Kette inklusive Versandhandel

Amazon will indische Apothekenkette übernehmen

Remagen - 06.08.2018, 09:05 Uhr

Nach der Übernahme des US-Versandhändlers PillPack steht der Online-Riese Amazon nun kurz davor, auch in Indien eine Versandapotheke inklusive Apothekenkette zu übernehmen. ( r /Foto: Imago)

Nach der Übernahme des US-Versandhändlers PillPack steht der Online-Riese Amazon nun kurz davor, auch in Indien eine Versandapotheke inklusive Apothekenkette zu übernehmen. ( r /Foto: Imago)


In Indien steckt der Versandhandel mit Arzneimitteln zwar noch in den Kinderschuhen, aber die Zeichen stehen auf Expansion. Wegen der rosigen Aussichten steht eventuell eine Flut von Fusionen und Übernahmen an. Der E-Commerce-Riese Amazon hat bereits einen Fuß in der Tür. Er will sich die indische Apothekenkette MedPlus inklusive deren Online-Handel einverleiben.

Noch ist das Geschäft mit Versandapotheken in Indien kein bedeutender Faktor. Im Moment soll es auf dem Subkontinent rund 280 e-pharmacy Startups geben, darunter einige größere wie Netmeds, 1mg, Sasta Sundary, Pharmeasy and Myrameds. Dem stehen laut Research and Markets mehr als 850.000 Apotheken gegenüber. Auf diese entfallen 99 Prozent des Jahresumsatzes mit Arzneimitteln. Die Online-Apotheken kommen bis dato auf nicht mehr als 1 Prozent.

Die traditionellen Vor-Ort-Apotheken können aber nur 60 Prozent des therapeutischen Bedarfs des Landes decken. Das schafft viel Luft für den Online-Handel, vor allem in schlechter versorgten Regionen. Tatsächlich könnte dieser Experten-Schätzungen zufolge bis zum Jahr 2025 auf 10 bis 15 Prozent des Gesamtmarktes zulegen.

Bislang noch kein „Deal“, aber ernste Absichten

Wegen der attraktiven Wachstumsprognosen haben international agierende Player schon jetzt ein begieriges Auge auf den Markt geworfen. In jüngster Zeit mehren sich Presseberichte, wonach Indiens zweitgrößte Apothekenkette MedPlus als nächste auf Amazon´s Einkaufszettel steht. MedPlus mit Sitz in Hyderabad ist mit über 1500 Apotheken nicht nur „offline“ präsent, sondern betreibt auch einen Arzneimittelversandhandel.

Nach Informationen von Mitte Juli sollen sich die Gespräche zwischen den beiden Unternehmen noch im Stadium der Vorprüfung befinden. Von einem „Deal“ könne bisher nicht die Rede sein, aber Amazon sei es auf jeden Fall ernst mit dem Einstieg ins indische Apothekengeschäft. Der Online-Riese hatte erst vor kurzem die US-amerikanische Versandapotheke PillPack erworben, für eine Milliarde US-Dollar.

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Der US-Fernsehsender CNBC hatte dies als bislang stärkstes Indiz für Amazons Absicht gedeutet, weiter in die Gesundheitsbranche vorzudringen. Das betrifft offensichtlich nicht nur das US-Territorium.

Investoren stehen Schlange

Amazons geplante Übernahme von MedPlus könnte, wenn sie Wirklichkeit wird, noch mehr Fusionen und Übernahmen im indischen e-Apotheken-Segment auslösen und damit eine Konsolidierung der Branche im Land herbeiführen, mutmaßt der CEO der Online-Apotheke Netmeds.com Pradeep Dadha, in dem indischen Fachportal „pharmabiz.com“.

Dadha kann dazu auf eigene Erfahrungen verweisen. Netmeds habe von Anfang an internationale Investoren angelockt, zunächst Orbimed, einen in den USA ansässigen globalen Healthcare Investment-Fonds, gefolgt dem kambodschanischen Fonds Tancamm und dem russischen Fonds Sistema. „Aus unserer Perspektive ist das internationale Interesse an diesem Bereich deswegen nicht neues“, erklärt Dadha.

Flipkart ebenfalls auf der Suche

Neben Amazon soll auch dessen Rivale Flipkart auf der Pirsch sein, um seinen Betrieb mit dem Ankauf von e-Apotheken zu diversifizieren. Es wird gemunkelt, Flipkart sei mit bestimmten indischen Online-Apotheken wie 1mg und PharmEasy im Gespräch, um diese an sich zu binden oder zu erwerben. Der Mitbegründer von PharmEasy, Dhaval Shah, bezeichnet Berichte über eine etwaige Übernahme gegenüber „pharmabiz.com“ derzeit als unwahr. „Wir reden mit mehreren Playern wegen strategischer Allianzen“, sagt Shah.

Neues Recht für den Arzneimittel-Versandhandel

Ende April hatte die indische Zentralregierung einen Vorschlag zur Regulierung von Versandapotheken vorgelegt. Bisher ist der Sektor landesweit nicht von einer eigens dafür konzipierten Rechtsvorschrift erfasst und in den Bundestaaten uneinheitlich geregelt. Das soll nun anders werden. Geplant ist eine zentrale Registrierung von Online-Apotheken bei der Central Drugs Standard Control Organisation (CDSCO).

Die Lizenz soll alle drei Jahre zu verlängern sein. Der ordnungsgemäße Betrieb der Einrichtungen soll alle zwei Jahre überwacht werden. Die Versandapotheken sollen dazu verpflichtet werden, mindestens zwölf Stunden pro Tag eine Fachberatung für die Kunden vorzuhalten. Die Abgabe bestimmter Arzneimittelgruppen, wie Narkotika, Psychopharmaka und Tranquilizer im Wege des Versandes soll nicht erlaubt werden, ebenso wenig wie die Werbung für Arzneimittel im Online-Handel. 



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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