Zirkadianer Rhythmus

Medizin-Nobelpreis für Erforscher der inneren Uhr

Stockholm - 02.10.2017, 12:20 Uhr

Die diesjährigen Medizin-Nobelpreisträger Jeffrey C. Hall, Michael Rosbash und Michael W. Young. (Bilder: Niklas Elmehed / Nobel Media AB 2017)

Die diesjährigen Medizin-Nobelpreisträger Jeffrey C. Hall, Michael Rosbash und Michael W. Young. (Bilder: Niklas Elmehed / Nobel Media AB 2017)


Der diesjährige Nobelpreis für Physiologie oder Medizin geht an die US-amerikanischen Forscher Jeffrey C. Hall, Michael Rosbash und Michael W. Young. Sie haben die molekularen Mechanismen der inneren Uhr von Menschen erforscht, mit denen eine Anpassung von Zellen wie auch des gesamten Organismus an die Tageszeit möglich ist. 

Wie das Karolinska-Institut in Stockholm am heutigen Montag bekanntgab, wird der diesjährige Nobelpreis für Physiologie oder Medizin an die drei US-amerikanischen Forscher Jeffrey C. Hall, Michael Rosbash und Michael W. Young verliehen. Sie haben grundlegende Arbeiten zu den molekularen und genetischen Mechanismen vorgelegt, die es auch menschlichen Zellen erlauben, sich an den sogenannten zirkadianen Rhythmus anzupassen.

Jegliches Leben könne davon profitieren, wenn es sich an die Rotation unseres Planeten anpasst, erklärte der Molekularbiologe Thomas Perlman bei der Verleihung des Preises. Die innere Uhr in den meisten unserer Zellen erlaube eine Anpassung an den Tag- und Nacht-Zyklus, um unser Verhalten zu optimieren, sagte Perlman. So komme es auch zu Problemen, wenn die innere Uhr nicht an den Tag-Nacht-Rhythmus angepasst ist – wie beim Jetlag. Außerdem sei schon lange bekannt, dass chronische Verschiebungen zwischen der inneren Uhr und dem Tag-Nacht-Rhythmus zu verschiedensten Erkrankungen führen können.

„Ihre Entdeckungen erklären, wie Pflanzen, Tiere und Menschen ihren biologischen Rhythmus anpassen, damit er mit der Erdrotation synchronisiert ist“, erklärt das Karolinska-Institut in einer Pressemitteilung. Basierend auf Untersuchungen an Fruchtfliegen haben die frisch gekürten Nobelpreisträger ein Gen isoliert, das den normalen biologischen Tagesrhythmus kontrolliert. „Sie haben gezeigt, dass dieses Gen für ein Protein kodiert, dass in der Nacht in Zellen angehäuft wird – und über den Tag hinweg abgebaut wird“, heißt es. Anschließend haben sie weitere Proteine identifiziert, die Teil dieser molekularen Maschinerie sind – auch beim Menschen.  

Erste Arbeiten zur inneren Uhr im 18. Jahrhundert

Schon im 18. Jahrhundert hatte der französische Geophysiker Jean Jacques d'Ortous de Mairan das Verhalten von Mimosen studiert: Die Pflanzen öffnen ihre Blätter tagsüber in Richtung Sonne, und schließen sie mit Sonnenuntergang. Doch als er sich tagsüber in einem dunklen Raum beließ, stellte er fest, dass sie ihren Tagesrhythmus beibehielten – ihre innere, biologische Uhr machte dies möglich.

In den 1970er Jahren erkannte der US-amerikanische Biophysiker Seymour Benzer zusammen mit seinem Mitarbeiter Ronald Konopka, dass Mutationen in einem damals unbekannten und „Period“ getauften Gen den zirkadianen Rhythmus von Fruchtfliegen unterbricht. 1984 gelang es Hall und Rosbash, die zusammen an der Brandeis-Universität in Boston arbeiteten, sowie Young an der Rockefeller-Universität in New York, das Gen zu isolieren, das das Protein namens „PER“ kodiert. Den Forschern gelang außerdem der Nachweis, dass PER durch eine Feedback-Schleife seine eigene Synthese unterdrückt, wodurch es zu der rhythmischen Aktivität kommt: Wenn wenig PER vorhanden ist, wird es produziert – und wenn viel Protein in der Zelle angehäuft ist, unterdrückt es die eigene Synthese.

Mit weiteren Arbeiten erforschten die Nobelpreisträger, wie es dem Protein gelang, in den Zellkern vorzudringen, den 24-Stunden-Rhythmus möglichst genau einzuhalten, oder sich an Veränderungen im Hell-Dunkel-Rhythmus anzupassen. „Nach den bahnbrechenden Entdeckungen der drei Nobelpreisträger, wurde die zirkadiane Biologie zu einem großen und sehr dynamischen Forschungsfeld, mit Auswirkungen auf unsere Gesundheit und unser Wohlergehen“, erklärt das Karolinska-Institut.

Perlmann hatte Rosbash und Hall noch nachts erreicht, um ihnen zur Verleihung des Nobelpreises zu gratulieren. Rosbash sei zunächst eine Weile still gewesen. „Sie nehmen mich auf den Arm“, habe er dann gesagt, erklärte Perlmann. 



hfd / DAZ.online
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