Apotheker-Aktion

#RettedeineApotheke stichelt weiter gegen EU-Versender

Berlin - 08.04.2019, 07:00 Uhr

Die drei Nachwuchsapotheker Dr. Joachim Schrot, Maximilian Wilke und Maria Zoschke (v.l., hier beim Berliner Protestmarsch) wollen weiter für die Interessen der Apotheke vor Ort kämpfen. (Foto: bro / DAZ.online)

Die drei Nachwuchsapotheker Dr. Joachim Schrot, Maximilian Wilke und Maria Zoschke (v.l., hier beim Berliner Protestmarsch) wollen weiter für die Interessen der Apotheke vor Ort kämpfen. (Foto: bro / DAZ.online)


Wer dachte, dass sich die Apotheker-Initiative #RettedeineApotheke nach dem Protestmarsch in Berlin schnell wieder auflöst, hat sich getäuscht. Die drei Nachwuchsapotheker Maria Zoschke, Dr. Joachim Schrot und Maximilian Wilke bleiben engagiert. Im Internet verbreiten sie derzeit zwei Grafiken, in denen es um die Qualitätsunterschiede zwischen EU-Versendern und Apotheken sowie um die möglichen Auswirkungen von Rx-Boni geht. Und auch um echte Politiker-Treffen bemühen sich die drei Pharmazeuten.

Der Protestmarsch in Berlin, bei dem kürzlich knapp 500 Apotheker und Apothekenmitarbeiter für den Erhalt der Apotheke vor Ort in Berlin auf die Straße gingen, war nicht die erste und letzte Aktion der Apotheker-Initiative #RettedeineApotheke. Wie schon von Mitinitiator Maximilian Wilke nach dem Marsch angekündigt, setzen die drei Nachwuchsapotheker ihre PR-Arbeit fort und sticheln insbesondere in den sozialen Netzwerken Twitter und Facebook weiter gegen den Einfluss internationaler Großkonzerne in der Arzneimittel-Versorgung.

Vergleich Apotheke vs. EU-Versender

Die neueste Aktion der drei Pharmazeuten: zwei Grafiken, die insbesondere auf Facebook tausendfach geteilt wurden. Tabellenartig vergleicht die Initiative in einer Grafik die Leistungen und Qualitätsmerkmale der EU-Versender mit denen der Vor-Ort-Apotheken. Neben der Versorgung am gleichen Tag thematisieren die drei Apotheker darin unter anderem auch die Kontrolle durch deutsche Behörden, die Arbeitsplätze in Deutschland, die Steuerzahlungen und die Investoreninteressen. Mitinitiator Wilke erklärte dazu auf DAZ.online: „Dieser Post wurde fast 2.500 mal geteilt. Das ist total irre. Und zeigt, wie wichtig soziale Medien für unsere Art der Kommunikation sind.“

(Grafik: #RettedeineApotheke)

In einer weiteren Grafik der Initiative geht es um die wirtschaftlichen Auswirkungen eines möglichen Rx-Bonus auf die Apotheke vor Ort. Anhand zweier Beispiele wird dort berechnet, wie viel vom Apothekenhonorar übrig bliebe, wenn ein Bonus von 5 oder 10 Euro anfallen würde. Konkret rechnen die drei Apotheker am Beispiel Insulin Aspart N3 (Verkaufspreis 161,61 Euro) vor, dass die Apotheke derzeit 12,22 Euro verdient, wobei 16 Cent davon in den Nacht- und Notdienstfonds wandern. Zieht man dann noch den Kassenabschlag ab, bleiben bei einem 5-Euro-Rabatt 5,29 für die Apotheke, das Honorar würde sich somit um 48 Prozent verringern.

Grafik: #RettedeineApotheke

Schrot will Spahn treffen

Aber welches Ziel verfolgt die Aktion? Was treibt die drei Apotheker weiterhin an? Wilke dazu: „Wir werden nicht aufhören, zu erklären, wie wichtig die Apotheken für die Menschen da draußen sind. Und zwar so lange, bis es auch der letzte Politiker, Krankenkassen-Chef oder Apotheken-Skeptiker gehört und verstanden hat. Da gibt es bei einigen noch jede Menge Nachholbedarf.“

Auch die derzeit von der Großen Koalition geplante Apotheken-Reform besänftigt die Nachwuchsapotheker nicht. Zur Erklärung: Mit dem Apotheken-Paket will das Bundesgesundheitsministerium das Rx-Boni-Verbot im SGB V verankern – eine Forderung, die die ABDA zumindest so ähnlich auch aufgestellt hat. Doch Wilke meint, dass sich durch das geplante Gesetzespaket nicht wirklich etwas ändern wird. Vielmehr beharren auch Wilke, Zoschke und Schrot weiter auf dem Rx-Versandverbot. Wörtlich erklärte der Berliner Apotheker:


Das meiste, was wir bisher von den Vorschlägen aus dem Ministerium gehört haben, halten wir für clever verpackte Beruhigungspillen. Da muss man sich die Details ganz genau ansehen. Vieles kann in Zukunft mächtig nach hinten losgehen, wenn es nicht sauber bis ins letzte Komma verhandelt wird. Auch wenn zwar im Moment keine Mehrheit für ein Rx-Versandverbot existiert, werden wir trotzdem weiter auf diesen Weg pochen. Denn das ist aus unserer Sicht in vielerlei Hinsicht die beste und nachhaltigste Lösung.“

Apotheker Maximilian Wilke


Auch abseits des Internets suchen die drei Pharmazeuten nun nach Wegen, wie sie ihre Forderungen der Politik vermitteln können. Schrot, der eine Apotheke in Schleswig-Holstein betreibt, hat einen Brief an das Bundesgesundheitsministerium geschrieben. Er möchte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Rande eines Wahlkampf-Termins nahe seinem Heimatort treffen.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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3 Kommentare

Apothekerprotestmarsch und Vergleiche

von Karl Becht am 20.04.2019 um 1:11 Uhr

Es ist 00.08 Uhr, Samstag 20.04.2019. Seit gestern, Karfreitag,
19.04.19, 08.30 Uhr, bestreite ich, teilweise zusammen mit meiner Tochter,
teilweise zusammen mit einer angestellten Apothekerin den
Notdienst in meiner Apotheke für einen Bezirk mit weit über 200000 Bewohnern. Oh, das Telefon läutet: ein besorgter Vater fragt, ob er noch Vomex-Zäpfchen für sein spukendes
Kind bekommen könnte, aber zehn Minuten bräuchte er schon bis er da ist. Bekommt er , während schon die nächsten Kunden im Anmarsch sind: Schwangerschaftstest,
aber bitte sicher und preiswert, jetzt ist es 0.30 Uhr und ich frag mich mal wieder, warum müssen eigentlich die holländischen Versender keine Notdienste leisten und
wenigstens ordentlich Steuern bezahlen? Ich hab die Eingangstür immer noch offen und der nächste Notfall kommt:
Gentamycin Augentropfen, verordnet von der Uniklinik
und schon wieder kommen die nächsten Patienten.
Seit 22.00 Uhr hab ich 21 Kunden bedient, konnte allen helfen, komme aber langsam selber an meine Grenze.
Immer wieder und immer öfter fällt mir jetzt unser ärgster
Feind ein: der Versender aus dem Nachbarland, hofiert
von den Medien, die nach meiner Ansicht nichts von unserem
anspruchsvollen Beruf wissen, die uns fast alle als geldgierige Quacksalber darstellen und erst merken werden, was man an uns gehabt hat, wenn, wie bei den Dorfkneipen , den kleinen Metzgereien und Bäckereien und vielen anderen Selbständigen dasteht: Geschlossen!!
Aber jetzt nicht nur Trübsal blasen: eine junge Frau lobt mich: 0.46 Uhr ich hab ihre Pille auf Lager und kann ihr Rezept einlösen. Sie fällt mir fast um den Hals " vielen Dank, dass es sie gibt. Das tut gut. Ich ziehe jetzt Bilanz, 189 Kunden waren es an diesem Karfreitag. Ich bin total erschöpft und würde am nächsten Feiertagsdienst am
Pfingstmontag so gerne einen Gesundheitspolitiker zu mir
einladen um ihr oder ihm zu zeigen wie wichtig unser berufliches Dasein für die Menschen vor Ort ist.
Vieles könnte ich noch kommentieren, aber jetzt muss ich etwas schlafen, ab 8.00 Uhr geht es wieder weiter,.
Frohe Ostern wünsch ich vor allem meinen Kolleginnen und Kollegen. Karl Becht, Hohbuch Apotheke, Reutlingen

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Vergleiche

von Dr.Diefenbach am 08.04.2019 um 19:26 Uhr

Was NUR noch ätzend ist.Es geht NUR noch um das Geld,wenn über uns hergezogen wird,es geht NUR noch um Marktanteile derer,die wohl nie in einer Apotheke gearbeitet haben,es geht NUR um unverschämte dumme Kommentare über die Apotheker ,wie letzte Woche mehrfach erlebt,(So diese AOK-Erscheinung und die humane Biotonne-das MUSSTE jetzt mal raus...)-Von Moral und Ethik sind Morast und Monetik übrig geblieben.Dann noch die elenden Behauptungen,dem Stand ginge es gut genug.Eigentlich sollte man bei Kammerwahlen uä. eine Liste "Widerstand" ins Leben rufen und regelmässige Aktionen in der Öffentlichkeit durchführen.Das Beispiel Berlin zeigt ja,dass es offenbar allerhand Effekte zeigt.AUFGEBEN GIBT ES NICHT!!!!

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Apothekenvergleich?

von Heiko Barz am 08.04.2019 um 11:27 Uhr

Was beim „Gegenüber“ der Zahlen gar nicht bezeichnet wird ist die Voraussetzung der gesetzlichen Basisverpflichtungen zwischen Vor Ort - und ausländischen Internetapotheken. Die Gegenüberstellung sollte die Gewinnmaximierung der Auslandsversender deutlich hervorheben und die Diskrepanz der gedachten „gleichlangen Spieße“ aufzeigen.
Den meisten Verbrauchern ist nur der preiswerte Einkauf wichtig und möglichst viele „Boni“ ( „ sammeln sie Punkte“ )!
Vielmehr sollten unsere Verbände Ihre Öffentlichkeitsintensionen darauf abstellen, welche direkten Leistungen - auch sozialer ART - TÄGLICH ohne jedes Aufsehen in jeder Deutschen Basisapotheke geleistet werden.
Ich erinnere nur sehr ungern an den April 2016 zum wahrscheinlichen EUGH Urteil des „Polen“ und der fehlenden Orientierung von F.Schmidt und des Herrn Tisch dieses anstehende Debakel aktiv zu verhindern. „Es würde wohl so schlimm nicht kommen und man hätte ja auch noch einen Plan B. Wir wissen nun, dass NICHTS getan wurde - GAR-NICHTS! Schon gar keinen Plan B.“
Das Apothekenhaus in seiner Errichtung war und ist auch heute noch viel wichtiger als die Zukunft derer zu schützen, für deren Wohl dieses Haus mit dauernd steigenden Pflicht-Zwangsbeiträgen zu errichten war.
Wem eigentlich gehört diese Objekt letztlich, wenn es den „Verantwortlichen“ dann gelungen ist, unseren Beruf an die Wand gefahren zu haben?

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