Gesundheitsbefragung

Geringes Vertrauen in Amazon

München - 08.01.2019, 10:15 Uhr

Nicht nur in puncto Patientendaten könnte man Amazon misstrauen. ( r / Foto: Christian Ohde / imago)

Nicht nur in puncto Patientendaten könnte man Amazon misstrauen. ( r / Foto: Christian Ohde / imago)


Eine knappe Mehrheit der Deutschen vertraut Versandapotheken, wenn es um den Schutz ihrer Patientendaten geht. Eine Studie im Auftrag des Gesundheitssenders Health tv hat nun allerdings ergeben, dass das Vertrauen der Patienten deutlich schmilzt, wenn der Online-Händler Amazon heißt. Trotzdem florieren die Geschäfte des US-Online-Konzerns: Am gestrigen Montag hat Amazon Microsoft als wertvollstes Unternehmen abgelöst.

Rezepte online einreichen, Arzneimittel liefern lassen – bei jeder Online-Bestellung von Medikamenten werden Grunddaten wie Name, Anschrift oder Geburtsdatum, aber auch sensible Gesundheitsdaten im Netz übermittelt. Für die Mehrheit der Deutschen ist das offenbar immer weniger ein Anlass für Misstrauen, wie eine repräsentative Studie mit dem Titel „Dr. Google“ im Auftrag des Gesundheitssenders Health tv unter 1.000 Bundesbürgern ergeben hat. Demnach vertrauen 55 Prozent der Bevölkerung den Internet-Apotheken, wenn es um den Schutz ihrer Patientendaten geht. Andererseits haben 45 Prozent der Befragten angegeben, dass ihr Vertrauen in die Datensicherheit der Onlineapotheken „eher gering“ beziehungsweise „sehr gering“ ist.  

„Die Möglichkeit, auch rezeptpflichtige Medikamente online zu bestellen, wird für viele Deutsche immer mehr zu einer Selbstverständlichkeit“, sagt Axel Link, Geschäftsführer von Health tv. „Ganz so wie beim Onlinebanking oder beim Shoppen im Netz zweifeln die Deutschen nicht bei jedem Mausklick am Datenschutz. Als Kunden gehen sie davon aus, dass ihre persönlichen Daten gut geschützt werden.“

Bei den 18- bis 49-Jährigen sind es der Studie zufolge sogar mehr als 60 Prozent, die den Versandapotheken großes Vertrauen aussprechen. Lediglich bei den über 50-Jährigen kommt der Anteil derjenigen, die den Online-Medikamentenhändlern positiv begegnen, nicht über 50 Prozent hinaus.

Kritisch gegenüber Amazon

Anders sieht die Situation im Fall von Amazon aus. Seit einiger Zeit plant der weltweit größte Onlinehändler den Einstieg in das Geschäft mit dem Arzneimittelversand; teilweise hat der Konzern bereits erste Schritte in diese Richtung unternommen. Der Studie zufolge würde nur rund ein Drittel der Befragten dem Handelsriesen vertrauen, dass sensible Gesundheitsdaten dort gut aufgehoben sind. „Versandapotheke ja, Amazon nein: Unsere Studie zeigt, dass die Deutschen in Gesundheitsfragen besonders sensibel und kritisch sind“, so Health tv-Manager Link.  

Zu berücksichtigen ist, dass die Untersuchung vor dem aktuell bekannt gewordenen Datenskandal erstellt worden ist, bei dem im großen Umfang private Informationen von Politikern und Prominenten gehackt und im Internet veröffentlicht worden sind. Möglicherweise hätten sich die Befragten mit diesem Wissen kritischer hinsichtlich der Datensicherheit bei Onlineapotheken gezeigt.  

In Umfragen zur Beratungs- und Servicequalität haben Versandapotheken in der Vergangenheit vielfach schlecht abgeschnitten. So waren Tester des Computermagazins „Chip“ im November 2018 zum dritten Mal in Folge unzufrieden mit der Beratungsqualität der Hotlines dieser Unternehmen. Im April vergangenen Jahres hatten die großen Versandapotheken zudem in einem Verbrauchertest eines TV-Magazins schlecht abgeschnitten. Und bereits im Oktober 2017 hatte die Stiftung Warentest 15 deutsche und drei ausländische Versandapotheken getestet – das Ergebnis war klar negativ.

Apotheken wichtig für Informationsgewinnung

Die aktuelle „Dr. Google“-Untersuchung zeigt darüber hinaus, dass Apotheken für die Informationsgewinnung von Patienten eine wichtige Rolle spielen. So informieren sich die Deutschen zwar in erster Linie bei ihrem Haus- oder Facharzt über gesundheitliche Themen. An zweiter Stelle stehen jedoch die Apotheker mit 40 Prozent. Den größten Anteil machen dabei die 40 bis 49-Jährigen aus, wobei Frauen die Apotheken etwas stärker als Informationsquelle nutzen als Männer.

Gesundheitsportale und Foren im Internet stehen mit einer Quote von 28 Prozent erst an sechster Stelle der Informationsquellen. Meist findet die Suche gezielt zu einer bestimmten Krankheit statt. Demnach haben sich fast zwei Drittel der Deutschen im letzten halben Jahr online über bestimmte Krankheiten informiert. 

Mehr zum Thema

problematische Gesundheitskompetenz

Kranke Kinder: Eltern brauchen Beratung

Drei Viertel der Nutzer von Gesundheitsportalen empfinden die Informationen, die sie dort erhalten, als hilfreich. Unabhängig davon, ob diese Portale genutzt werden oder nicht, ist das Vertrauen mit einem Anteil von 50 Prozent der Bevölkerung relativ hoch, so die Untersuchung. Wichtigste Voraussetzung sei allerdings, dass die dort zur Verfügung gestellten Informationen von ausgewiesenen Experten stammen und auf dem neuesten Stand der medizinischen Forschung sind. Eine besondere Relevanz haben diese Quellen für unter 50-Jährige und Haushalte mit Kindern. Bemerkenswert ist, dass das Vertrauen in diese Portale mit zunehmenden Alter deutlich sinkt. Bei den über 60jährigen liegt dieses nur noch bei 37 Prozent. 

Dr. Google beeinflusst Wahrnehmung der eigenen Gesundheit

Ungeachtet dessen hat das Internet als medizinischer Ratgeber in der Bevölkerung offenbar einen großen Einfluss auf die Wahrnehmung der eigenen Krankheit oder Gesundheit. Bei jedem Fünften ist es laut der Untersuchung schon einmal vorgekommen, dass er sich nach dem Googeln bestimmter Symptome kranker fühlte als er tatsächlich war. Mehr als 40 Prozent seien beängstigt gewesen, nachdem sie sich im Internet informiert hatten. Umgekehrt würden aber auch 50 Prozent der Befragten angeben, dass das Googeln von Krankheitssymptomen bei ihnen einen beruhigenden Effekt hatte.

Nur wenig ausgeprägt ist offenbar auch das Vertrauen der Befragten über den Einzug der Künstlichen Intelligenz (KI) in die Medizin. So würden lediglich 18 Prozent der Befragten der Diagnose oder Therapieprognose eines Computers mehr vertrauen als dem Arzt. Wenn, dann sind es eher die Jüngeren, die diese Entwicklung unterstützen.

Für die Studie „Dr. Google“ wurden in einer repräsentativen Untersuchung bundesweit 1.000 Menschen ab 18 Jahren online befragt. Die Umfrage wurde von Juli bis August 2018 vom Marktforschungsinstitut Toluna Germany GmbH durchgeführt.



Thorsten Schüller, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.