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Pilotprojekt in der Schweiz
Tessiner Apotheker geben Antibiotika nur noch passgenau ab
Im Schweizer Kanton Tessin geben die Apotheken ihren Kunden nur noch genauso viele Antibiotika-Tabletten mit, wie sie für die Therapie benötigen, unabhängig von im Handel befindlichen Packungsgrößen – als Maßnahme im Kampf gegen Antibiotika-Resistenzen. Die meisten Patienten reagieren positiv darauf.
Seit Anfang des Jahres läuft in der Südschweiz ein
Modellversuch, mit dem die Apotheker einen Beitrag zum Antibiotika-Sparen und damit
gegen die Resistenzentwicklung leisten wollen. Mitte Dezember 2018 hatte das
Kantonsapothekerbüro des Kantons Tessin die Pilotstudie zur Auseinzelung von
Antibiotika aus Fertigpackungen in einem Rundschreiben angekündigt.
Die Initiative geht zurück auf einen Beschluss des Schweizer Bundesrates. Bei
dem Versuch sollen die Tessiner Apotheker nur die tatsächlich verordnete Menge
aus der Handelspackung abgeben, wenn es keine passende Packungsgröße gibt. Die Teilnahme
an dem Pilotprojekt ist freiwillig.
Was bei der Auseinzelung beachtet werden muss
Nach den Hinweisen des Kantonsapothekerbüros ist bei der Abgabe der verordneten Teilmengen einiges zu beachten: So sollen die Arzneimittel in der zugelassenen Fertigpackung abgegeben werden, damit wichtige Informationen, wie die Chargennummer und das Verfalldatum nicht verloren gehen. Außerdem muss die Packungsbeilage mitgegeben werden. Überschüssige Dosen sollen aus der Packung herausgenommen und auf den Namen des Patienten bis einige Tage nach dem zu erwarteten Ende der Behandlung aufgehoben werden, für den Fall, dass Arzt sich später für eine Verlängerung der Therapie entscheidet. Die Apotheke soll der Krankenkasse die Packungsgröße in Rechnung stellen, die der verordneten Dosismenge am nächsten ist.
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Jetzt
wird über die ersten Erfahrungen mit dem Modellprojekt berichtet und ein
praktisches Beispiel beschrieben: Ein
Patient muss an drei Tagen je zwei Tabletten einnehmen. Das betreffende
Antibiotikum gibt es aber nur in einer Zehnerschachtel. Der Apotheker öffnet die
Packung und behält vier Tabletten zurück. Sollte der Arzt die Therapie verlängern,
so kann er die restlichen Tabletten in der Apotheke abholen. Mit dieser Art der
Antibiotika-Abgabe solle auch verhindert werden, dass Patienten die
überzähligen Tabletten trotzdem einnehmen, ohne ärztliche Verschreibung für
andere Erkrankungen verwenden oder an Dritte weitergeben, erläutert das
Schweizer Radio und Fernsehen (SRF). Überzählige Tabletten sollten in die
Apotheke zurückgebracht und dort korrekt entsorgt werden. „Mit unserem System
nehmen wir diesen Schritt einfach vorweg“, wird der Tessiner Kantonsapotheker
Giovan Maria Zanini zitiert. Zanini
freut sich, dass viele Apotheken an dem Pilotprojekt teilnehmen.
Die Behandlung bezahlt und nicht die Packung
Nach den Beobachtungen der Tessiner Apotheker reagieren die Kunden mehrheitlich positiv auf die genaue Abgabe der verordneten Dosen. Einige verlangten jedoch die ganze Packung mit der Begründung, dass sie auch alle Tabletten bezahlt hätten. Diesen Kunden rät der Kantonsapotheker zu einem anderen Denkansatz. Der Arzt habe ihnen nicht eine Packung des Antibiotikums verschrieben, sondern eine Behandlung, und für diese Behandlung werde der volle Preis bezahlt, so seine Logik. Überdies verdiene der Apotheker nicht mehr daran, versichert Zanini der Öffentlichkeit, denn die überzähligen Tabletten würden nicht weiterverkauft, sondern entsorgt, sobald klar sei, dass der Kunde die Behandlung nicht weiterführen müsse. „Wichtig ist, dass dem Kunden der Sinn der Aktion richtig erläutert wird“, betont der Kantonsapotheker. „Vor allem soll er wissen, dass dies zugunsten der Gesellschaft gemacht wird.“
Gute Erfahrungen in Frankreich
Die Anregung für das Projekt im Tessin kommt aus einem Nachbarland. In dem Rundschreiben des Kantonsapothekerbüros wird auf eine kürzlich in Frankreich durchgeführte Studie verwiesen, die die Vorteile der Abgabe von bedarfsgerechten Teilmengen von Antibiotika gezeigt habe. In dem Modellversuch in insgesamt 100 Apotheken hatte sich herausgestellt, dass die beabsichtigte Dauer der antibiotischen Therapie bei 60 Prozent der Verordnungen nicht zu den verfügbaren Packungsgrößen passte. Unter dem Strich wurden bei dem Vergleich der Auseinzelung mit der Standardbelieferung zehn Prozent weniger Einzeldosen abgegeben. Die individualisierte Abgabe wirkte sich auch positiv auf die Adhärenz aus. In der Kontrollgruppe mit den handelsüblichen Packungen nahmen rund zwei Drittel der Patienten die gesamten verordneten Dosen ein, in der Gruppe mit den angepassten Einzeldosen etwa 91 Prozent.
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In Deutschland wurde die Abgabe von Teilmengen im Sinne einer kostensparenden Versorgung mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz erleichtert Nach dem Rahmenvertrages über die Arzneimittelversorgung (§ 6 Abs. 2 im bestehenden Rahmenvertrag, bzw. § 16 in der neuen Fassung, die ab dem 1. Juli 2019 gilt) ist die Abgabe einer Teilmenge aus einer Fertigarzneimittelpackung aber nur auf ausdrückliche ärztliche Anordnung zulässig. Nach dem neuen Rahmenvertrag soll die Auseinzelung in Zukunft außerdem auch dann erlaubt sein, wenn dies in Einzelverträgen gesondert vereinbart worden ist. Laut Arzneimittelgesetz dürfen Teilmengen nur mit der für das Fertigarzneimittel vorgeschriebenen Packungsbeilage abgegeben werden (§ 11 Abs. 7 AMG). Außerdem fordert die Apothekenbetriebsordnung, dass der Name und die Anschrift der abgebenden Apotheke angegeben werden müssen.
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