Masern

Lauterbach will impfkritische Ärzte standesrechtlich bestrafen

Berlin - 04.03.2019, 17:35 Uhr

Impfpflicht für Masern? Hier gehen die Meinungen auseinander. ( r / Foto: comzeal /stock.adobe.vom)

Impfpflicht für Masern? Hier gehen die Meinungen auseinander. ( r / Foto: comzeal /stock.adobe.vom)


Eine Impfpflicht gegen Masern wird in regelmäßigen Abständen diskutiert. Bislang wollte der deutsche Gesetzgeber eine solche vermeiden und setzte auf weniger einschneidende Maßnahmen. Nun hat SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach das Thema wieder aufs Tapet gebracht. Dem „Tagesspiegel“ sagte er, er könne sich auch gut vorstellen, dass impfkritische Ärzte standesrechtlich sanktioniert werden. Die Grünen hingegen setzen auf Impfungen in Apotheken.

Es gibt immer wieder Warnungen internationaler Organisationen vor einer weltweiten Zunahme von Masernfällen. Auch das WHO-Regionalbüro für Europa meldete kürzlich, dass 2018 in der Europäischen Region 72 Kinder und Erwachsene an Masern starben. Zwar würden mehr Kinder gegen Masern geimpft als je zuvor, doch die Fortschritte seien sowohl zwischen als auch innerhalb von Ländern ungleich verteilt. Ein Problem sind nicht zuletzt Erwachsene ohne Impfschutz.

Nun hat der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Karl Lauterbach, erneut eine Debatte um eine Masern-Impfpflicht entflammt. Er erklärte dem „Tagesspiegel“, er sei darüber mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im Gespräch. Lauterbach selbst ist klar dafür – den Artikel im „Tagesspiegel“ kommentierte er auf Twitter mit deutlichen Worten: „Impfpflicht für Masern muss eingeführt werden weil wir sonst die Kontrolle über diese Krankheit unnötigerweise nicht bekommen. Kinder die erkranken bezahlen z.T. mit lebenslanger Behinderung für die Dummheit ihrer Eltern oder gar die Eltern anderer Kinder“.

BMG will abwarten

Doch im Bundesgesundheitsministerium gibt man sich zurückhaltender: Man müsse erst mal sehen, ob die Maßnahmen von 2015 Früchte trügen, sagte eine Sprecherin dem „Tagesspiegel“. Seinerzeit waren mit dem Präventionsgesetz verschiedene Regelungen verabschiedet worden: Unter anderem muss seitdem bei der Aufnahme eines Kindes in die Kita ein Nachweis über eine ärztliche Impfberatung vorgelegt werden – anderenfalls drohen Sanktionen. Weiterhin können Behörden beim Auftreten von Masern in einer Gemeinschaftseinrichtung (z. B. Kita, Schule, Hort) ungeimpfte Kinder vorübergehend ausschließen. Eine Impfpflicht hatte man seinerzeit bewusst vermeiden wollen.

Die Maßnahmen des Präventionsgesetzes seien zwar „ein Schritt in die richtige Richtung“ gewesen, sagt nun Lauterbach. Sie brächten aber zu wenig. Es sei besorgniserregend, dass man das Problem von immer wieder auftretenden Masernausbrüchen nicht in den Griff bekomme. Lauterbach appellierte zudem an die Ärztekammern, gegenüber Impfkritikern in den eigenen Reihen massiver aufzutreten. Wer sich mit ärztlicher Autorität unwissenschaftlich zu Impffragen äußere, müsse standesrechtlich sanktioniert werden, forderte er.

Kordula Schulz-Asche bringt erneut Apotheker-Impfungen ins Spiel

Und auch an die Grünen hat der SPD-Politiker eine Botschaft: Sie dürften sich „nicht wegducken“. Da sich in der Klientel dieser Partei besonders viele Impfgegner befänden, erwarte er von ihren Politikern deutlichere Ansagen.

Grünen-Arzneimittelexpertin Kordula Schulz-Asche wies solche Vorhaltungen allerdings zurück. Dass sich ihre Partei gegen eine Impfpflicht wehre, habe damit zu tun, dass man dem Selbstbestimmungsrecht der Bürger höheren Wert beimesse, sagte sie dem „Tagesspiegel“. Die Impfempfehlungen des RKI seien aber „auch für Menschen nachvollziehbar, die der Pharmaindustrie misstrauen“. Ebenso gebiete es die gesellschaftliche Solidarität, sich impfen zu lassen. Dass das zu viele unterlassen, liegt Schulz-Asche zufolge an fehlender guter und zielgruppengerechter Beratung. Zudem sollte aus ihrer Sicht das Impfen an sich vereinfacht werden: Helfen könnten aufsuchende Offerten des öffentlichen Gesundheitsdienstes in Kitas, Schulen und Betrieben. Oder eine Möglichkeit, sich auch in Apotheken impfen zu lassen. Das Thema Impfen in der Apotheke wurde insbesondere im vergangenen Jahr immer wieder debattiert. Doch nachdem sich die ABDA strikt dagegen gestellt hat, hat auch die Politik nicht mehr gedrängt.

BÄK für mehr Aufklärung

Die Bundesärztekammer wollte sich zu Lauterbachs Vorschlag von Sanktionierungen in den eigenen Reihen nicht konkret äußern. Grundsätzlich hält man hier eine Impfpflicht aus medizinisch-wissenschaftlicher Sicht zwar für sinnvoll, aber für gesellschaftspolitisch schwer durchsetzbar. Die Kammer sieht andere Instrumente zur Steigerung der Durchimpfungsrate: Etwa einen kompletten Impfnachweis statt nur den Nachweis einer Beratung, wenn ein Kind, bei dem keine Kontraindikation für eine Impfung vorliegt, in eine staatlich geförderte Kindertageseinrichtung aufgenommen werden soll. Notwendig sei zudem eine verstärkte Aufklärungsarbeit, um Impfmythen und Impfmüdigkeit in der Bevölkerung entgegenzuwirken.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.