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EU-Zulassung für Skyrizi
Schuppenflechte-Antikörper mit Memory-Effekt?
Für Abbvie geht vielleicht ein neuer Stern am Antikörperhimmel auf: Ein halbes Jahr nach Patentauslauf von Humira bekommt der Biologika-Konzern die EU-Zulassung für das Schuppenflechte-Präparat Skyrizi. Der Wirkstoff Risankizumab hemmt, ähnlich wie Guselkumab von Janssen, selektiv das Entzündungsprotein Interleukin-23. Studienergebnisse legen nahe, dass mit diesem Wirkmechanimus auch eine Art „Gedächtniseffekt“ verbunden sein könnte.
„Nichts ist alles“ – ein ungewöhnliches Motto für eine Arzneimittellaunch-Pressekonferenz. In der Dermatologie ergibt dieser Claim allerdings Sinn. Am vergangenen Dienstag stellte Abbvie seinen neuen Psoriasis-Antikörper Risankizumab (Skyrizi®) in Berlin vor, der beim Zielkriterium „erscheinungsfreie Haut“ in der Vergleichsstudie Immvent bessere Ergebnisse als der hauseigene Blockbuster Humira® (Adalimumab) zeigte.
Ab 1. Juni im Apothekenregal
Am selben Tag erhielt Skyrizi® die europaweite Zulassung zur Behandlung der mittelschweren bis schweren Plaque-Psoriasis, die für eine systemische Therapie infrage kommt. Die Zulassung umfasst Skyrizi® in einer Dosierung von 150 mg, die als Induktionsdosis jeweils in Woche null und Woche vier gegeben wird, gefolgt von einer Erhaltungsdosis alle zwölf Wochen. Laut Abbvie soll der neue Schuppenflechte-Antikörper ab dem 1. Juni in Apotheken zur Verfügung stehen.
Ähnlich wie Guselkumab (Tremfya®, Janssen) hemmt Risankizumab selektiv das Zytokin Interleukin-23 (IL-23), das beim Entzündungsgeschehen der Schuppenflechte eine Schlüsselrolle spielen soll. IL-23 aktiviert eine bestimmte Subpopulation von T-Zellen, TH1 und TH17, welche TNF-α-vermittelt die Inflammation bei Psoriasis triggern.
Welches ist das wichtigste Zytokin?
Welches Interleukin das wichtigste bei der Schuppenflechtebehandlung ist, darüber streiten sich die Pharmafirmen. So ist Novartis, Hersteller des IL-17A-Antikörpers Cosentyx® (Secukinumab), von „seinem Signalweg“ überzeugt. Laut Abbvie soll die IL-17A-Hemmung mit vermehrten Candida-Hautinfektionen verbunden sein. Außerdem ist der Pharmakonzern der Ansicht, dass es auf die selektive Hemmung ankommt. So zeigte sich Risankizumab in den beiden Vergleichsstudien Ultimma-1 und Ultimma-2 überlegen gegenüber Ustekinumab (Stelara®), das gleichzeitig IL-23 und IL-12 hemmt.
Fast jeder zweite Psoriatiker „erscheinungsfrei“
Gemessen wird die Wirksamkeit von Antipsoriatika übrigens anhand des sogenannten PASI-Scores (Psoriasis Area Severity Index), in den Rötung, Verdickung, Schuppung und die Ausdehnung der von Psoriasis betroffenen Hautfläche einfließen. Eine PASI 90-Reduktion entspricht einer Symptomverbesserung der Haut um 90 Prozent vom Ausgangswert.
Neben den Vergleichsstudien mit Humira® und Stelara® hatte Abbvie auch eine placebokontrollierte Zulassungsstudie durchgeführt: Bei der sogenannten Immhance-Studie erhielten die Psoriatiker entweder Risankizumab 150 mg oder Placebo in Woche null und Woche vier. Nach 16 Wochen erreichten unter Risankizumab 73 Prozent der Patienten ein PASI-90-Ansprechen, 47 Prozent eine komplett erscheinungsfreie Haut (PASI-100). Die mit Placebo therapierten Patienten hatten ein PASI-90-Ansprechen von 2 Prozent, eine komplett erscheinungsfreie Haut wurde mit Placebo bei 1 Prozent der Psoriatiker erreicht.
Gedächtniseffekt – weitere Forschung nötig
87 Prozent der Patienten, die unter Skyrizi in Woche 28 ein Ansprechen von erscheinungsfreier oder nahezu erscheinungsfreier Haut erreichten, konnten von der Wirkung auch noch nach einem Jahr (Woche 52) profitieren. Dabei könnte das sogenannte Entzündungsgedächtnis eine Rolle spielen, erläuterte Professor Kristian Reich, Facharzt für Dermatologie, auf der Pressekonferenz. IL-23 sei ein Überlebensfaktor für Entzündungszellen. Können die Patienten das Präparat also einfach absetzen, sobald sich das Hautbild normalisiert hat?
Noch wisse man nicht, welche Patientengruppen von diesem „Gedächtniseffekt“ besonders profitieren, heißt es aus dem Konzern. Abbvie beabsichtigt allerdings, dieses Phänomen durch weitere Forschung zu bestätigen. Experten gehen davon aus, dass vor allem ein früher Behandlungsbeginn zu einer anhaltenden Symptomfreiheit beitragen könne.
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