Pilotprojekt

Belgien und Luxemburg testen elektronische Packungsbeilage

Remagen - 12.04.2018, 11:55 Uhr

In einem Pilotprojekt wollen Belgien und Luxemburg bei bestimmten Arzneimitteln keine Papier-Packungsbeilage mehr ausgaben, sondern sie nur noch digital anbieten. (Foto: Imago)

In einem Pilotprojekt wollen Belgien und Luxemburg bei bestimmten Arzneimitteln keine Papier-Packungsbeilage mehr ausgaben, sondern sie nur noch digital anbieten. (Foto: Imago)


In Belgien und Luxemburg soll in einem Pilotprojekt getestet werden, ob die gedruckte Packungsbeilage nicht durch eine elektronische Version ersetzt werden kann, allerdings zunächst nur im Krankenhaus.

In Belgien und Luxemburg werden Pharmafirmen gesucht, die Interesse haben, sich an einem Pilotprojekt zu elektronischen Packungsbeilagen (e-PIL) zu beteiligen. Die Packungen würden dann nicht mehr mit einer Papierversion der Gebrauchsinformation bestückt. Statt dessen sollen die Anwender diese aus verläßlichen Quellen im Internet abrufen können. Das Projekt soll zeigen, ob die elektronische PIL Patienten und medizinischem Fachpersonal ebenso Auskunft über die sichere und wirksame Anwendung der Medikamente geben kann wie die Print-Version.

Zwanzig Arzneimittel gesucht

In dem Pilotprojekt soll dies aber zunächst nicht im ambulanten Bereich untersucht werden, sondern nur im Krankenhaus. Eingeschlossen werden maximal zwanzig ausgewählte zentral zugelassene Arzneimittel, die in Belgien und/oder Luxemburg auf dem Markt sind und deren Einsatz auf den stationären Bereich beschränkt ist. Bis zum 30. April 2018 sollen die Pharmaunternehmen Vorschläge für entsprechende Präparate einreichen. Diese werden dann von den Gesundheitsbehörden in Belgien und Luxemburg daraufhin überprüft, ob sie sich für das Pilotprojekt eignen.

Wo ist die PIL einsehbar?

Damit es in der Praxis keine Verwirrung gibt, sollen die Krankenhausapotheker vorab darüber informiert werden, wie das Projekt funktioniert, einschließlich der damit verbundenen regulatorischen Aspekte. In der Mitteilung sollen zudem die einbezogenen Arzneimittel aufgelistet werden, zusammen mit einer Kontaktperson bei jeden Zulassungsinhaber im Falle von Fragen. Weiterhin sollen die nationalen vertrauenswürdigen Quellen angegeben werden, die für den Zugriff auf die elektronische Version der PIL im Zusammenhang mit dem Pilotprojekt verwendet werden können. Derzeit werden die folgenden Bezugsquellen für die Dokumente vorgeschlagen:

Ausreichende Transparenz unabdingbar

Die Chargen der einbezogenen Arzneimittel werden dann bei den Pharmaunternehmen ohne gedruckte Packungsbeilage für das Inverkehrbringen freigegeben und direkt an die Krankenhäuser in Belgien und Luxemburg geliefert. Jeder Charge wird ein Schreiben beigefügt, um die Aufmerksamkeit der Apotheker auf die Medikamente zu lenken und die Aufnahme in den Piloten zu bestätigen. Die Krankenhausapotheker dürfen die betreffenden Arzneimittel nicht direkt an Patienten abgeben. Außerdem müssen die Kontaktpersonen beim Zulassungsinhaber die jeweiligen nationalen Behörden über die einbezogenen Chargennummern und Freigabe-Termine für die Produkte informieren. Damit soll jeder ausreichend informiert sein, warum welches Arzneimittel in dieser Zeit keine Packungsbeilage hat. Da dies nach dem europäischen Arzneimittelrecht nicht zulässig ist, mußte für das Projekt extra eine Sondergenehmigung durch die Europäische Kommission eingeholt werden.

Das Pilotprojekt soll am 1. August 2018 gestartet werden. Ab diesem Datum dürfen dann für einen begrenzten Zeitraum von 21 Monaten Chargen von Arzneimitteln ohne Print-Beipackzettel freigegeben werden. Die letzte Freigabe soll vor dem 30. April 2020, das heißt drei Monate vor Ablauf der Projektphase erfolgen.

Was wird untersucht?

Zur Bewertung der Ergebnisse werden die Krankenhausapotheker zu Beginn, in der Mitte (nach einem Jahr) und am Ende des Projekts gefragt, wie sie den Zugang, die Nutzung und das Lesen von elektronischen PILs bewerten. Dabei wird auch das Feedback von den Angehörigen der Gesundheitsberufe in den Krankenhäusern mit erfaßt. Die beteiligten Pharmaunternehmen werden in der Mitte und am Ende des Projekts befragt, welche Erfahrungen sie mit den Anfragen gemacht haben, die wegen des Fehlens der Papier-PIL in der Verpackung bei ihnen eingegangen sind.  

Pilotprojekt in Deutschland zu technischen Konzepten

Im Juli 2016 hatte ein Team, bestehend aus der Rote Liste Service GmbH, mehr als einem Dutzend pharmazeutischen Firmen, Patienten, Apothekern, Behörden sowie dem  Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) und dem Verband Forschender Pharma-Unternehmen (vfa) ebenfalls ein Pilotprojekt zur digitalen Gebrauchsinformation für Patienten gestartet. Ziel ist die Definition gemeinsamer Standards für die IT-Infrastruktur und deren Prüfung auf Praxistauglichkeit und Nutzerfreundlichkeit. Das Projekt ist ebenfalls auf zwei Jahre angelegt.

Die Intention ist einleuchtend und verlockend: digitale Packungsbeilagen sind besser verfügbar und können wahrscheinlich schneller aktuell gehalten werden. Sie könnten zukünftig über das Smartphone und eine Website zur Verfügung stehen. Der Weg bis dahin ist aber wahrscheinlich noch weit, zum einen wegen technischer und zum anderen wegen rechtlicher Fragen, denn die Packungsbeilage hat für die Pharmaunternehmen eine erhebliche haftungsrechtliche Bedeutung. Es gibt sie zwar auch jetzt schon vielfach online, aber nicht statt, sondern nur zusätzlich zur gesetzlich geforderten Papierversion.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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