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Verbraucherzentrale erfolgreich
HEK darf Beitragserhöhung nicht verschleiern
Eine gesetzliche Krankenkasse, die erstmals einen Zusatzbeitrag erhebt oder diesen erhöht, muss ihre Mitglieder schriftlich informieren, dass ihnen deshalb ein Sonderkündigungsrecht zusteht. Die Verbraucherzentrale Hamburg fand, die Hanseatische Ersatzkasse HEK sei dieser Pflicht Ende 2015 nur sehr verschleiert nachgekommen. Das Landgericht Hamburg hat diese Auffassung nun bestätigt.
Zum Jahreswechsel 2015/2016 hatten viele Krankenkassen ihren Zusatzbeitrag erhöht. Unter anderem die Verbraucherzentralen hatten einen Blick darauf, wie die Kassen dies ihren Versicherten erklärten. Denn § 175 Abs. 4 Satz 5 und 6 SGB V bestimmen, dass der Versicherte im Fall einer Beitragserhöhung ein Sonderkündigungsrecht hat. Gemeinhin sind Versicherte nämlich erst einmal 18 Monate an eine Kasse gebunden.
Die Verbraucherzentrale Hamburg fand einen Fall besonders dreist: den der HEK. Sie erhöhte ihren Beitragssatz 2016 und schrieb ihre Versicherten Ende 2015 mit einem Brief an, der nach Auffassung der Verbraucherschützer keinesfalls der gesetzlichen Hinweispflicht genügte. Gleich im ersten Satz des Briefes hieß es, dass der Zusatzbeitrag „weiterhin unter dem durchschnittlichen Zusatzbeitrag liegt”. Die Erhöhung des Beitragssatzes erwähnte die Kasse gar nicht – und das daraus resultierende Sonderkündigungsrecht drehte die HEK sogar zum eigenen Vorteil um. Sie schreib: „Mit jeder Änderung des individuellen Zusatzbeitragssatzes entsteht auch ein Kündigungsrecht. Deshalb empfehlen Sie uns gerne Freunden und Verwandten, die ebenfalls von den Vorteilen der Business-K(l)asse profitieren möchten.”
Laut Verbraucherzentrale hatte es ein Versicherter selbst bei einer Nachfrage schwer, genaueres zu erfahren. Auf die Frage, ob der Beitrag nun erhöht werde oder nicht und ein Sonderkündigungsrecht bestehe, habe die HEK nur wiederholt, dass sie mit einem Zusatzbeitrag von 1,0 Prozent um 0,1 Prozentpunkte unter dem durchschnittlichen Zusatzbeitrag liege. Erst auf nochmalige ausdrückliche Nachfrage, „ob der Zusatzbeitrag trotz des wirtschaftlichen Handelns und einer effektiven Verwaltung ... steigt” sei in einem dritten Schreiben die Antwort gekommen: „... damit ist der Zusatzbeitrag um 0,2 % für Sie gestiegen. Im Jahr 2015 lag er bei 0,8 %.”
BVA schreitet nicht ein – Verbraucherzentrale erhebt Klage
Damit so missverständliche Schreiben keine Schule machen, schaltete die Verbraucherzentrale zunächst das Bundesversicherungsamt, die Aufsichtsbehörde der HEK, ein. Dieses konnte bei der HEK nur eine kleine Unregelmäßigkeit erkennen und versprach eine „Erörterung” mit der Kasse zur „Optimierung für zukünftige Fälle”. Das reichte den Verbraucherschützern nicht – sie forderten die HEK auf, eine Unterlassungserklärung zu unterzeichnen. Als die Kasse dies ablehne, klagte die Verbraucherzentrale.
Mit Erfolg: Das erstinstanzliche Urteil des Landegerichts Hamburg ist mittlerweile rechtskräftig. Die HEK hatte eingewandt, dass sie mit dem Satz: „Mit jeder Änderung des individuellen Zusatzbeitragssatzes entsteht auch ein Kündigungsrecht“ sehr wohl auf das Sonderkündigungsrecht hingewiesen habe. Sie verwies zudem darauf, dass keine Wiederholungsgefahr bestehe, weil das BVA angekündigt habe, die Musterschreiben der Kasse künftig gemeinsam zu erörtern und anzupassen.
Doch das Landgericht folgte der Argumentation der Verbraucherschützer: Die HEK kläre in ihrem Schreiben nicht hinreichend über das durch die Erhöhung des individuellen Zusatzbeitrags konkret entstandene Sonderkündigungsrecht ihrer Mitglieder auf. Damit erfülle sie nicht die gesetzlichen Voraussetzungen. Die Kasse stelle gerade keinen Zusammenhang zwischen der eigenen Erhöhung des individuellen Zusatzbeitrags und einem Kündigungsrecht her. Vielmehr habe sie die Information über das Kündigungsrecht an die Aufforderung geknüpft, Freunden und Verwandten den Übertritt zur HEK zu empfehlen. Im Urteil heißt es letztlich resümierend: „Das Schreiben verschleiert gerade die Möglichkeit der Kündigung, statt darüber aufzuklären”.
Das Gericht sieht zudem durchaus eine Wiederholungsgefahr. Um diese auszuschließen, hätte die Kasse eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben müssen. Dem Einwand der HEK, sie sei als Körperschaft öffentlichen Rechts an Recht und Gesetz gebunden (Art. 30 Abs. 3 Grundgesetz), misst das Gericht auch keine hohe Bedeutung zu. Denn: „eine Bindung an Recht und Gesetz [bedeute] noch nicht, dass sich der jeweilige Adressat auch daran hält”.
Urteil des Landgerichts Hamburg vom 11. Juli 2017, Az. 312 O 290/16
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