Apothekenklima-Index 2018

Schlechtes Klima für die Apotheke

09.10.2018, 16:00 Uhr

Stressfaktor Nummer eins für die Apotheker ist die Bürokratie. Auf Platz zwei folgen die Retaxationen durch die Krankenkassen. (s / Foto: shock / stock.adobe.com)

Stressfaktor Nummer eins für die Apotheker ist die Bürokratie. Auf Platz zwei folgen die Retaxationen durch die Krankenkassen. (s / Foto: shock / stock.adobe.com)


Zum dritten Mal hat die ABDA 500 Apothekeninhaber zu ihrer wirtschaftlichen Situation befragt. Der am heutigen Dienstag vorgestellte Apothekenklima-Index zeigt: Die Situation der Apotheken in Deutschland hat sich weiter verschlechtert – und die Bürokratie hat zugenommen.

Die Stimmung der Apotheker ist schlecht, das zeigt der am Vortag des Deutschen Apothekertags in München vorgestellte Apothekenklima-Index 2018 der ABDA eindrucksvoll. Und sie hat sich im Vergleich zum ersten Index, der vor zwei Jahren ebenfalls in München präsentiert wurde, noch verschlechtert.

Hatten 2016 rund 51 Prozent der befragten 500 Apothekeninhaber eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Entwicklung der Apothekenbrache erwartet, sind es in diesem Jahr 71 Prozent. Und auch die Erwartungen an die eigene Apotheke – die in der Regel positiver eingeschätzt wird als die Gesamtbranche – hat sich deutlich eingetrübt: Insgesamt 46 Prozent der Befragten erwartet eine Verschlechterung der eigenen Situation, 2016 waren es nur 28 Prozent gewesen. Eine deutlich bessere Entwicklung ihrer eigenen Apotheke erwarten nur 2 Prozent (2016: 3 Prozent), eine etwas bessere 19 Prozent (2016: 30 Prozent).

Einstellungswillig trotz Pessimismus

Auswirkungen auf die Personalpolitik der Apotheken hat dieser Pessimismus jedoch noch nicht. Der Anteil der Apothekeninhaber, die im kommenden Jahr neues pharmazeutisches Personal einstellen wollen, liegt relativ stabil bei knapp über 40 Prozent: 2016 gaben 44 Prozent an, Apotheker oder PTA anstellen zu wollen, 2018 waren es 42 Prozent. Rund 6 Prozent planen die Einstellung von nicht-pharmazeutischen Angestellten. Allerdings erwarten die Inhaber Schwierigkeiten, eine neue oder frei werdende Stelle auch besetzen zu können. Ein Drittel rechnet mit gar keinem, fast 39 Prozent mit maximal einem einzigen Bewerber auf eine Apothekerstelle. Bei den PTA sieht die Situation ein wenig besser aus, hier rechnen „nur“ 17 Prozent mit keiner einzigen und 35 Prozent mit maximal einer Bewerberin. Da wundert es auch nicht, dass die Zahl der Apothekeninhaber, die Mitarbeiter entlassen wollen, konstant niedrig bei etwa 10 Prozent liegt.

Bürokratie, Retaxationen und Lieferengpässe machen Stress

Vom viel beschworenen Bürokratieabbau scheinen die Apotheker nichts zu spüren, im Gegenteil ist die Zahl derer, die sich über den Verwaltungsaufwand beschweren, seit 2016 von 81 auf nun 87 Prozent gestiegen. Damit bleibt die Bürokratie der Stressfaktor Nummer eins für die Apotheker. Auf Platz zwei folgen weiterhin die Retaxationen durch die Krankenkassen, allerdings hat ihre Nennung etwas abgenommen. Haben die Absetzungen 2016 noch 73 Prozent der Apotheker gestresst, sind es aktuell „nur noch“ 61 Prozent. Zugenommen hat dagegen der Stress, den die Lieferengpässe bei Arzneimitteln verursachen. Ihre Nennung stieg von 52 Prozent im Jahr 2016 auf jetzt 58 Prozent. Weitere Ärgernisse in den Apotheken: die Hilfsmittelversorgung (55 Prozent), die unzureichende Honorierung von Leistungen wie die Rezeptur (50 Prozent) und die Rabattverträge (35 Prozent). Die Erfüllung der immer wieder umstrittenen Importquote scheint dagegen relativ reibungslos zu funktionieren. Nur bei 8 Prozent der Apotheker löst sie Stress aus.

Wo Stress ist, ist auch Motivation…

Auch nach erfreulichen Umständen ihrer Arbeit wurden die 500 Apothekeninhaber befragt. Unverändert auf den Plätzen Eins bis Drei der Apotheken-Motivatoren: Die Beratung und der persönliche Kontakt zu den Patienten (78 Prozent), die Selbstständigkeit und Unabhängigkeit beziehungsweise Freiberuflichkeit (66 Prozent) und der wirtschaftliche Erfolg (53 Prozent).

Als wichtigste Priorität auf dem Feld der Gesundheitspolitik nannten die Apotheker die Planungssicherheit, also stabile Rahmenbedingungen wie beispielsweise die Preisbindung bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln oder den Erhalt des Fremdbesitzverbots. Das Sicherheitsbedürfnis ist dabei noch gestiegen, rund 86 Prozent der Apotheker wünschen sich mehr Planungssicherheit. 2016, noch vor dem EuGH-Urteil, waren es 74 Prozent gewesen. „Die Wiederherstellung des einheitlichen Abgabepreises ist für die Kollegen ein total wichtiges Thema“, betonte Friedemann Schmidt. Nach der sich nun schon fast zwei Jahre hinziehenden Hängepartie um die gesetzgeberische Antwort auf das EuGH-Urteil vom Oktober 2016 keine überraschende Entwicklung.

Wenig verwunderlich auch, dass auf den Plätzen zwei und drei stabile beziehungsweise bessere wirtschaftliche Rahmenbedingungen (74 Prozent) und der Bürokratieabbau (71 Prozent) folgen



Dr. Benjamin Wessinger (wes)
redaktion@daz.online


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