Lockerung der Abgabe von Rx-Arzneimitteln

Neue „Behandlungsapotheker“ in dänischen Apotheken

Remagen - 05.08.2019, 10:15 Uhr

In Dänemark dürfen Behandlungsapotheker seit August auch bestimmte Arzneimittel für Dauertherapien ohne Rezept abgeben. (c / Foto: Polarpx / stock.adobe.com)

In Dänemark dürfen Behandlungsapotheker seit August auch bestimmte Arzneimittel für Dauertherapien ohne Rezept abgeben. (c / Foto: Polarpx / stock.adobe.com)


In Dänemark dürfen Apotheker mit einer Zusatzausbildung seit Anfang Juli bestimmte Arzneimittel zur Dauerbehandlung auch ohne Rezept an Patienten abgeben. Das Sortiment ist allerdings relativ eingeschränkt.

Dänemark hat ein neues System eingerichtet, mit dem Patienten unter Dauertherapien eine Anschlussmedikation auch ohne Rezept in der Apotheke abholen können. Hierzu wurde eine neue Spezialqualifikation geschaffen, der „Behandlungsapotheker“. Eine Durchführungsverordnung regelt, was die neuen „Behandlungsapotheker“ im Rahmen des Systems dürfen und was nicht. 

Nur einmal und nur die kleinste Packung

Nach der Verordnung dürfen sie verschreibungspflichtige Medikamente für Patienten nachbestellen, die einen Behandlungsbedarf, aber kein aktuell gültiges Rezept haben. Die Präparate dürfen nur an Patienten abgegeben werden, die sich in einer „stabilen medizinischen Behandlung“ befinden. Hiermit ist gemeint, dass der Patient ein Arzneimittel bei unveränderter Dosis für eine bestimmte Indikation schon länger als sechs Monate bekommen hat.

Mehr zum Thema

Landapotheken-Fonds und Light-Apotheken

Dänemark

Der behandelnde Apotheker darf das Arzneimittel nur in der kleinsten Packung und nur einmal nachbestellen und abgeben. Danach muss der Patient wieder zum Arzt gehen, wenn er das Arzneimittel weiter braucht. Auf Schwangere, Stillende sowie Kinder unter 15 Jahren wird das neue System nicht angewendet. Der Behandlungsapotheker muss den behandelnden Arzt des Patienten unverzüglich über veranlasste Nachbestellungen informieren und diese dokumentieren.

Was darf ohne Rezept abgegeben werden?

Das Sortiment der Arzneimittel, die unter die Neuregelung fallen, ist relativ eingeschränkt. Es umfasst zum Beispiel Insuline für Typ-1- oder Typ-2-Diabetiker, Antihypertensiva wie Thiazide, Beta-1-selektive Betablocker, Thiazid-Kalium-Kombinationen, Calciumantagonisten, ACE-Hemmer, auch in Kombination mit anderen Blutdrucksenkern, Angiotensin-II-Antagonisten, Statine, Glukokortikoide zur äußeren Anwendung, hormonale Kontrazeptiva sowie verschiedene Medikamente zur Inhalation für bestimmte Asthma- und COPD-Patienten. Die Patienten müssen in der Apotheke neben den Kosten für das Arzneimittel eine Gebühr von 20 Euro entrichten.

Manchmal erst wieder zum Arzt

Wer Behandlungsapotheker werden will, muss dafür zusätzliche Spezialkurse absolvieren, die mit einer schriftlichen Prüfung abschließen. Hierzu wurde eine neue Ausbildungsordnung erlassen. Bei der Beurteilung prüft der Apotheker, ob irgendwelche Umstände dagegensprechen, dass der Patient seine übliche Medikation ohne ärztliche Konsultation fortsetzt. Ist das der Fall, so muss er zunächst an seinen Arzt verwiesen werden, bevor das Arzneimittel dann eventuell später wieder direkt in der Apotheke geholt werden kann. Die Nachsorge über die Apotheke ist auch dann nicht möglich, wenn der behandelnde Arzt dem widersprochen hat.

Mit großer Mehrheit angenommen

„Die Gesetzesänderung war bei der damaligen Regierung unter anderem dadurch motiviert, dass sie die Expertise der Apotheker weiter nutzen wollte“, erklärt die Präsidentin des dänischen Apothekerverbandes Anne Kahn. „Außerdem sollten die Apotheken enger in das Gesundheitssystem eingebunden und der Service für die Bürger verbessert werden.“ Das Schema des Behandlungsapothekers sei kurz vor Weihnachten mit überwältigender Mehrheit vom dänischen Parlament verabschiedet worden, betont Kahn.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Besondere Apotheken-Services in anderen europäischen Ländern

Ein Blick in die Nachbarschaft

Nach Apotheken-Modernisierungsgesetz

Filialexplosion in Dänemark

Europa, Deine Apotheken – Dänemark

Landapotheken-Fonds, Light-Apotheken und Honorar-Budget

Wie ist die geringe Apothekendichte in Dänemark zu erklären?

Neun Apotheken pro 100.000 Einwohner

Folgt Deutschland Vorbildern aus dem Ausland?

Folgeverordnung als pharmazeutische Dienstleistung

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.