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EMA und BMG zum UK-Austritt
BMG befürchtet keine Versorgungsprobleme nach Brexit
In
diesen aufwühlenden Tagen rund um das „Brexit-Fiasko“ haben sich auch das
Bundesministerium für Gesundheit und die Zulassungsbehörden zu Wort gemeldet.
Sie informieren über ihre Vorbereitungen auf den Austritt, in welcher Form er
auch immer von statten geht. Bei den Berufsanerkennungen für Apotheker könnte sich einiges ändern. Und: Versorgungsprobleme befürchtet das Ministerium nicht.
Was passiert im Falle eines ungeordneten Brexits? Die Pharmaindustrie meldete sich bereits zu Wort und warnte unter anderem vor Lieferengpässen. Das Bundesministerium für Gesundheit nimmt nun für seinen Zuständigkeitsbereich Stellung zu den Rechten der Bürger hinsichtlich Kranken- und Pflegeversicherung bzw. Absicherung im Krankheits- und Pflegefall, zur Anerkennung von Berufsqualifikationen für Gesundheitsberufe und zum Warenverkehr mit Arzneimitteln und Medizinprodukten.
EU-Austritt des Vereinigten Königreichs
Brexit
Eingangs betont das BMG, dass die Verordnungen (VO EG Nr. 883/2004 und 987/2009) über die Koordinierung der Sozialsysteme sowie die Richtlinie über die Patientenmobilität (2011/24/EU) in Bezug auf Großbritannien mit dem Brexit nicht mehr gelten werden.
Gesetz schon vorbereitet
Dies betrifft zum Beispiel Deutsche, die in Großbritannien arbeiten. Hier kann es laut BMG in bestimmten Fällen zu Problemen bei der Absicherung im Krankheitsfall, bei der Inanspruchnahme und Abrechnung von Leistungen der Kranken- und Pflegeversicherung im jeweils anderen Land sowie bei der Anrechnung von Versichertenzeiten kommen. Für den Fall eines ungeregelten Brexits hat das Ministerium einen Gesetzentwurf erstellt, der am 12. Dezember 2018 vom Bundeskabinett beschlossen wurde. Mit dem Gesetz sollen unbillige Härten durch den Wegfall des EU-Rechts aufgefangen werden. Es soll nur im Falle eines ungeregelten Brexits ohne Austrittsabkommen in Kraft treten.
Achtung: Anerkannte Berufsqualifikationen könnten nicht mehr gelten
Außerdem weist das BMG darauf hin, dass die Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (2005/36/EG) mit dem Austritt, das heißt für den Fall eines No-Deal-Brexits nach dem 30. März 2019 und sonst nach dem Ende der Übergangsphase gegenüber Großbritannien, nicht mehr gilt. Das betrifft auch die Apotheker. Die britische Apothekerkammer (General Pharmaceutical Council) hat im Dezember 2018 bereits mitgeteilt, wie solche Fälle gehandhabt werden sollen.
In Deutschland sollen im Falle eines ungeregelten Brexits laut BMG für die Berufsanerkennung nach dem Brexit erworbener britischer Diplome die Anerkennungsregelungen für Drittstaatsangehörige angewendet werden. Das Ministerium rät Betroffenen dazu, ihren Antrag zur Berufsanerkennung frühestmöglich und rechtzeitig vor dem Austrittsdatum bzw. vor Ende der Übergangsphase zu stellen.
BMG befürchtet keine ernsten Versorgungsprobleme
Hinsichtlich der Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln und Impfstoffen versucht das BMG zu beruhigen. Laut Auskunft der zuständigen Bundesoberbehörden gebe es derzeit keine konkreten Hinweise auf ernsthafte Probleme durch den Brexit. Gelinge die Einigung auf ein Austrittsabkommen mit einer Übergangsphase bis Ende 2020, wonach es im Moment allerdings nicht aussieht, so dürften Waren, die vor Ende dieser Übergangszeit rechtmäßig auf den Markt gebracht worden sind, auch noch nach der Übergangszeit weiter auf dem britischen Markt und den EU-Märkten gehandelt werden.
Was muss in der EU sein und dort stattfinden?
Auch das BfArM und die EMA informieren aktuell auf ihren Internetseiten darüber, wie sie sich auf den Brexit vorbereiten. Die Experten des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) haben sich nach eigenem Bekunden darauf eingestellt, nach dem voraussichtlichen Ausscheiden der britischen Behörden aus dem Zulassungssystem der EU zusätzliche Aufgaben zu übernehmen und wollen ihre Rolle im europäischen Behörden-Netzwerk weiter verstärken.
Das BfArM listet auch konkret auf, welche Personen oder Aktivitäten innerhalb der EU oder des EWR angesiedelt sein müssen, damit die Arzneimittel im Falle eines harten Brexits in der EU vermarktet werden dürfen. Diese sind:
- Zulassungsinhaber und Antragsteller
- Chargenkontrolle und -freigabe
- Qualitätskontrolle (QC)
- Qualifizierte Person (QP)
- Qualifizierte Person für Pharmakovigilanz (QPPV)
- Stufenplanbeauftrager (in einem Land der EU)
- Pharmakovigilanz-Masterfile (PSMF)
Was darf weiter im Markt bleiben?
Die genannten Personen und Aktivitäten müssen vor dem 30. März 2019 in die EU oder den EWR übertragen werden. In laufenden dezentralen und Anerkennungsverfahren gibt es spezielle Stichtags-Regelungen. Laut BfArM dürfen bereits freigegebene Waren, bei denen die Personen oder Aktivitäten noch in UK angesiedelt sind, die aber vor dem 30. März 2019 in die EU oder den EWR verbracht wurden, weiterhin im Markt bleiben. Neue Ware, bei denen die Personen oder Aktivitäten nach dem 29. März 2019 noch in UK angesiedelt sind, darf jedoch ab dem 30. März 2019 nicht mehr in die EU oder den EWR eingeführt werden.
Am 30. März 2019 nicht beendete Verfahren enden ergebnislos
Neuzulassungsverfahren sowie laufende Änderungs- oder Verlängerungsverfahren, die von Großbritannien als Reference Member State (RMS) koordiniert werden, müssten am 29. März 2019 abgeschlossen sein, sonst endeten sie ohne Ergebnis und müssen mit einem anderen Mitgliedstaat als Koordinator neu eingereicht werden, hebt das BfArM weiter hervor. Auch laufende generische Zulassungsverfahren mit einem in Großbritannien zugelassenen Referenzprodukt müssten vor dem 30. März 2019 abgeschlossen sein. Die Verkehrsgenehmigungen bereits zugelassener Arzneimittel mit UK als RMS blieben nach dem Brexit auch ohne Übertragung auf ein anderes verfahrensbeteiligtes Land weiter gültig, aber für die nächste regulatorische Aktivität müsse dann ein neuer RMS bestimmt werden.
Zentral zugelassene Arzneimittel komplett umverteilt
Die Europäische Arzneimittel-Agentur beschäftigt sich schon seit längerem damit, die bisherigen Zuständigkeiten Großbritanniens im Bereich der Zulassung und der Arzneimittelsicherheit auf die Schultern der anderen Behörden in den EU27 Mitgliedstaaten zu übertragen. Laut Auskunft der EMA ist die Koordinierungsfunktion (Berichterstatter, Mitberichterstatter) für sämtliche 370 zentral zugelassenen Arzneimittel, die bisher in den Händen von UK lagen, abgeschlossen.
Schon Ende April habe man die Zulassungsinhaber darüber informiert, welcher Mitgliedstaat nun für ihre jeweiliges Arzneimittel zuständig ist. Im September 2018 wurden die umfangreichen Datenpakete zu jedem einzelnen Präparat übertragen, damit die neuen Behörden sich mit diesen vertraut machen und ihre Aufgaben ab dem 30. März vollumfänglich erfüllen können.
EMA geht in die kritische Umzugsphase
Daneben kommt auf die EMA auch noch der Umzug nach Amsterdam zu. Für diese schwierige Phase hat die ranghöchste europäische Arzneimittelbehörde schon im Oktober 2017 einen „Business Continuity Plan“ entwickelt. Hiernach werden die Aktivitäten der EMA in der Übergangszeit in mehreren Phasen schrittweise auf die Kernaufgaben zurückgefahren.
Dabei hat die Agentur auch den unausweichlichen Mitarbeiterschwund im Auge. Derzeit wird damit gerechnet, dass mit der Umsiedelung ein Viertel des Personals verloren geht. Zu allem Überfluss findet der Umzug auch noch in zwei Phasen statt, weil das endgültige Domizil in Amsterdam, das „Vivaldi-Gebäude“, voraussichtlich nicht vor November 2019 bezugsfertig ist und auch dann noch nicht vollständig. Erst im Mai des letzten Jahres wurde der Grundstein dafür gelegt. Vorher sollen vorübergehende provisorische Räumlichkeiten im SPARK-Gebäude in Amsterdam Sloterdijk genutzt werden. Zum 1. Januar hat die EMA deswegen für das erst Halbjahr 2019 die kritische Phase 4 ihres Business Continuity Plans eingeläutet.
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