsam Themen besprechen, ohne sich Gedanken machen zu müssen über die Konkurrenz vor Ort.“ Die regelmäßigen Avie-Partner-Treffen seien hierfür ein guter Rahmen.

Dass er das Marketing outsourcen könne, sei für ihn das wichtigste Argument, sagt sein Münchener Kollege Bein. So erhalte er von seiner Kooperation monatlich Flyer zur Verfügung gestellt mit festem Layout. Die Preise setze er selbst ein. Auch erhalte er Vorschläge für gemeinsame Aktionen oder Themenwochen. „Der Aufwand für diese Dinge hat in den vergangenen Jahren enorm zugenommen. Sich darum nicht mehr im Einzelnen kümmern zu müssen, ist für mich eine enorme Entlastung.“ 

Unterstützung in der Betriebsführung als Kriterium

Ihm sei darüber hinaus die Unterstützung in der wirtschaftlichen Betriebsführung sehr wichtig, sagt Fischer-Schäfer: „Es gibt Außendienstbetreuer, die sich Zeit nehmen für eingehende Analysen von Stärken und Schwächen eines jeweiligen Standortes, Empfehlungen ausarbeiten und eine Zielplanung. Im persönlichen Umgang spüre man die Verwurzelung von Kohl Pharma in der Tradition eines familiengeführten Unternehmens, sagt er. „Die strategische Ausrichtung ist klar auf Nachhaltigkeit ausgerichtet.“

Beiden Apothekern ist vor allem eines wichtig: die Unabhängigkeit ihrer Kooperation vom Großhandelsgeschäft. Wäre das nicht so, so glauben sie, geriete ihre individuelle Gestaltungsfreiheit in Gefahr: „Wenn ich den Großhändler wechseln möchte, muss ich doch bei großhandelsbasierten Kooperationsmodellen automatisch auch die Kooperation wechseln. Dieses Risiko wollte ich nicht,“ sagt der Münchener Bein. Er erhalte über Kohl gute Einkaufskonditionen. Auch handele Avie Rahmenkonditionen mit bestimmten Großhändlern aus. In seinen Entscheidungen bleibe er aber völlig frei. „Großhandels-Kooperationen sind auf den schnellen Abverkauf ausgerichtet,“ glaubt sein Dresdener Kollege. „Das bedeutet aber immer auch: möglichst schnell, möglichst viel. Daraus resultiert logischerweise ein gewisses Bestreben, Uniformität herzustellen. Das wollte ich für mich vermeiden.“

Avie: Zahlen und Fakten 

Rechtsform: GmbH / 100 prozentige Tochtergesellschaft der Kohl Medical AG

Geschäftsführung: Edwin Kohl und Dominik Klahn

Mitgliedsbeiträge: Keine Aufnahmegebühr, monatliche Systemgebühren   

Rückvergütung: Bonusmodell für Partnerapotheken (Ausschüttung einmal p.a.)

Dachmarke/Branding: Marke Avie; individuell abgestimmte Innen- und Außengestaltungsmaßnahmen (Gestaltungszuschuss möglich); eigenes Ladenbaukonzept; diverse Marketing- und Kommunikationsinstrumente (BtB & BtC)  

Mitglieder: 215

Umsatz: Keine Angabe

Leistungen des Verbundes:

Einkauf: Kooperationen mit pharmazeutischen Großhandlungen; Kontrolle von Großhandelsrechnungen; Direktbezugsmöglichkeiten bei diversen Industriepartnern; Vorteile und Unterstützung bei der Zusammenarbeit mit Dienstleistern – Apothekensoftware und Rechenzentrumsleistungen

Abverkauf (auszugsweise): marktorientiertes Category-Management; individualisierbare Flyer und Plakate (auch für Filialverbünde); umfassende Marketingleistungen, bspw. frequenzsteigernde Marketingaktionen; Konzeption, Kreation und Produktion apothekenindividueller Marketingleistungen; Teamentwicklungsmaßnahmen

Eigenmarken: in Prüfung.

Kündigungsfristen: Laufzeit mehrjährig (Ziel: langfristige Partnerschaften) / Kündigungsmodalitäten werden vertraglich vereinbart (z.B. Sonderkündigungsrecht bei Betriebsaufgabe)

Gebietsschutz/Filialregelungen: ja

Pflichten der Mitglieder: Beachtung der Vorgaben zur Marke AVIE 



Sabine Rössing, Autorin DAZ.online
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Apotheker-Kooperationen

von Wilfried Hollmann am 30.08.2017 um 11:02 Uhr

"Rund 40 Apothekerkooperationen mit rund 7.000 Mitgliedern" diese Aussage im DAZ-Artikel verwundert. Ist der DAZ nicht bekannt, dass die Urform der Kooperation die Genossenschaft ist? In der NOWEDA und Sanacorp sind über 15.000 Apotheker organisiert. Sie sind damit die Eigentümer dieser Unternehmen. Damit stellen diese Apotheker mit ihren Unternehmen sicher, damit sie im Tagesgeschäft nicht von Konzernunternehmen abhängig sind.

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