Für eine effizientere Medizinalhanfversorgung

Verband der Cannabis versorgenden Apotheken gegründet

Berlin - 10.06.2019, 09:30 Uhr

Der Verband
der Cannabis versorgenden Apotheken (VCA) hat sich neu gegründet. (b/Screenshot: DAZ.online)

Der Verband der Cannabis versorgenden Apotheken (VCA) hat sich neu gegründet. (b/Screenshot: DAZ.online)


Die medizinische Cannabisbranche boomt – doch bei der Patientenversorgung in der Apotheke tauchen noch viele Probleme auf. Der Verband der Cannabis versorgenden Apotheken (VCA) hat sich auf die Fahne geschrieben, die Medizinalhanfversorgung effizienter und patientenfreundlicher zu gestalten. Außerdem setzt sich der Verband unter anderem für Vereinfachungen bei der Identitätsprüfung und für die angemessene Honorierung pharmazeutischer Dienstleistungen rund um medizinisches Cannabis ein. Der frisch gegründete VCA will die kommende Expopharm, wo medizinisches Cannabis eines der Schwerpunktthemen sein wird, mit Vorträgen und Workshops unterstützen.

Intensive Patientenberatung, Rückfragen vom Arzt, Telefonate wegen Lieferengpässen: Bei der Medizinalhanfversorgung laufen alle Fäden in der öffentlichen Apotheke zusammen. Apotheker, die regelmäßig Cannabispatienten versorgen wissen, dass es dabei alles andere als rund läuft.

Die Pharmazeuten Astrid Staffeldt (stellvertretende Vorsitzende), Tobias Loder, Johannes Ertelt und Markus Fischer (Vorsitzender) wollen es nicht bei einfacher Kritik bewenden lassen. Deshalb gründeten die vier Cannabis-erfahrenen Apotheker am 31. Januar den Verband der Cannabis versorgenden Apotheken (VCA), um sich für bessere Bedingungen für Apotheken und Patienten in der Cannabismedizin einzusetzen. Seit der vergangenen Woche ist der VCA im Netz und Social Media präsent.

Cannabis-Analytik sinnvoll vereinfachen

Zu den Kernforderungen der Gründungsmitglieder gehört es, die Komplexität in der Cannabisversorgung abzubauen. Dabei hat der VCA unter anderem die arbeitsaufwändige Identitätsprüfung von Cannabisblüten im Visier. „Die Prozesse rund um die Cannabisversorgung müssen vereinfacht werden. So ist beispielsweise die Eingangsprüfung von Cannabisblüten oder -extrakten in der Apotheke sehr arbeitsintensiv und kostet uns wertvolle Beratungszeit. Deshalb beschäftigen wir uns mit der Frage, wie die Cannabis-Analytik auf sinnvolle und dennoch sichere Weise vereinfacht werden könnte“, erklärt Tobias Loder, Inhaber der Lux99 Apotheke in Hürth, stellvertretend für den VCA gegenüber DAZ.online.

Angemessene Vergütung pharmazeutischer Dienstleistungen

Außerdem fordert der Verband, im Zusammenhang mit der Diskussion um den Apothekenzuschlag, ein angemessenes, auf den Arbeitsaufwand zugeschnittenes Apothekenhonorar für die Abgabe von medizinischem Cannabis. Außerdem sollen aus Sicht des VCA die pharmazeutischen Dienstleistungen im Rahmen der Medizinahlhanfberatung vergütet werden. „Der hohe Beratungsaufwand nach allen Seiten und der sehr hohe bürokratische Aufwand (Dokumentation, Prüfung, Genehmigung der Hilfsmittel, uvm.) ist enorm groß und oftmals haben Patienten nur aufgrund der Erbringung o.g. pharmazeutischer Dienstleistungen durch die Apotheken Zugang zu dieser neuen Therapie-Option“, erklären die Gründungsmitglieder auf ihrer Website.

Wie werden wohl die Kassen diese Forderungen aufnehmen, die die Cannabistherapie jetzt schon zu teuer finden? Zu diesem häufig vorgebrachten Kostenargument bringen die Gründungsmitglieder eine neue Perspektive ins Spiel. So zeige sich im Beratungsalltag, dass viele Cannabispatienten ihre bisherige Medikation reduzieren konnten. Diese ökonomischen Effekte seien allerdings noch nicht evaluiert worden.

Qualitätssiegel „Cannabis-kompetente Apotheke“ in Arbeit

Um die hohe Beratungskompetenz der Apotheker weiterhin aufrecht zu erhalten, sind aus Sicht des Verbandes Schulungen und Fortbildungen sehr wichtig. Um mit gutem Beispiel voran zu gehen, verpflichten sich die Mitglieder selbst dazu, durch Fortbildungen beim Cannabis wissenschaftlich auf dem Laufenden zu bleiben. Des weiteren entwickelt der VCA aktuell das Qualitätssiegel „Cannabis-kompetente Apotheke“ für ihre Mitglieder. Wenn eine Apotheke künftig dieses Siegel trägt, soll dieses belegen, dass sich dort gut ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter intensiv um die Belange der Patienten und Ärzte kümmern können. Zu den Qualitätskriterien sollen außerdem kurze Reaktionszeiten bei Anfragen per Telefon oder Email, eine ausreichende Bevorratung von medizinischem Cannabis zur sofortigen Belieferung und ein absolut regelkonformes Verhalten der VCA-Mitglieder gehören.  

Cannabisversorgung patientenfreundlicher machen

Auch für die Cannabispatienten lässt sich noch vieles verbessern, finden die Gründungsmitglieder. Ein wichtiger Ansatzpunkt ist dabei das derzeitige komplexe Genehmigungsverfahren, das nicht selten zu Therapieunterbrechungen oder -verzögerungen führt. „Und wenn der Patient endlich sein Medikament bekommt, gibt es immer noch viele Unsicherheiten, beispielsweise bei Kontrollen im Straßenverkehr. Deshalb schlagen wir vor, dass Patienten einen elektronischen Cannabispass bekommen können sollten, um sich ggf. auch gegenüber der Polizei ausweisen zu können“, so Loder, der Cannabispatienten schon seit 2014 versorgt, als Medizinalhanf nur per Ausnahmegenehmigung vom BfArM erhältlich war.

Vorsitzender Fischer: „Eine selten da gewesene Chance“

Die Apotheker sehen beim Medizinalhanf jedoch bei weitem nicht nur Probleme, sondern auch Chancen. Denn bei der Cannabismedizin geht es letztendlich um ein urpharmazeutisches Thema – die Anwendung einer Heilpflanze. Apotheken sind sowohl für den Patienten als auch für ratsuchende Ärzte nicht selten der Fels in der Brandung beim Medizinalhanf. VCA-Vorsitzender Markus Fischer hebt dabei den berufspolitischen Aspekt hervor: „Es ist nunmal eine selten da gewesene Chance, den Menschen, der Politik und den Stakeholdern zu zeigen, was Apotheker können – außerhalb des Klischees der teuren Abgabestelle.“

Nächster Meilenstein: Expopharm

Um seine Ziele zu verwirklichen will der frisch gegründete Verband möglichst schnell wachsen. Um neue Mitglieder anzuwerben, will der Verband unter anderem die kommende Expopharm nutzen, bei der sich die Apotheker auch inhaltlich beteiligen wollen. „Da in diesem Jahr Cannabisversorgung eines der Schwerpunkte dieser Pharmamesse sein wird, unterstützen wir das Programm mit Vorträgen und Workshops rund um Medizinalhanf in der Apotheke“, erklärt Loder.

Bei der Lobbyarbeit wollen die Apotheker unter anderem eng mit der ABDA zusammenarbeiten und sich der Standesvertretung als kompetente Ansprechpartner anbieten. So seien in Kürze Gespräche mit der ABDA zum Thema pharmazeutische Dienstleistungen geplant, was im Rahmen der Debatten um die geplante Apothekenreform sehr aktuell ist. Auch mit weiteren Organisationen wie Ärzteverbänden will sich der VCA intensiv austauschen.  „Darüber hinaus sprechen wir selbstverständlich auch direkt mit den politischen Entscheidern“, betont Loder.



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Für, oder gegen Legalize?

von Krankgemacht am 13.06.2019 um 12:41 Uhr

Der Verband der Cannabis Versorgenden Apotheken möchte die Cannabisvergabe vereinfachen und führ höhere Profite der Apotheker sorgen. ABER möchte solch ein Verband damit den Markt absichern und ist gegen die Legalisierung von Cannabis? Denn mit dieser würden gewiss viele einfach ihre Pflanzen hoch ziehen und das Verbraucherzeug kaufen, um nicht zum entmündigenden Arzt zu müssen. Eigenanbau für unter einen Euro das Gramm ist für viele möglich!

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