Migräne-Prophylaxe

FDA erteilt Migräne-Antikörper Erenumab die Zulassung

Stuttgart - 22.05.2018, 13:30 Uhr

Erenumab: Der erste prophylaktische Antikörper bei Migräne erhält die FDA-Zulassung. (Foto: imago)

Erenumab: Der erste prophylaktische Antikörper bei Migräne erhält die FDA-Zulassung. (Foto: imago)


Die US-Arzneimittel- und Zulassungsbehörde FDA hat dem ersten Antikörper zur prophylaktischen Migränetherapie den Marktzugang verschafft. Amgens Erenumab in Aimovig richtet sich gegen den Rezeptor des Calcitonin Gene Related Peptide (CGRP). Für Europa prüft die EMA die Zulassung derzeit noch.

Reaktionen an der Injektionsstelle und Verstopfung – das sind laut FDA die klinisch bislang am häufigsten beobachteten Nebenwirkungen einer Therapie mit Erenumab. Die amerikanische Arzneimittelbehörde hat dem Migräne-Antikörper Mitte Mai 2018 die Zulassung erteilt. Der Antikörper soll Patienten nicht in der Akutphase einer Migräneattacke helfen, sondern wird zur Prophylaxe bei chronischer Migräne eingesetzt. Amgen vermarktet Erenumab in den USA unter dem Fertigarzneimittelnamen Aimovig. Novartis besitzt die Vermarktungsrechte für Europa.

Wie wirkt Erenumab?

Erenumab bindet selektiv an den Rezeptor des Calcitonin Gene-Related-Peptide (CGRP). CGRP ist als proinflammatorisches Neuropeptid stark gefäßerweiternd und zentral an der Schmerzauslösung sowie der neurogenen Entzündung beteiligt. Da Patienten während akuter Migräneattacken erhöhte CGRP-Spiegel aufweisen, wird CGRP eine entscheidende Rolle bei der Vermittlung des Migräne-Schmerzes zugeschrieben. Die CGRP-These wird dadurch erhärtet, dass Injektionen des Neuropeptids bei Migränikern Anfälle auslösen können.

Erenumab: Sicher fürs Herz?

Erenumab wurde in drei klinischen Studien untersucht, zwei davon waren Phase-III-Studien, die andere eine pivotale Phase-II-Studie. Letztere prüfte – neben der Reduktion von Migräne-Tagen – insbesondere auch die kardiovaskuläre Sicherheit von Erenumab. Die Frage war: Eignet sich der präventive Migräne-Antikörper auch für Migräniker mit stabiler Angina pectoris? Wie Novartis anlässlich des International Headache Society-Kongresses im September 2017 berichtete, gibt es bislang keine signifikanten Unterschiede zwischen Placebo und Erenumab mit einer Dosierung von 140 mg hinsichtlich des Auftretens des Angina pectoris Schmerzes und myokardialer Ischämien sowie EKG-Veränderungen unter Belastung.

Möglichkeiten der Migräneprophylaxe bislang überschaubar

Bislang gab es keine Behandlungsoptionen, die spezifisch auf die Prävention von Migräne abzielt. Ärzte setzen für diese Indikation verschiedene Wirkstoffklassen ein, die primär für andere Indikationen entwickelt wurden, zum Beispiel Betablocker oder Antiepileptika. Die aktuelle Leitlinie zur Therapie der Migräne und Migräne-Prophylaxe nennt die Betablocker Metoprolol und Propranolol, den Kalziumantagonisten Flunarizin, die Antikonvulsiva Topiramat und Valproinsäure und Amitriptylin als am besten untersuchte Wirkstoffe. Ebenfalls wirksam sind laut den Experten Bisoprolol und Sartane. Diese seien allerdings weniger gut untersucht. Bei chronischer Migräne können auch Topiramat und OnabotulinumtoxinA zum Einsatz kommen.

Frauen leiden etwa dreimal häufiger an Migräne als Männer, weltweit trifft die neurologische Erkrankung etwa 10 Prozent der Bevölkerung.

Studien zu Erenumab

Die pivotale Phase-II-Studie lief an 667 Patienten, die alle unter chronischer Migräne leiden. Eine solche liegt bei mehr als 15 Kopfschmerztagen pro Monat vor, von denen mindestens acht Migräne-Tage sind. Die Beschwerden müssen über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten andauern. Die eingeschlossenen Studienteilnehmer litten durchschnittlich an 18 Tagen im Monat unter Migräne und erhielten in der Untersuchung einmal pro Monat entweder ein subkutan appliziertes Placebo oder Erenumab in einer Dosis von 70 mg beziehungsweise von 140 mg. Bei den mit Placebo behandelten Patienten reduzierten sich die Migränetage um 2,7 Tage. Patienten mit 70 mg Erenumab hatten durchschnittlich 5,4 Migränetage weniger im Monat. Bei einer Gabe von 140 mg verringerten sich die Attacken um eine Woche.

An der sechsmonatigen Phase-III-Studie Strive nahmen 955 Patienten teil. Die Patienten litten vor der Behandlung im Mittel an 8,3 Tagen pro Monat an Migräneattacken. Strive unterteilte die Patienten in Kollektive: Eine Gruppe erhielt 70 mg Erenumab monatlich, die zweite 140 mg Erenumab. Im dritten Studienarm therapierten die Ärzte die Migräne-Patienten mit Placebo. Bei Patienten unter der höheren Erenumab-Dosis von 140 mg monatlich subkutan, reduzierten sich die Migränetage signifikant um 3,7 Tage. Mit 70 mg Erenumab litten die Patienten im Durchschnitt an 3,2 Tagen pro Monat weniger an Migräne. Patienten unter Placebo hatten im Durchschnitt nur 1,8 weniger monatliche Migränetage.

In der Phase-III-Studie Arise hatten insgesamt 577 Migräne-Patienten entweder Erenumab oder ein Placebo erhalten. Bei den Patienten, die das Medikament erhielten, wurde eine statistisch signifikante Reduktion von 2,9 Migräne-Tagen verzeichnet gegenüber einer von 1,8 Tagen in der Placebo-Gruppe. Das Sicherheitsprofil von AMG 334 sei ähnlich zu dem des Placebos, heißt es in einer Mitteilung des Herstellers.

Welche Pharmakonzerne stecken hinter Ereneumab?

Erenumab stammt aus der gemeinsamen Pipeline von Amgen und Novartis. Amgen besitzt die Vermarktungsrechte für die Vereinigten Staaten, Kanada und Japan, Novartis hingegen für den Rest der Welt, also auch Europa. Die europäische Arzneimittelagentur ist allerdings mit dem Prüfverfahren für Erenumab nicht so weit fortgeschritten wie die FDA.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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