Treffen mit Sozialleistungsempfängerin

Spahn will Hartz IV nicht selbst testen

Berlin - 30.04.2018, 07:00 Uhr

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat sich mit einer Hartz-IV-Empfängerin getroffen. (Foto:Imago)

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat sich mit einer Hartz-IV-Empfängerin getroffen. (Foto:Imago)


Wie angekündigt, hat sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am vergangenen Wochenende mit der Hartz-IV-Kritikerin Sandra Schlensog getroffen. Nach dem Treffen erneuerte er seine Äußerung, dass Hartz-IV-Empfänger aus seiner Sicht das Nötigste zum Leben bekommen. Der Aufforderung, einen Monat lang selbst testweise von der sozialen Grundsicherung zu leben, will der Minister nicht nachkommen.

Mit seiner Äußerung, Hartz IV bedeute nicht Armut, hatte Spahn vor einigen Wochen eine heftige Debatte ausgelöst. Die arbeitslose und alleinerziehende Schlensog hat Spahn bei dem gestrigen Treffen eine Online-Petition mit rund 210.000 Unterschriften überreicht, in der er aufgefordert wird, einen Monat lang von Hartz IV zu leben. Der Minister nannte es bemerkenswert, wie viele Unterschriften zusammengekommen sind. „Allerdings denke ich, dass es viele Bürger eher als Farce empfänden, wenn ich als Bundesminister versuchte, für einen Monat von Hartz IV zu leben. Denn zu offenkundig käme mein beruflicher Alltag auch dann der realen Lage eines Hartz-IV-Empfängers nicht nahe.“

Spahn nannte es „hilfreich, mit Frau Schlensog die konkreten Probleme ihres Alltags zu besprechen“. Und er räumte ein: „Mit Hartz IV zu leben, ist ohne Zweifel schwierig, denn es deckt als soziale Grundsicherung nur das Nötigste ab.“ Zugleich lobte er Schlensogs Bemühungen, Arbeit zu finden und daneben eine so beeindruckende Kampagne auf die Füße zu stellen. „Das zeigt aus meiner Sicht, dass die Grundsicherung funktioniert und eine Teilnahme am sozialen und politischen Leben ohne existenzielle Not möglich ist.“

Schlensog nannte es schade, dass Spahn sich auf das Experiment nicht einlasse, seine Einwände seien aber nicht völlig von der Hand zu weisen. Die Karlsruherin hatte Spahn vor mehreren Wochen für seine Aussage kritisiert, dass Hartz IV nicht Armut bedeute, sondern die Antwort der Solidargemeinschaft auf Armut sei. Spahn hatte sie daraufhin angerufen und ihr ein Gespräch unter vier Augen angeboten.

Vor dem Treffen in der Wohnung der 40-Jährigen demonstrierten etwa 100 Menschen in der Innenstadt. Die Teilnehmer forderten mehr Geld und eine bessere Behandlung von Beziehern der Sozialleistung. „Wir sind hier, weil es Zeit ist aufzustehen“, sagte Schlensog bei dem Protest in der badischen Stadt. Dem Minister warf sie vor, mit seinen Aussagen auf denen herumzutrampeln, die sich am wenigsten wehren könnten. „Herr Spahn, leugnen Sie nicht weiter die Armut, die Hartz IV verursacht. Schämen Sie sich“, sagte sie vor dem Treffen mit dem Minister.


bro / dpa
brohrer@daz.online


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