Verbraucher-Gentest in den USA

Ultra-rapid- oder Poor-Metabolizer? Ein Selbsttest soll Auskunft geben

Remagen - 10.01.2019, 16:30 Uhr

Per Genanalyse lassen sich Aussagen zum Metbaolismus von Arzneimitteln machen. In den USA soll das künftig mit einem Selbsttest möglich sein. (Foto: HYUNGKEUN

                                        / stock.adobe.com)

Per Genanalyse lassen sich Aussagen zum Metbaolismus von Arzneimitteln machen. In den USA soll das künftig mit einem Selbsttest möglich sein. (Foto: HYUNGKEUN / stock.adobe.com)


Selbsttests für Verbraucher, die Informationen über Krankheitsrisiken, bestehende Infektionen oder gesundheitliche Veranlagungen liefern sollen, sind immer ein zweischneidiges Schwert, vor allem wenn die Menschen mit den Ergebnissen alleine gelassen werden. In den USA wurde jetzt ein Test zugelassen, der zeigen können soll, wie ein Individuum rund 50 fünfzig verschiedene Arzneimittel metabolisiert.

In den USA bieten mehr als zwanzig Unternehmen und über siebzig Labore über Ärzte Pharmakogenomik-Tests an, die darüber Aufschluss geben sollen, wie Patienten auf bestimmte Medikamente ansprechen könnten. Ende 2018 gab das Gentest-Unternehmen 23andMe nun bekannt, dass es die FDA-Zulassung für einen neuartigen Pharmakogenomik-Test erhalten hat, der ohne irgendeinen Fachmann auskommt. Er soll direkt an die Verbraucher abgegeben werden dürfen. Der US-amerikanische Apothekerverband (APhA) sieht den neuen Test auch als Chance für die Apotheker, sich auf diesem Gebiet mehr Kompetenzen zu erwerben und diese in der Öffentlichkeit unter Beweis zu stellen.

Keine Behandlungsentscheidungen auf dieser Basis

Nach Angaben der FDA und von 23andMe analysiert der Test 33 verschiedene Varianten von acht verschiedenen Genen, die Arzneimittel-metabolisierende Enzyme bilden. Damit sollen Erkenntnisse über die Metabolisierung von etwa fünfzig verschiedenen verschreibungspflichtigen und rezeptfreien Medikamenten durch eine bestimmte Person gewonnen werden können. Noch hat 23andMe nicht bekannt gegeben, wann der Test für die Patienten verfügbar sein soll und was er kosten wird, da gibt es nach Einschätzung des Apothekerverbandes bereits eine gewisse Verwirrung bis hin zu handfesten Widersprüchen. In Presseerklärungen erklärten sowohl 23andMe als auch die FDA, dass der Test die Patienten in die Lage versetzen soll, mit ihren Ärzten fundierte Gespräche über das Management ihrer Medikamente zu führen. Die FDA gibt allerdings zu bedenken, dass die Informationen aus den 23andMe-Ergebnissen nicht dazu benutzt werden sollten, um eine Behandlung zu beginnen, zu stoppen oder zu ändern. Und sie verlangt, dass dies in der Etikettierung des Tests deutlich gemacht wird. Patienten und Angehörige der Gesundheitsberufe werden in einer gesonderten Erklärung davor gewarnt, die Ergebnisse ohne zusätzliche Tests für Behandlungsentscheidungen zu verwenden. 

„Käufer sollen sich in Acht nehmen“

„Die FDA sagt im Grunde, die Käufer sollten sich davor in Acht nehmen", sagte Manju T. Beier, Senior-Partnerin bei Geriatric Consultant Resources LLC und nebenberuflich Professorin für Pharmazie an der University of Michigan in Ann Arbor. „Sie [23andMe] wollen, dass das Ergebnis von einem anderen unabhängigen Pharmacogenomics-Testservice verifiziert wird.“ David Kisor, Direktor für die Ausbildung in Pharmacogenomics am Manchester University College of Pharmacy in Indiana, denkt, dass 23andMe diese Überprüfung verlangen könnte, um sich den Rücken frei zu halten und eine Haftung zu vermeiden. Er hofft, dass der direkte Test von 23andMe, mit Namen „Personal Genome Service Pharmacogenetic Reports test“ eine breite Diskussion über Pharmakogenomik-Tests in der Öffentlichkeit auslöst und bringt hierbei die Apotheker ins Spiel.

Mehr Apotheker in Pharmakogenomik schulen

„Apotheker sind hinsichtlich des Wissens über Pharmakogenomik am weitesten fortgeschritten", ist Kisor überzeugt. „Wenn wir uns mit der Aufklärung von Einzelpersonen über Pharmakogenomik beschäftigen, findet das normalerweise von der Ebene vom Leistungserbringer bis hin zur Patientenebene statt, und dies ist nun wirklich eine Gelegenheit, auf Patienten- oder öffentlicher Ebene zu arbeiten." Beier setzt sich seit einiger Zeit dafür ein, dass mehr Apotheker über Pharmakogenomik geschult werden. Sie glaubt, dass die neuesten Nachrichten von 23andMe als Weckruf dienen können. „Dies ist ein weiteres Instrument, mit dem sie die Therapie sinnvoll steuern und überwachen können", meint sie. 

Ein Fachmann muss draufschauen

Im April 2017 hatte die US Food and Drug Administration erstmalig die Vermarktung von „Genetic Health Risk (GHR) Tests“ inklusive Gesundheitsberichten der Firma 23andMe gegenüber Verbrauchern genehmigt. Damit sollen diese in eigener Initiative feststellen können, ob bei Ihnen ein genetisches Risiko für eine bestimmte Erkrankung vorliegt. Der Verbraucher gibt seine Probe über ein Testkit ab, das er direkt nach Hause und nicht etwa in seine Arztpraxis zugesandt bekommt, und lässt die Probe bei einem Labor analysieren. Von dort erhält er anschließend einen Bericht über seine genetische Disposition.

Obwohl die FDA für solche Tests durchaus offen ist, hatte sie den Verbrauchern schon damals zu verstehen gegeben, dass das genetische Risiko nur ein Stück des größeren Puzzles sei. Außerdem, so betonte die FDA, sollten die aus den Tests gewonnenen Ergebnisse nicht zur Diagnose oder für Behandlungsentscheidungen verwendet werden. Die Anwender der Tests sollten vielmehr medizinisches Fachpersonal konsultieren, wenn sie mehr zur Auslegung der Berichte über ihr Gesundheitsrisiko wissen wollen

Der Inverkehrbringer, das Biotechnologie-Unternehmen „23andMe“, hatte mit seinen Tests im Rahmen des „Personal Genom Service“ bereits seit einigen Jahren nicht nur in den USA für Furore gesorgt hat. Der Firmenname bezieht sich auf die 23 Chromosomenpaare eines Menschen.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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