Nach Tsunami

Apotheker leisten koordinierte Nothilfe in Indonesien

Berlin - 16.10.2018, 11:30 Uhr

Der Tsunami forderte tausende Opfer und richtete auf der indonesischen Insel Sulawesi große Zerstörungen an. In Indonesien sind die Aufauarbeiten in vollem Gange - von medizinischer und pharmazeutischer Seite werden keine internationalen Hilfskräfte mehr benötigt.  ( r / Foto: Imago)

Der Tsunami forderte tausende Opfer und richtete auf der indonesischen Insel Sulawesi große Zerstörungen an. In Indonesien sind die Aufauarbeiten in vollem Gange - von medizinischer und pharmazeutischer Seite werden keine internationalen Hilfskräfte mehr benötigt.  ( r / Foto: Imago)


Am 28. September dieses Jahres überflutete ein Tsunami die indonesische Insel Sulawesi. Wie reagierten deutsche Hilfsorganisationen auf die Katastrophe? Auf der diesjährigen Expopharm berichteten „Apotheker ohne Grenzen“ und „Apotheker helfen“ am Beispiel Indonesien, wie sie in Abstimmung mit den lokalen Behörden bei einem Nothilfeeinsatz vorgehen.

Nach dem Beben kam die Flut: Am 28. September hatte ein starkes Erdbeben der Stärke 7,4 die indonesische Insel Sulawesi erschüttert und eine sechs Meter hohe Flutwelle ausgelöst. Der Tsunami richtete große Zerstörungen in der Hauptstadt Palu an. Mehr als 2000 Menschen starben. Viele Bewohner sind verletzt.

Nothilfe nur nach Aufforderung

Bei einer Naturkatastrophe wie dieser wird häufig medizinische und pharmazeutische Unterstützung von außen benötigt. Auch die beiden Hilfsorganisationen, „Apotheker ohne Grenzen“ und „Apotheker helfen“, waren in Alarmbereitschaft. Auf der diesjährigen Expopharm berichteten die beiden Organisationen, welche Maßnahmen sie zur Unterstützung in Indonesien getroffen haben. 

Der eine oder andere Standbesucher hat sich vielleicht gefragt, weshalb die Einsatzkräfte nicht unmittelbar nach der Katastrophenmeldung aktiv geworden sind. DAZ.online hat sich die Vorgehensweise von beiden Organisationen erklären lassen. Beide machten deutlich, dass ein Nothilfeeinsatz nur nach Aufforderung und in Koordination mit den lokalen Behörden erfolgen kann. Denn dem betroffenen Land ist nicht geholfen, wenn mehrere internationale Organisationen blindlings und unkoordiniert loslegen.

AoG war wenige Tage später vor Ort  

Die Voraussetzung, um überhaupt aktiv zu werden, ist ein internationaler Hilferuf, der vom Nothilfeland ausgeht, erklärten die Einsatzkräfte von Apotheker ohne Grenzen (AoG). Das Land entscheidet auch, ob und welche internationalen Hilfsorganisationen im Land tätig werden. Der Hilferuf aus Indonesien erfolgte kurz nach dem Tsunami, woraufhin sich Dr. Ralph Bültmann, AoG-Vorstandsmitglied und zwei Mitglieder der Partnerorganisation Navis e.V. am 2. Oktober auf den Weg nach Jakarta machten, um die Lage zu sondieren. Navis und AoG hatten ihre Ankunft zuvor bei der Krisen-Koordinierungsstelle AHA angemeldet, die für Indonesien zuständig ist.

Keine weiteren Einsatzteams erforderlich

Das dreiköpfige sogenannte Fact-Finding-Team von Navis und AoG machte sich in wenigen Tagen in Palu und Umgebung ein eigenes Bild von der Lage. Dr. Ralph Bültmann sprach mit vielen Ärzten und Institutionen im Einsatzgebiet: „Medikamente und Materialien sind vorhanden. Die medizinische Versorgung vor Ort schien mir ausreichend. Ein pharmazeutischer Hilfseinsatz mit weiteren Einsatzteams ist nicht erforderlich“, erläuterte Bültmann, der in Nepal umfangreiche Erfahrung mit Katastropheneinsätzen gesammelt hatte. Auch das AHA bestätigte am darauffolgenden Wochenende, dass keine medizinische oder pharmazeutische Nothilfe von internationalen Organisationen mehr benötigt würde. Das Fact-Finding Team reiste Anfang vergangener Woche wieder zurück nach Deutschland. 

DAZ.online/bj
AoG-Vorstandsmitglied Dr. Ralph Bültmann und Geschäftsführerin Eliette Fischbach berichteten auf der Expopharm über ihren Einsatz in Indonesien.

Nothilfe soll dahin gehen, wo sie wirklich benötigt wird und muss immer in Abstimmung mit dem betroffenen Land erfolgen, erklärte das AoG-Team in München.

AH sammelt für Tsunami-Opfer

DAZ.online hatte auch mit der pharmazeutischen Hilfsorganisation „Apotheker helfen“ (AH) gesprochen. Auch bei dieser Organisation steht die bedarfsgerechte und koordinierte Vorgehensweise im Vordergrund. „Die Menschen auf der Insel Sulawesi benötigen dringend Unterstützung. Um zielgerichtete Hilfe leisten zu können, ist ein Assessment-Team derzeit in Indonesien“, erklärte AH-Geschäftsführer Dr. Andreas Wiegand in München.

Zur Beurteilung der Lage sei die Partnerorganisation Lands Aid vor Ort, erklärte Wiegand am vergangenen Mittwoch, jedoch keine Einsatzkraft von AH. Während der Messe sammelte das AH-Team Spendengelder für Indonesien.

DAZ.online / bj
AH-Vorstandsmitglied Brigitte Gensthaler, ehrenamtliches Mitglied Sabine Wölfer und Geschäftsführer Dr. Andreas Wiegand sammelten auf der Expopharm für Indonesien.

Inzwischen hat auch Lands Aid die Situation beurteilt, erklärte Wiegand am vergangenen Freitag gegenüber DAZ.online. Die Arzneimittelbeschaffung erfolge momentan im Land. Gemeinsam mit Lands Aid unterstützt AH nun mit den gesammelten Spenden die indonesische Nicht-Regierungs-Organisation ACT, die medizinische Teams aus Ärzten, Krankenpflegern und Apothekern zur Verfügung stellt. Die Einreise von Einsatzkräften plant auch AH nach Informationen von DAZ.online nicht.

Hilfe orientiert sich am Bedarf

Die Flutwelle und die Todesopfer Ende September in Sulawesi waren dramatisch. Allerdings waren die Zerstörungen lokal begrenzt. Die Infrastruktur rund um das betroffene Gebiet blieb weitgehend erhalten, sodass ausreichend medizinisches Personal nach Palu gelangen konnte.

Das Beispiel Indonesien zeigt anschaulich, wie bedarfsorientierte Nothilfe funktioniert und in welchen Fällen sie auch zu begrenzen ist. Beide Apotheker-Hilfsorganisationen hatten zeitnah reagiert, ihre Kapazitäten dem tatsächlichen Bedarf angepasst die Entscheidungen des betroffenen Landes respektiert und sind nun bereit für den nächsten Hilfseinsatz.



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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