DAZ.online-Wahlcheck (Teil 2)

Was sagen die Parteien in Hessen zum Versandhandel und zur Rx-Preisbindung?

Berlin - 24.10.2018, 07:00 Uhr

In Hessen finden am Sonntag Landtagswahlen statt. Was können Apotheken von den Parteien erwarten? (Foto: Patrick Daxenbichler, Stimmzettel: RRF / stock.adobe.com)

In Hessen finden am Sonntag Landtagswahlen statt. Was können Apotheken von den Parteien erwarten? (Foto: Patrick Daxenbichler, Stimmzettel: RRF / stock.adobe.com)


Grüne und Linke

Was sagen die Grünen zur Rx-Preisbindung, Rx-Boni und dem EuGH-Urteil?

Grüne: Nach dem EuGH-Urteil aus dem Oktober 2016 sind wir seit nun mehr zwei Jahren in der Situation, dass ausländische Versandapotheken ihren Kunden Boni auf verschreibungspflichtige Arzneimitteln je nach Belieben einräumen können und inländische Apotheken weiter an die hiesige Festpreisbindung,  also ohne Boni, gebunden sind. Zurück zur Festpreisbindung für alle können wir jedoch nicht gehen, darüber hatte der EuGH bereits geurteilt. Für uns erscheint es daher sinnvoller, allen Apotheken, begrenzt auf wenige Euro, die Boni-Vergabe zu erlauben, statt weiter in dieser unfairen Situation zu verharren. Darüber hinaus wollen wir, wie bereits (in Teil 1 des Wahlchecks) beschrieben, Maßnahmen ergreifen, die gezielt versorgungsrelevante Apotheken vor Ort unterstützen.

Was sagen die Grünen zum Versandhandel und dem Rx-Versandverbot?

Grüne: Präsenzapotheken leisten für die Arzneimittelversorgung unverzichtbare Dienste, wie die persönliche Beratung, die kurzfristige Arzneimittelherstellung und das Angebot von Nacht- und Notdiensten, die auch weiterhin flächendeckend und wohnortnah gewährleistet werden müssen. Der Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln stellt dabei für bestimmte Patientinnen und Patienten einen zwar nur ergänzenden, aber wichtigen Teil der Gesundheitsversorgung dar. Das gilt insbesondere für Patientinnen und Patienten mit komplexen chronischen und seltenen Erkrankungen.

Aus unserer Sicht ist ein Verbot des Versandhandels europa- und verfassungsrechtlich nicht umsetzbar. Statt die Benachteiligung inländischer Apotheken gegenüber ausländischen Versandapotheken unverzüglich zu beenden, würde durch ein Verbot wertvolle Zeit vertan, denn am Ende hätte ein solches Verbot keinen Bestand vor dem Europäischen Gerichtshof. In der Zwischenzeit wären inländische Apotheken wegen der bestehenden inländischen Preisbindung dem Preisdruck ausländischer Versandapotheken ungeschützt ausgesetzt. Das könnte viele Arbeitsplätze in den Apotheken kosten. Wir halten daher den von uns vorgeschlagenen Weg eines Höchstpreissystems, neben weiteren Maßnahmen, für den richtigen Ansatz, um die Arzneimittelversorgung in Deutschland zu sichern. Außerdem könnte kurzfristig auch ein Sicherstellungszuschlag besser helfen.

Anmerkung der Redaktion: Die Antworten der Grünen lagen uns bei Veröffentlichung noch nicht vor, sie wurden nachträglich ergänzt. 

Was sagt die Linke zur Rx-Preisbindung, Rx-Boni und dem EuGH-Urteil?

Linke: Die Versorgungsqualität hat für DIE LINKE oberste Priorität. Ein Unterbietungskampf bei Preisen muss zwangsläufig mit Einsparungen bei Personal und damit bei der Beratungsqualität „gegenfinanziert“ werden. Die Versorgung würde sich differenzieren in teure Apotheken mit guter Qualität und Discountapotheken. Das würde auch die flächendeckende Versorgung auf dem Land gefährden. Eine gute Arzneimittelversorgung sollte aber weder vom Geldbeutel der Patientinnen und Patienten, noch vom Wohnort abhängen. Daher lehnt Die Linke alle Bestrebungen, die RX-Preisbindung anzutasten, ab.

Was sagt die Linke zum Versandhandel und dem Rx-Versandverbot?

Linke: Der Versandhandel spielt nach Ansicht der LINKEN für die Versorgung der Bevölkerung eine problematische Rolle. Die Face-to-face-Beratung ist essentiell, wenn sie tatsächlich verstanden und umgesetzt werden soll. Weder ein Merkblatt, noch eine Telefonberatung (sofern sie überhaupt stattfindet) können den persönlichen Kontakt ersetzen. Auch das Argument, der Versandhandel würde die ländliche Versorgung stützen, überzeugt nicht. Schließlich ist für die Notfall- und Akutversorgung die Apotheke vor Ort notwendig, deren Bestehen durch ein weiteres Wachsen des Versandhandels immer fraglicher wird. Nicht zuletzt haben große Versandhandelsunternehmen im in- und Ausland mit der Idee der heilberuflichen Eigenverantwortlichkeit der Inhaberin bzw. des Inhabers nichts mehr zu tun.

Aus den vorgenannten Gründen ist die bestehende Ungleichbehandlung zwischen in- und ausländischen Apotheken nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs nur ein weiteres dringendes Argument, den Versandhandel soweit wie europarechtlich möglich einzugrenzen. Die Bundestagsfraktion hat dies auch immer wieder auch durch parlamentarische Initiativen deutlich gemacht. Leider hatten wir das gesammelte Haus aus CDU/CSU, SPD, Grünen und FDP gegen uns. Auch später war der Union war das Verbot des RX-Versandhandels nicht so wichtig, dass sie die rechnerische Mehrheit für einen entsprechenden Beschluss genutzt hätte. Wir erwarten nun, dass der Beschluss des Koalitionsvertrags umgesetzt wird, denn eine wirkgleiche Regelung hat die Bundesregierung entgegen allen Ankündigungen noch immer nicht vorgelegt.




Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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1 Kommentar

Statement der Parteien zur Hessenwahl

von Dr. Detlef Eichberg am 24.10.2018 um 8:15 Uhr

Als Inhaber des blond-mentalen Jagdscheins kann ich zu der Worthülserei nur kommentieren: Bla, blabla, blablabla. Da kommen mir die beiden Statement-verweigernden Parteien fast authentischer rüber - indem man sich denen gegenüber als Wähler ebenfalls verweigert. Aber zu den erfolgten Absonderungen der Blabla-Parteien kann ich mit Karl Valentin für den 28.10. nur zu Protokoll geben "Tun hab ich schon wollen, aber trau´n hab ich mich nicht dürfen". Ich geh mal unseren Dackel fragen. Der ist ZEN-Meister.

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