Mobile Arztpraxis

Deutsche Bahn will mit Praxis-Bussen verdienen

Berlin - 26.04.2019, 14:10 Uhr

Die Deutsche Bahn startet eine neue Offensive mit ihrem Medibus, der in Teilen Deutschlands bereits getestet wird. (Foto: Deutsche Bahn)

Die Deutsche Bahn startet eine neue Offensive mit ihrem Medibus, der in Teilen Deutschlands bereits getestet wird. (Foto: Deutsche Bahn)


Rollende Arztpraxen sollen den Medizinermangel in ländlichen Regionen mildern. Daran will die Deutsche Bahn als Busbetreiber verstärkt mitverdienen. Bis Anfang 2020 will der Konzern sieben solcher „Medibusse“ bereitstellen, wie der Bahn-Projektleiter, Arndt Hecker, in Berlin ankündigte. In der Hauptstadt wurde am Freitag das vierte derartige Fahrzeug des Unternehmens vorgestellt. Es sieht von außen wie ein Linienbus aus, im Inneren sind Behandlungsbereich, Labor und Warteplätze eingerichtet.

Die Bahn sieht in dem Nischenbereich Medibus einen wachsenden Markt für ihre Bussparte. Der Arztmangel macht sich in ländlichen Regionen in Deutschland vielerorts bemerkbar. Seit Sommer 2018 fährt ein „Medibus“ bereits in hessischen Gemeinden mit Arztmangel. Die Kassenärztliche Vereinigung mietet dort den Bus und stellt den Hausarzt und Arzthelfer. Andere Busse kamen etwa schon für Impfkampagnen zum Einsatz. Der neue Bus der Deutschen Bahn soll in der nächsten Woche als Impfbus berufliche Schulen in Sachsen ansteuern.

Das Bundesgesundheitsministerium sieht den Medibus als ein effizientes und innovatives Mittel. „Er kann dazu beitragen, die ärztliche Versorgung auf dem Land vorübergehend zu verbessern“, sagte eine Sprecherin.

Wie funktioniert das Konzept der Bahn?

Die Bahn- Sparte für den regionalen Busverkehr den „DB Medibus“ entwickelt, in dem sich eine rollende Praxis für Allgemeinmedizin befindet: mit Wartezimmer, Behandlungsraum samt Liege, Labor und Kühleinheiten. Von außen sieht das Fahrzeug wie ein Linienbus aus. Er ist technisch so ausgestattet, dass auch Telemedizin möglich ist: Es besteht eine dauerhafte Internetverbindung, sodass auch eine Beratung per Video angeboten werden kann. Auch die Erstanmeldung mit Krankenkassenkarte funktioniert. Die Bahn vermietet das Fahrzeug und stellt den Fahrer. Ärzte, Fachpersonal und Geräte wie Ultraschall organisieren laut Konzept die Projektpartner. Auch ein Zahnarzt-Bus ist bei der Bahn in Planung. Dieser soll dann in Ostfriesland und Südbayern getestet werden.

Wo kam der Medizinbus schon zum Einsatz?

Seit Juli 2018 ist ein Medibus bereits in Hessen unterwegs, mit Hausarzt und Arzthelferin an Bord. Nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) geht es unter der Woche in fünf Gemeinden mit Ärztemangel. Der Bus soll auch als Unterstützung dienen, wenn Praxen in der Region überlastet sind. Im Ballungsraum Berlin gab es ebenfalls schon Einsätze zu Impfzwecken. Die Uniklinik Charité steuerte von Ende 2016 an Flüchtlingsunterkünfte an, in denen sich rund 6000 Geflüchtete impfen ließen, wie der stellvertretende Ärztliche Direktor, Joachim Seybold, sagt. Von Mitte 2017 bis Ende 2018 fuhren Charité-Experten per Bus zu Schulen in Berlin und Brandenburg, um Schüler über Impfungen zu informieren und manche von ihnen zu impfen. In Sachsen soll von Anfang Mai an ein Bus für eine Impfkampagne zu beruflichen Schulzentren fahren. Die Bahn will das Konzept des medizinischen Busses weiter ausbauen und bis Anfang 2020 sieben solcher Fahrzeuge bereitstellen.

Was sagen die Ärzte?

Bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) heißt es, mobile Angebote seien in Gegenden durchaus sinnvoll, in denen es sonst keine Infrastruktur mehr gebe. Dabei existieren neben der rollenden Praxis, die zu den Patienten kommt, auch schon Projekte nach umgekehrtem Prinzip: Patienten werden zu Ärzten gebracht. In Ostfriesland fährt zum Beispiel ein Shuttlebus an Wochenenden Hilfebedürftige zu einer Bereitschaftspraxis und nach der Behandlung wieder zurück, wie die KV Niedersachsen erläutert. Ein anderes Modell eines „Patientenbusses“ in Leer (Ostfriesland) wurde nach gut einem Jahr im Probelauf nicht weitergeführt. Dabei ging es aus dem Umland für 4,60 Euro zu Ärzten in die Stadt, bei längeren Wartezeiten auch per Taxi ohne Aufschlag zurück. Im Regelbetrieb ließ sich so etwas aber nicht finanzieren.

Was sagen Verbraucherschützer?

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) findet Überlegungen zum Sicherstellen einer flächendeckenden Versorgung generell hilfreich. Innovative Ansätze samt neuer telemedizinischer Möglichkeiten seien da eine Option, sofern die notwendige Expertise eingebracht und die ärztlichen Standards eingehalten würden, sagt vzbv-Experte Kai Vogel. „Rollende Arztpraxen sollten trotzdem nur eine absolute Notlösung darstellen.“ Im Fokus müsse bleiben, das Kernproblem zu lösen: die regional so unterschiedliche Verteilung der Ärzte vor Ort.



bro / dpa
brohrer@daz.online


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1 Kommentar

Praxisbusse

von Roland Mückschel am 26.04.2019 um 16:29 Uhr

Die Bahn will an Praxisbussen verdienen?
Kennen die ihre Gemeinwohlpflichten nicht
Ist bei den Fahrkarten doch alles schon
eingepreist.
Diese Gierschlunde.

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