Studie

Paketzustellung bis an die Haustür könnte bald extra kosten

München - 29.03.2019, 10:15 Uhr

Online-Lieferungen werden künftig öfter in Paketshops abgeladen werden. (Foto: imago)

Online-Lieferungen werden künftig öfter in Paketshops abgeladen werden. (Foto: imago)


Die wachsende Paketflut einerseits, ein akuter Fahrermangel und steigende Löhne andererseits werden dazu führen, dass sich die Kosten für Pakete, die nach Hause geliefert werden, bis 2028 fast verdoppeln. Für die Kunden könnte dies bedeuten, dass sie für die Belieferung künftig bezahlen oder Einschränkungen hinnehmen müssen. Das Szenario dürfte auch die Belieferung mit Arzneimitteln betreffen.

Für Millionen von Kunden, die sich Ihre online bestellten Waren nach Hause liefern lassen, könnte es in Zukunft deutlich teurer werden. Wie eine aktuelle Analyse „Letzte Meile 2028“ der Strategieberatung Oliver Wyman zeigt, dürfte die klassische Haustürzustellung bereits in zwei Jahren ein Luxusgut sein. Bis zum Jahr 2028 sollen die Kosten pro Paket gar von 2,50 Euro auf 4,50 Euro klettern. Diese zusätzlichen Ausgaben könnten auf die Kunden umgelegt werden, sofern die Zustellung nicht umstrukturiert wird und die Lieferunternehmen Einsparpotenziale generieren. Anzunehmen ist, dass auch der Versand von Arzneimitteln damit teurer werden dürfte.

Zu diesem Ergebnis kommen die Studienautoren nach Analyse der augenblicklichen Lage und der künftig erwarteten Entwicklung auf dem Paketmarkt. Demnach wurden 2018 in Deutschland 3,5 Milliarden Pakete ausgeliefert. In zehn Jahren dürfte diese Zahl auf neun Milliarden ansteigen. Derart große Paketmengen würden nur mit zusätzlichen Lieferfahrern zu stemmen sein, so Oliver Wyman. Den Bedarf an Lieferfahrern kalkulieren die Autoren künftig auf bis zu 200.000. Zum Vergleich: Im Jahr 2018 waren es noch 90.000 Fahrer.

Anhebung der Stundenlöhne auf bis zu 30 Euro erforderlich

Um dem zunehmenden Fahrermangel zu begegnen und den Beruf attraktiver zu machen, ist laut Oliver Wyman eine Anhebung der Stundenlöhne von aktuell rund 15 Euro auf bis zu 30 Euro erforderlich. Die steigenden Personalkosten würden ihrerseits die direkten Kosten pro Paket von 2,50 Euro auf 4,50 Euro klettern lassen. „Schon heute steigen die Kosten im Bereich der letzten Meile rasant, die Schere zwischen Zustellkosten auf der einen und Kosten pro Paket auf der anderen Seite wird immer größer“, sagt Michael Lierow, Partner & Leiter Supply Chain bei dem Beratungsunternehmen. „Um langfristig profitabel zu sein und der wachsenden Menge an Paketen Herr zu werden, müssen Paketdienstleister jetzt neue Wege im Bereich der letzten Meile einschlagen. Denn nicht alle Verbraucher werden bereit sein, den hohen Preis für die Zustellung an der Haustür zu bezahlen.“

Zentrale Auslieferung als Alternative

Eine Alternative zur teuren Haustürzustellung, wo meistens nur ein Paket pro Stopp ausgeliefert werde, könnte die sogenannte Multi-Drop-Zustellung sein. Dabei würden mehrere Pakete auf einmal an Paketautomaten oder -shops ausgeliefert. Der Besteller holt die Ware dort ab und erledigt damit die letzte halbe Meile der Zustellung selbst. „Durch diese Form der zentralen Auslieferung sinkt die Zahl an Paketfahrzeugen auf Deutschlands Straßen“, so Lierow. „Der Verkehr wird weniger, Emissionen gehen zurück, die Infrastruktur wird entlastet. Und: Die Kosten für die Zustellung sind deutlich geringer als bei der Haustürzustellung.“

Der Analyse zufolge belaufen sich die Kosten bei der Multi-Drop-Zustellung im Jahr 2028 auf 2,80 Euro bis 3,30 Euro pro Paket. Damit wäre diese Variante mehr als ein Drittel günstiger als die Haustürzustellung.

In Zukunft: Letzte Meile kostet extra oder Abholung im Paketshop

Neben neuen Lösungen im Bereich der letzten Meile müssten Paketdienstleister nach Einschätzung Lierows auch dynamischere Auslieferungsstrukturen schaffen. Der Grund: Die meisten Verbraucher bestellten am Wochenende, sodass die Zahl der Auslieferungen am Montag und Dienstag um 30 Prozent höher sei als in der restlichen Woche. Damit würden am Beginn der Woche fast doppelt so viele Lieferfahrer benötigt. Damit schwanke auch die Nachfrage an Sortierleistungen. Agile Depots, in denen bestimmte Abschnitte bei Bedarf nicht genutzt oder aber hochgefahren werden, könnten helfen, die Schwankungen besser auszugleichen. Hinzu kämen flexible Linien- und Routenfahrpläne. Beispielhaft für agile Unternehmen verweist die Studie auf den Onlineriesen Amazon. Der presche voran und entwickle auch international einen Mix aus eigener Zustellung, Paketstationen und der Nutzung etablierter Paketdienstleister.

Auch wenn es laut der Untersuchung in Deutschland bereits Pilotlösungen gibt, so sei die Zustellung an Paketautomaten oder -shops weitaus weniger verbreitet als in vielen Nachbarländern. So werde in Polen bereits heute eine große Anzahl an Paketen über Paketstationen zugestellt. Lierow: „In Deutschland wird sich der Konsument in den nächsten Jahren umgewöhnen müssen: Entweder er zahlt für die letzte Meile oder er steigt auf Paketautomaten oder -shops um.“



Thorsten Schüller, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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3 Kommentare

Personal entlasten

von Krankgemacht am 19.04.2019 um 22:59 Uhr

Das Problem an dieser Stelle ist doch vielleicht eher, dass den Job wegen Überlastung keiner mehr machen möchte. Würden jedoch genügend Personen eingestellt, damit alle ohne Überstunden heim können, dann finden sich auch für moderate 20 Euro genügend Bewerber.

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Von den „Nebenkosten“ des Arzneimittelversandes zur Multi-Drop-Apotheke ...

von Christian Timme am 04.04.2019 um 10:07 Uhr

Von Umwegrentabilität reden alle ... wenn das Gegenteil Eintritt, kann keiner mehr „rechnen“.

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Bild

von Conny am 29.03.2019 um 10:53 Uhr

Deutschland im Jahr 2019 !

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