Risiko Prüfungsunfähigkeit

Pharmazieprüfung: Wer sich krank fühlt, sagt es besser gleich

Berlin - 09.03.2018, 09:00 Uhr

Wer sich krank zur Prüfung schleppt und das erst sagt, wenn er weiß, dass er durchgefallen ist, ist zu spät dran. (Foto: Moritz Wussow / stock.adobe.com)

Wer sich krank zur Prüfung schleppt und das erst sagt, wenn er weiß, dass er durchgefallen ist, ist zu spät dran. (Foto: Moritz Wussow / stock.adobe.com)


Zu spät: Eine einstige Pharmaziestudentin muss sich damit abfinden, dass sie ihre Hochschulprüfung endgültig nicht bestanden hat. Ihre Klage gegen einen entsprechenden Bescheid der Uni scheiterte. Unter anderem hatte sie sich darauf berufen, sie sei während der Prüfung in ihrer Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt gewesen. Sie habe nicht wissen können, dass die Medikamente, die sie nahm, einen solchen Einfluss auf ihre Konzentration nehmen würden. Das machte sie allerdings erst geltend, als die Prüfungsergebnisse bereits vorlagen.

„Versäumt es ein Prüfling, obwohl er von einer bei ihm bestehenden Krankheit Kenntnis hat, sich vor Antritt der Prüfung bei seinem Arzt über mögliche Leistungsbeeinträchtigungen durch diese zu informieren, trägt er jedenfalls dann das Risiko seiner Prüfungsunfähigkeit, wenn er die Leistungsbeeinträchtigung erst nach Bekanntwerden des Prüfungsergebnisses geltend macht.“ Dies ist der entscheidende Leitsatz eines aktuellen Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH).

Hinter diesem recht verwinkelten Satz steckt das Klageverfahren einer früheren Pharmaziestudentin, die ihr Examen nicht bestanden hat. Die Uni bedachte sie daher mit einem Bescheid, mit dem das endgültige Nichtbestehen des Pharmaziestudiums festgestellt wurde. Gegen diesen erhob sie zunächst Widerspruch, dann klagte vor dem Verwaltungsgericht – ohne Erfolg. Daraufhin zog sie vor den VGH. Dort machte die Klägerin „ernstliche Zweifel an der Richtigkeit“ des verwaltungsgerichtlichen Urteils geltend. Doch der VGH fand, solche Zweifel liegen nicht vor beziehungsweise seien nicht ausreichend dargelegt. Daher ließ er die Berufung gegen das vorinstanzliche Urteil gar nicht erst zu.  

So sei das Verwaltungsgericht etwa zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin nicht erfolgreich einwenden könne, verschiedene Fragestellungen in der Prüfung seien in den Vorlesungen nicht behandelt worden. Nach § 17 Abs. 1 der Approbationsordnung für Apotheker (AAppO) erstreckt sich der Erste Abschnitt der Pharmazeutischen Prüfung (unter anderem) auf die Fächer „Allgemeine, anorganische und organische Chemie“. Nach Absatz 3 der Vorschrift müssen die Fragen auf den in der Anlage 13 festgelegten Prüfungsstoff abgestellt sein. Die Klägerin habe nicht dargelegt, dass die Fragen nicht Gegenstand dieses Prüfungsstoffs gewesen seien. Soweit sie sich darauf berufe, dass der abgefragte Stoff in der Vorlesung nicht vermittelt worden sei, sei dies unmaßgeblich. Die Vorbereitung auf das berufliche Tätigkeitsfeld finde nämlich gleichermaßen durch Lehre und Studium statt. Es sei also (auch) Aufgabe des jeweiligen Studenten, sich adäquat und selbstverantwortlich anhand von einschlägigen Lehrbüchern mit dem Prüfungsstoff vertraut zu machen.

Prüfungsfähig oder nicht? Das muss der Prüfling selbst wissen

Die Klägerin wandte gegenüber dem VGH aber auch ein, das Verwaltungsgericht habe es zu Unrecht unberücksichtigt gelassen, dass sie die genauen Auswirkungen ihrer Erkrankung nicht gekannt habe und nicht habe wissen können, dass die Medikamenteneinstellung über einen längeren Zeitraum erheblichen Einfluss auf ihre Konzentrationsfähigkeit habe. Doch die Richter am VGH meinen, das Verwaltungsgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass ein Prüfling die Umstände, die seine Leistungsfähigkeit während der Prüfung erheblich vermindern, substantiiert und zeitnah („unverzüglich“) geltend zu machen hat. „Dies gilt insbesondere – wie im Fall der Klägerin – auch für den Prüfling, der an der Prüfung teilnimmt und die Mitteilung der Prüfungsergebnisse abwartet, um anschließend geltend zu machen, während der Prüfung aus Krankheitsgründen (unerkannt) in der Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt gewesen zu sein“.

Die Klägerin habe von ihrem Krankheitszustand gewusst, aber auf eigenen Wunsch an Prüfungen teilgenommen, obwohl einem ärztlichen Attest zufolge „die begonnene Medikamenteneinstellung noch deutlich insuffizient“ gewesen sei.  Sie habe somit bewusst das Risiko auf sich genommen, nicht voll leistungsfähig zu sein. Für die Feststellung der Prüfungs(un)fähigkeit sei in erster Linie der Prüfling selbst verantwortlich, so der VGH. Er habe sich darüber Klarheit zu verschaffen, ob seine Leistungsfähigkeit durch außergewöhnliche Umstände erheblich beeinträchtigt ist. Wenn das so sein sollte, müsste er „ohne schuldhaftes Zögern“, die Konsequenzen ziehen und den Rücktritt von der Prüfung erklären.

Die Klägerin hatte sich zudem beschwert, dass Erst- und Zweitkorrektor bei einer Aufgabe zu unterschiedlichen Bewertungen kam. Zudem sei die Prüfungszeit zu knapp gewesen – doch auch dies ließ die Richter am VGH nicht an der Richtigkeit des vorinstanzlichen Urteils zweifeln. 

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 16.01.2018, Az.: 7 ZB 17.1464



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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