DAZ online: Unabhängig davon, ob Sie sich im
Gesundheitsausschuss engagieren, welche gesundheitspolitischen Ziele insgesamt
würden Sie in der kommenden Legislaturperiode gerne umsetzen wollen? Und was
langfristig?
Gabelmann: Gesundheitspolitisch
steht für mich im Moment die Situation in der Pflege akut im Mittelpunkt.
Ich halte eine verbindliche Personalbemessung für dringend notwendig, um sowohl
die Situation der Patientinnen und Patienten wie auch der Pflegenden zu
verbessern. Deshalb unterstütze ich das Bündnis "Pflege am Boden" und die aktuellen Aktionen von Verdi, um auf die katastrophalen Zustände in der
Pflege hinzuweisen. Hier brauchen wir dringend eine kurzfristige Lösung.
Ebenfalls kurzfristig sollte ein Gesetz zum Verbot von Rx-Versandhandel
verabschiedet werden.
Mittel- und langfristig möchte ich ein solidarisches Gesundheitssystem
erreichen, mit einer Kasse, in die alle einzahlen – auch Beamte, Abgeordnete
oder Freiberufler – ohne Beitragsbemessungsgrenze. Ich stelle mir ein
Gesundheitssystem vor, in dem der Mensch im Mittelpunkt steht und in dem die
einzelnen Gesundheitsberufe so zusammenarbeiten, dass Synergieeffekte genutzt
werden können. Im Moment erlebe ich eine zunehmende Konkurrenz zwischen den
einzelnen Sparten, anstatt einer Zusammenarbeit zum Wohle der Patientinnen und
Patienten.
Gabelmann: Der Rx-Versandhandel ist unverantwortlich
DAZ online: Wie sehen Sie die Situation der Apotheker in
Deutschland, und was würden Sie gerne für sie politisch erreichen?
Gabelmann: Als ich vor vier Jahren nach längerer Pause noch einmal in einer
öffentlichen Apotheke gearbeitet habe, war ich entsetzt über die veränderten
Arbeitsbedingungen. Anstatt Zeit für die persönliche Beratung zu haben, habe
ich sehr viel Zeit damit verbracht, den Anforderungen der Rabattverträge
gerecht zu werden. Grundsätzlich halte ich es für vollkommen inakzeptabel, dass
diese Verträge komplett intransparent und ohne Beteiligung der Apothekerschaft
abgeschlossen werden. Profitieren tun von diesen Verträgen ausschließlich
Krankenkassen und Pharmaindustrie – Apotheken und vor allem die Patienten sind
die Leidtragenden. Meiner Meinung nach müssten diese Rabattverträge wieder
komplett abgeschafft werden. Die Preisbildung von Medikamenten gehört unter
verschiedenen Aspekten neu auf den Prüfstand. Stichworte hier sind zum Beispiel
die Mehrwertsteuer auf Medikamente und Medizinprodukte, die Regulierung der
Abgabepreise der Pharmaindustrie und eine Positivliste.
Den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten halte ich für
unverantwortlich. Hauptsächlich aufgrund der gesundheitlichen Risiken für die
Patientinnen, aber auch, weil dadurch eine existenzielle Bedrohung für
Apotheken entsteht und damit die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung
grundsätzlich bedroht wäre.
DAZ online: Was bedeutet es für
Sie, Apothekerin und Politikerin zu sein?
Gabelmann: Ich erlebe es relativ häufig, dass Menschen erstaunt darüber sind, dass ich
als Apothekerin eine linke Politikerin bin. Da ich als Naturwissenschaftlerin
ja darin geschult bin, nach den Ursachen zu suchen, wenn ich Probleme erkenne,
kommt politisch für mich nur Die Linke infrage. Rein symptomatische Therapien
halte ich auch im politischen Zusammenhang nicht für sinnvoll. Das
Gesundheitswesen allgemein und Apotheken im Besonderen sind stark abhängig von
politischen Entscheidungen – auch deshalb würde ich mich freuen, wenn ich meine
beruflichen und politischen Erfahrungen zusammenführen und im Bundestag
einbringen könnte.
DAZ online: Warum sollten Apotheker ihrer Meinung nach
die Linke wählen?
Gabelmann: Weil die Linke mit ihrem
gesundheitspolitischen Programm an der Seite der Apothekerschaft steht. Und
zwar nicht aus Gründen der Klientelpolitik, sondern weil wir die Apotheken für
einen unverzichtbaren Bestandteil des Gesundheitswesens halten.
Pharmazeutischer Sachverstand eingesetzt zum Wohle der Patientinnen und Patienten
ist aus einem verantwortungsvollen und solidarischen Gesundheitssystem nicht
wegzudenken.
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von Alexander Zeitler am 19.09.2017 um 0:52 Uhr
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