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Arzneimittellieferung
Das Experiment: Wenn Drohnen die Arzneimittel bringen
Arzneimittelzustellung per Drohne: Wie könnte die Botenzustellung von Arzneimitteln künftig aussehen? Ein baden-württembergischer Apotheker hat seine eigenen Vorstellungen der Botenlieferung entwickelt – und DAZ.online zu einem Experiment eingeladen.
Derzeit finden sie hierzulande vorwiegend als Spielzeug für das Kind im Mann ihre Bestimmung denn als zweckmäßiges und kommerzielles Transportsystem – Drohnen. Ruanda nutzt die unbemannten Flugkörper hingegen tatsächlich medizinisch sinnvoll: In Ostafrika versorgen Drohnen Menschen in abgelegenen Bergregionen des Landes mit lebenswichtigen Arzneimitteln oder Blutkonserven. Auf der Insel Usedom testet das Deutsche Rote Kreuz derzeit Rettungsdrohnen, die Schwimmhilfen für in Seenot geratene Schwimmer abwerfen. Warum also nicht auch die Botendienste der Apotheke per Drohne erledigen? In Zeiten des Dieselskandals, Feinstaubalarms und kilometerlangen Staus – vielleicht keine schlechte Überlegung. Das dachte sich Christopher Kreiss, Apotheker in Dettenhausen, Baden-Württemberg, und hat einen Arzneimittel-Flugversuch gestartet. DAZ.online hat das Experiment begleitet.
Einmal Paracetamol bitte – via Drohne
Einmal von der Apotheke über die Straße ins Nachbarhaus: Diese – zugegeben überschaubare Flugroute – wählte der Apotheker für sein Experiment. Doch „überschaubar“ muss der Drohnenflug sein, denn Sichtweite schreibt das Gesetz vor. Somit ermöglicht und begrenzt der Begriff „überschaubar“ in einem Zug einen solchen Drohnenflug. Bislang ist eine Arzneimittelzustellung via Drohne folglich mehr ein Prototyp denn ein ausgereiftes Serienmodell. Das weiß auch Kreiss und betont diesen Umstand mehrfach: Die Drohnenzustellung von Arzneimitteln habe bislang lediglich experimentellen Charakter. Der Apotheker weiß um die gesetzlichen, logistischen und psychologischen Grenzen der unbemannten Flugkörper. So gesteht er auch, dass seine konzipierte Befestigung der Arzneimittel-Transportbox mit Spanngurten an der Drohne noch eher provisorisch anmute. An Ideen zur Optimierung fehlt es dem Apotheker allerdings nicht: Denkbar sei, die Arzneimittel-Transportbox künftig mit einem Elektromagneten zu fixieren. Das ermögliche – neben einer zuverlässigeren Verbindung zur Drohne als ein Spanngurt sie garantiert – dem Drohnenpiloten auch, das Arzneimittel per Fernsteuerung am Ziel abzuwerfen. Sein aktuelles Konstrukt muss direkt vom Patienten entgegengenommen werden. Doch die Spanngurt-Variante – wenn auch etwas wackelig – meistert ihre Aufgabe und übersteht den Flug dennoch erstaunlich gut. Und bringt das Päckchen Paracetamol sicher zum Patienten.
Wo macht die Arzneimittelzustellung per Drohne Sinn und wo Probleme?
Insbesondere für größere Städte könnten Drohnen in der Zukunft sinnvoll sein, findet Christopher Kreiss, um den Sichtkontakt beim Flug zu gewährleisten. Doch eben die Urbanität birgt gleichzeitig auch zahlreiche Stolpersteine für den Drohnenflug. Was macht die Arzneimittelzustellung per Drohne schwierig? Drohne kaufen und das zu versendende Päckchen Paracetamol dranhängen? Ganz so einfach gestaltet sich die Drohen-Arzneimittellieferung nicht. Eine Drohnen-Flugverordnung regelt genau, wie hoch der Medikopter fliegen darf und vor allem, welche Gebäude er nicht überfliegen darf. Die Drohnen-Flugverordnung verbietet, dass – ohne Erlaubnis der Landesluftfahrtbehörde – Drohnen über Menschenansammlungen, Krankenhäuser, Botschaften, Konsulate, Bahnanlageneinheiten, Einsatzorte von Polizei und Rettungskräften, Justizvollzugsanstalten fliegen – und derartige Einrichtungen sind ebenso wie Menschen in Städten nun nicht gerade selten.
Ist eine Drohne Bote oder Versand? Und Drohnen-Piraterie
Auch der Apotheker weiß, dass die Arzneimittelzustellung per Drohne längst nicht spruchreif ist. Unklar sei die rechtliche Abgrenzung: „Wie ist eine Arzneimittelzustellung per Drohne einzustufen? Handelt es sich um eine `Zustellung per Boten` oder um einen genehmigungspflichtigen `Versand` von Arzneimitteln?“, fragt Kreiss. Was passiert, wenn die Witterung nicht mitspielt? Und wie schützt man Drohnen vor kapernden Piraten – sowohl das teure Fluggerät als auch die Arzneimittel und sensible Patientendaten. Der Apotheker fürchtet auch die gesellschaftliche Akzeptanz der unbemannten Flugkörper: „Drohnen kommen ursprünglich aus dem militärischen Bereich und lösen in der Gesellschaft häufig `Überwachungsängste` aus“ hat Kreiss beobachtet.
Deutsche Flugsicherung zum Einsatz von Drohnen
Würden Drohnen im großen Stil eingesetzt, müsste dies natürlich eine Regelung des Flugverkehrs nach sich ziehen. DAZ.online hat nachgefragt – bei einem Unternehmen, das sich mit Flugverkehrskontrolle auskennt, bei der Deutschen Flugsicherung (DFS). Schon heute behinderten Drohnenflugkörper zunehmend Piloten von Verkehrsflugzeugen, erklärt Boris Pfetzing von der DFS. „Die Pilotenmeldungen ´Ich habe eine Drohne gesehen, die bewegte sich in meinem Luftraum` nehmen stark zu. 2015 erreichten uns noch 14 Konflikte mit dem regulären Flugzeugverkehr, 2016 waren es bereits 64,“ wird Pfetzing konkret. Das Problem für die DFS: „Jeder kann eine Drohne kaufen und fliegen, ob er qualifiziert ist, dies zu tun, oder nicht“ kritisiert Pfetzing die derzeitige Regelung für den Erwerb und das Fliegen von Drohnen. Vor dem Hintergrund, dass im vergangenen Jahr geschätzt 400.000 Drohnen verkauft wurden, 2017 bislang 600.000, rechnet die Deutsche Flugsicherung mit einer weiteren Zunahme von Zwischenfällen von Drohnen mit dem regulären Flugverkehr. Welche Gefahren sieht die DFS? Pfetzing: „Große Drohnen sind meist aus Metall und verhältnismäßig schwere Geräte. Prallen diese auf ein Flugzeug, können sie unter Umständen die Windschutzscheibe des Cockpits beschädigen, im schlimmsten Fall jedoch in die Turbine geraten, so dass diese ausfällt.“
Großbritannien: Drohnen bringen Pille danach und sparen Patienten den „Walk of shame“
Kreiss ist nicht der erste, der Potenzial im Konzept der Drohnen-Zustellung sieht. Medexpress plant in Großbritannien, prekäre Arzneimittel wie Viagra oder die Pille danach den Patienten direkt per Drohne zukommen zu lassen. Das erspare den Patienten den „walk of shame“ in die Apotheke, erklärt die Online-Apotheke.
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