Engpässe bei Januvia und Janumet

Immer Ärger mit Januvia?

Stuttgart - 06.11.2018, 10:15 Uhr

Keine Versorgungsschwierigkeiten bei Januvia? (m / Foto: MSD)

Keine Versorgungsschwierigkeiten bei Januvia? (m / Foto: MSD)


Sind Januvia® und Janumet® derzeit lieferbar? Wenn ja – welcher Vertriebsweg klappt gerade am besten, via Pharmamall oder über den Großhandel? DAZ.online hat beim Hersteller MSD nachgefragt: „Versorgungsschwierigkeiten dürfen aus unserer Sicht bei den zur Verfügung gestellten Mengen eigentlich nicht entstehen", erklärt MSD.

Bereits im August dieses Jahres änderte MSD seinen Vertrieb von Januvia® und Janumet®. Konnten Apotheker die sitagliptinhaltigen Antidiabetika bis dahin sowohl über Pharmamall als auch über Großhändler beziehen, bevorratete MSD ab dem 2. August 2018 ausschließlich die Großhandlungen. DAZ.online hatte damals bei MSD nachgehakt: Lieferengpässe dementierte der Hersteller bei Januvia® und Janumet®. Ein Sprecher des Unternehmens sprach vielmehr von einem Kapazitätsengpass: Denn durch einen offenbar hohen Anstieg an Direktbestellungen von Janumet® und Januvia® via Pharmall sei MSD diesem Aufwand wohl nicht mehr Herr geworden.

Pharmamall war nur für „Notfälle“ gedacht

MSD hatte nach eigenen Angaben den Direktvertrieb von Januvia® und Janumet® nie so ausufernd über Pharmamall geplant, wie dieser letztlich dann aber von Apotheken in Anspruch genommen wurde. Vielmehr sollte dies eine Notlösung für Apotheken bieten, wenn der Großhandel nicht liefern könne, sagte der Sprecher damals: „Der Direktvertrieb war für vereinzelte Notfälle gedacht, falls eine Apotheke eine PZN nicht über den Großhandel beziehen konnte. Leider ist der Anstieg an Direktbestellungen so hoch, dass bei einzelnen PZN bis zu 50 Prozent des Patientenbedarfs direkt bestellt wurden.“

Zudem machte der seit Monaten bestehende Engpass um das Notfall-Arzneimittel Celestamine® N liquidum MSD zu schaffen – der exklusive Direktvertrieb sollte gewährleisten, dass wirklich ausschließlich Insektengiftallergiker das knappe flüssige Corticoid erhielten. Und offenbar hatte MSD bedingt durch die seit Monaten andauernden Lieferschwierigkeiten beim Notfallarzneimittel Celestamine® N liquidum alle Hände voll mit Direktbestellungen zu tun. Die durch den „Produktionsengpass bei Celestamine® N Lösung ebenfalls stark gestiegenen Direktlieferungen von Celestamine® N Lösung führten zu einem temporären Engpass bei den vorhandenen Ressourcen“, erklärte MSD im Sommer. Auf aktuelle Nachfrage von DAZ.online ist das Celestamine®-N-Problem nicht gelöst: „Weiterhin besteht noch keine vollumfängliche Lieferfähigkeit. Wir erwarten bis Anfang 2019 für die Saison 2019 gut bevorratet zu sein“, sagt MSD im November dazu.

Wie ist die aktuelle Lage bei Janumet und Januvia?

Aus Apotheken erreichen DAZ.online immer wieder Meldungen, dass der Bezug von Janumet® oder Januvia® alles andere als reibungslos klappt. Allerdings zeichnet sich aktuell ein sehr heterogenes Bild. Manche Apotheken beklagen einen Mangel an Januvia®, andere, dass sie nur eine Stärke Janumet® 50/850 mg bekämen. Wieder andere erhalten problemlos Ware über ihre Großhandlungen.

DAZ.online hat nochmals bei MSD nachgefragt. Nach Aussagen von MSD beliefert das Unternehmen derzeit „sowohl den Großhandel als auch Apotheken direkt“. Die Bestellannahme über den Webshop werde in den kommenden Tagen wieder geöffnet. MSD bittet die Apotheken, sich, bis es so weit sei, direkt an MSD zu wenden. Der Löwenanteil der Janumet®/Januvia®-Bestellungen entfällt aktuell auf den Vertriebsweg „Großhandel“, über 95 Prozent wickelt MSD darüber ab.

Liegt es am Großhandel?

Wie kommt es jedoch, dass Apotheker Versorgungsschwierigkeiten melden? Kann MSD überhaupt liefern oder erfolgt die Versorgung nur eingeschränkt, wenn ja: Aus welchem Grund? Nach Einschätzung von MSD dürfte es eigentlich keine Versorgungsprobleme geben: „MSD liefert deutlich mehr als den Patientenbedarf in den deutschen Markt. Versorgungsschwierigkeiten dürfen aus unserer Sicht bei den zur Verfügung gestellten Mengen eigentlich nicht entstehen." Und weiter: „Die Distribution der ausgelieferten Mengen liegt bei den Großhändlern.“ Den Bedarf ermittelt MSD „anhand des tatsächlichen Patientenbedarfs im Sinne von in Deutschland verschriebenen Packungen plus einem Puffer".

Also liegt es am Pharmagroßhandel? Beim Pharmagroßhandel heißt es bezüglich Janumet® und Januvia®, dass man zwar regelmäßig Ware von MSD erhalte, jedoch nicht in den Mengen, die tatsächlich benötigt würden, sodass eine hohe Defektzahl bei den Kunden, sprich den Apotheken, resultiere. Immer wieder kocht auch die Vermutung auf, die Großhändler verschacherten Ware ins europäische Ausland, da die dort erzielten Preise teilweise die innerdeutschen in den Schatten stellen. Gegenüber DAZ.online bestreitet ein Großhändler diese Vorwürfe vehement mit einem „ganz klaren Nein". Man unterbinde jegliche Aktivität in diese Richtung und habe vielmehr ein wachsames Auge darauf, „wenn große Mengen geordert" würden.

Wo letztlich Janumet® oder Januvia® verschwinden, ob der von MSD ermittelte Bedarf vielleicht doch zu knapp kalkuliert ist, oder – von wem auch immer – Mittel und Wege gefunden werden, die sitagliptinhaltigen Arzneimittel abzuzweigen, konnte DAZ.online nicht klären. Für die redlichen Apotheker ist der „klinische Endpunkt“ der gleiche: Sie haben Scherereien, die Zeit, Geld und Nerven kosten.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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