Demonstration in Bern

Schweizer Apotheker protestieren gegen Sparmaßnahmen

Berlin - 09.04.2019, 14:00 Uhr

Symbolisch warfen Schweizer Apotheker bei einer Protestaktion das grüne Apotheken-Kreuz in eine große Mülltonne. (Foto: Pharmasuisse)

Symbolisch warfen Schweizer Apotheker bei einer Protestaktion das grüne Apotheken-Kreuz in eine große Mülltonne. (Foto: Pharmasuisse)


Die Schweizer Apotheker sind dem Beispiel ihrer deutschen Kollegen gefolgt und ebenfalls auf die Barrikaden beziehungsweise auf die Straße gegangen. Dazu aufgerufen hatte der Apothekerverband pharmaSuisse. Mit einer Petition an den Bundesrat wollen sie auf ihre prekäre wirtschaftliche Situation aufmerksam machen.

Am gestrigen Montag haben die Schweizer Apotheker auf dem Bundesplatz in Bern die Aufmerksamkeit mit einer spektakulären Aktion auf sich gezogen. Um die Mittagszeit wurde dort ein vier mal vier Meter großes Apothekenkreuz errichtet, plakativ mit dem Leistungsspektrum der Vor-Ort-Apotheken besprüht und dann wieder eingeholt und in einen Abfallcontainer entsorgt. „Und wer kümmerst sich morgen um Ihre Gesundheit?“, fragten sie die Passanten. Nach der „Entsorgung des Apothekenkreuzes“ informierte pharmaSuisse-Präsident Fabian Vaucher per Mikrofon über den Abbau bei der Grundversorgung und alternative, zukunftsfähige Lösungen. Auch Pharma-Assistenten und Studierende kamen zu Wort. Danach gab es Möglichkeiten zur Diskussion.

Unterschriftenaktion für Petition an den Bundesrat

Mit dem Event wurde eine Petition mit dem Titel „Auch morgen medizinisch gut umsorgt“ lanciert. Im April und Mai 2019 wollen Apotheken-Teams vereint Unterschriften dafür sammeln. Am 7. Mai soll ein nationaler Sammeltag stattfinden. Die Petition soll den Bundesrat an seine verfassungsrechtliche Verpflichtung erinnern, für eine medizinische Grundversorgung zu sorgen, die einfach zugänglich, von hoher Qualität ist und auf dem Miteinander von Apothekern, Hausärzten und Pflege beruht. Alle in der Schweiz lebenden Personen können die Unterschrift leisten. Insgesamt sollen 200.000 Unterstützer zusammenkommen. 

Worum geht es den Apothekern?

In einer Medienmitteilung verweist pharmaSuisse auf eine „Vielzahl von unkoordinierten Abbaumaßnahmen“, die der Bundesrat plane und die die medizinische Grundversorgung von Frau und Herrn Schweizer bedrohten. Die Petition richtet sich vor allem gegen die letzten zwei Initiativen, die der Bundesrat Mitte September 2018 zur Diskussion gestellt hat: die Reduktion des Vertriebsanteils sowie die Einführung eines Referenzpreissystems für Generika

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Weitere sollen im Verlauf des Jahres 2019 folgen. Zum wiederholten Mal setze der Bundesrat den Rotstift bei Apotheken, Hausärzten oder der Pflege an, so die heftige Kritik der Apotheker. Schon in den vergangenen Jahren seien zahlreiche Einschnitte umgesetzt und bereits mehrere hundert Millionen Franken eingespart worden. Rund 20 Prozent der Apotheken befänden sich aufgrund ihres geringen Ertrags schon heute in einer wirtschaftlich schwierigen Lage. Hierzu verweist der Apothekerverband auf die Rollende Kostenstudie in der Apotheke (RoKA 2017) der KOF Konjunkturforschungsstelle für das Geschäftsjahr 2016.

Apothekensterben durch Referenzpreise?

Daneben wird eine weitere Studie im Auftrag des Bundesamts für Gesundheit (BAG) und des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) angeführt. Diese komme zu dem Schluss, dass die Sparmaßnahmen ein Apothekensterben zur Folge hätten. Die Studie, deren Schlussbericht im Dezember 2018 präsentiert wurde, befasst sich mit der Regulierungsfolgenabschätzung zur Einführung eines Referenzpreissystems in der Schweiz.

In dem Bericht wird dargelegt, dass sich die Lage für die Apotheken ähnlich wie bei den selbstdispensierenden Ärzten unter einem Referenzpreissystem schwierig gestalte. Sie seien nicht nur durch die niedrigere Vertriebsmarge betroffen. Es wird auch mit höheren Lagerhaltungskosten und einem höheren administrativen Aufwand gerechnet, unter anderem wegen der Diskussionen mit den Patienten. Konkret schreiben die Studienautoren: „Wir erwarten, dass mit einem Referenzpreissystem die Wahrscheinlichkeit von Schließungen steigt, doch anhand der qualitativen Erhebungen und Analysen ist nicht abzuschätzen, wie stark die Wahrscheinlichkeit steigt und ob es tatsächlich zu Schließungen kommt.“

Insgesamt wird die Möglichkeit von Apothekenschließungen durch das Referenzpreissystem jedoch als wahrscheinlicher eingeschätzt als bei den Arztpraxen, da bei ihnen ein größerer Teil der Einnahmen betroffen ist. 

(Foto: pharmaSuisse)

Schweizer Apotheker als kompetente Grundversorger

Die Apotheker wollen gegenüber der Politik vor allem mit ihrem umfangreichen Leistungsspektrum punkten. Sie seien nicht nur Kostensparer und Lösungsbringer, sondern auch Erstversorger, Präventionsfachleute, verlässliche Betreuungspersonen und Medikamenten-Manager, heißt es in der Aufzählung ihrer Kompetenzen. Viele Gesundheitsprobleme ließen sich sofort in der Apotheke abklären und teilweise auch mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln behandeln. Dies spare Zeit und reduziere Kosten gegenüber dem, was alternativ bei anderen Leistungserbringern dafür anfalle. Im Bereich der Prävention werden die unkomplizierten Vorsorgetests und das Impfangebot hervorgehoben. Mit dieser Angebotspalette leisteten die Apotheken ihren Beitrag an eine wohnortnahe und persönliche Grundversorgung. Davon profitieren ihrer Überzeugung nach im Netzwerk der Grundversorger auch die anderen Leistungserbringer, ebenso wie die Bevölkerung als Kunden, Patienten und Prämienzahlende. Die geplanten Baumaßnahmen des Bundesrats gefährdeten nun dieses Angebot, so die Befürchtung.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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