Chemie- und Pharmakonzern

Bayer verdient deutlich weniger – Klagewelle in USA reißt nicht ab

Berlin - 27.02.2019, 11:00 Uhr

Bayer unter Druck: Inzwischen liegen in den USA mehr als 11.000 Klagen gegen den Pharmakonzern vor. (Foto: Imago)

Bayer unter Druck: Inzwischen liegen in den USA mehr als 11.000 Klagen gegen den Pharmakonzern vor. (Foto: Imago)


Starke Zuwächse im Agrarchemie-Geschäft nach der Übernahme von Monsanto haben bei Bayer 2018 beim Umsatz für Schwung gesorgt. Milliardenschwere Abschreibungen im Zusammenhang mit dem Konzernumbau drückten aber auf den Überschuss. Im laufenden Geschäft konnte der Pharma- und Agrarchemiekonzern die Erwartungen von Analysten übertreffen, wenngleich es etwa in der Pharmasparte haperte. Zudem bringt der Monsanto-Kauf reichlich Probleme mit sich: Die Klagewelle in den USA wegen angeblicher Krebsrisiken des Unkrautvernichters Glyphosat reißt nicht ab.

Bis zum 28. Januar wurden Klagen von rund 11.200 Klägern zugestellt, wie Bayer am Mittwoch in Leverkusen mitteilte. Das sind rund 1900 mehr als Ende Oktober. Die Zahl schnellt seit August 2018 nach oben. Damals hatte ein Geschworenen-Gericht einem Krebspatienten, der glyphosathaltige Unkrautvernichter von Monsanto für seine Erkrankung verantwortlich macht, zunächst einen Schadenersatz in dreistelliger Millionenhöhe zugesprochen. Bayer weist die Vorwürfe zurück und ging in Berufung.

Bedeutender als dieses erste Verfahren ist der in dieser Woche gestartete Prozess eines weiteren Klägers. Dabei handelt es sich um den ersten Fall, der vor einem Bundesbezirksgericht verhandelt wird und Teil eines Massenverfahrens ist. Das Thema Glyphosat-Klagen bleibe mit Blick auf Bayer und den Aktienkurs mittelfristig das bestimmende Thema, erklärte ein Händler. Kurzfristig könnten von der nun vorgelegten Bilanz aber durchaus einige positive Impulse ausgehen.

Aktienkurs fällt von 90 auf knapp 69 Euro

Die Aktien stiegen im frühen Handel um 3,49 Prozent auf 68,82 Euro. Zum Vergleich: Vor dem Glyphosat-Urteilsschock im letzten Jahr hatten sie noch mehr als 90 Euro gekostet. Bei Laune halten soll die Aktionäre eine im Vergleich zum Vorjahr stabile Dividende von 2,80 Euro. Diese hatte der Konzern bereits am Vortag angekündigt. Analyst Richard Vosser von der Investmentbank JPMorgan sprach von sehr starken Ergebnissen im Schlussquartal.

Immerhin lieferte Monsanto den Leverkusenern zum Jahresende hin einen Schub. In der Agrarsparte verdoppelte sich im Schlussquartal der Umsatz und das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) sowie vor Sondereffekten stieg um fast vier Fünftel. Für das Gesamtjahr bedeutete das für den Bereich ein Plus beim Umsatz um die Hälfte auf 14,27 Milliarden Euro und beim bereinigten Ebitda von knapp 30 Prozent auf 2,7 Milliarden Euro. Monsanto fließt erst seit dem offiziellen Abschluss des Kaufs im Juni ein. Konzernweit stiegen die Erlöse dank des Monsanto-Beitrags im vergangenen Jahr um 13 Prozent auf 39,6 Milliarden Euro und das bereinigte Ebitda legte um knapp 3 Prozent auf 9,5 Milliarden Euro zu.

Xarelto und Eylea geben Rückenwind

Dabei entwickelte sich das Pharmageschäft träge. Auch weil der starke Euro bremste, fiel der Umsatz leicht. Ohne die Belastungen durch ungünstige Wechselkurse wäre ein kleines Plus herausgekommen. Rückenwind lieferten bessere Geschäfte mit dem Gerinnungshemmer Xarelto und dem Augenmedikament Eylea, während es beim Krebsmittel Xofigo schlechter lief. Gewinnseitig belasteten zudem höhere Produktionskosten und Lieferengpässe bei Medikamenten. Zudem kosteten Produktionsanpassungen nach einem Rüffel der US-Gesundheitsbehörde FDA Geld.

Die Mängelbehebung schlug sich auch im Geschäft mit rezeptfreien Medikamenten der Sparte ConsumerHealth nieder, in der Umsatz und operatives Ergebnis fielen. Auch in diesem Bereich nahm Bayer nun hohe Wertberichtigungen vor, etwa auf die zum Verkauf stehenden Marken Coppertone und Dr. Scholl's.

Bayer will jetzt doch nicht mehr in Wuppertal bauen

Ehemals große Hoffnungen hatten die vor einigen Jahren vom US-Pharmakonzern Merck & Co übernommenen Geschäfte nie erfüllt. Nun fallen sie dem Konzernumbau zum Opfer, ebenso wie eine neue Pharmafabrik zur Herstellung eines Blutgerinnungsfaktors in Wuppertal. Diese wird wegen der starken Konkurrenz nicht mehr gebraucht. Dafür wurde mehr als eine halbe Milliarde Euro abgeschrieben. Der Überschuss von Bayer fiel auch deshalb 2018 um rund drei Viertel auf 1,7 Milliarden Euro. Zudem belasteten hohe Kosten für die Übernahme von Monsanto. Die ehemalige Kunststofftochter Covestro floss nach deren Veräußerung nicht mehr ein.

10 Prozent der Arbeitsplätze sollen wegfallen

Neben bestimmten ConsumerHealth-Geschäften stehen auch das Geschäft mit Tiergesundheit sowie der 60-Prozentige Anteil am deutschen Chemiestandort-Dienstleister Currenta zum Verkauf. Die geplanten Veräußerungen sind Teil des Umbaus, mit dem Bayer-Chef Werner Baumann den Konzern fit für die Zukunft machen will. Dazu gehört auch ein umfangreicher Stellenabbau, dem fast 10 Prozent der Arbeitsplätze zum Opfer fallen sollen.

Mittelfristig bleibt Bayer optimistisch. Wie bereits im Dezember bekannt gegeben, soll der Umsatz vor Wechselkursveränderungen bis 2022 auf rund 52 Milliarden Euro steigern. Das bereinigte Ebitda soll dann auf etwa 16 Milliarden Euro zulegen. Für 2019 peilt Bayer einen Umsatz von rund 46 Milliarden Euro sowie ein bereinigtes operatives Ergebnis von etwa 12,2 Milliarden Euro an. Darin sind aber die zum Verkauf stehenden Geschäfte noch enthalten.



bro / dpa
brohrer@daz.online


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