DAT-Pressekonferenz

Arnold: Dienstleistungen für mehr Planungssicherheit

Düsseldorf - 24.09.2019, 15:00 Uhr

ABDA-Vizepräsident Mathias Arnold – hier umrahmt von Hauptgeschäftsführer Dr. Sebastian Schmitz und Kommunikationschef Dr. Rainer Kern – trug die Ergebnisse des Apothekenklima-Index vor. (c / Foto: picture alliance/ABDA/Jardai/ABDA)

ABDA-Vizepräsident Mathias Arnold – hier umrahmt von Hauptgeschäftsführer Dr. Sebastian Schmitz und Kommunikationschef Dr. Rainer Kern – trug die Ergebnisse des Apothekenklima-Index vor. (c / Foto: picture alliance/ABDA/Jardai/ABDA)


Der Deutsche Apothekertag 2019 wird am morgigen Mittwoch eröffnet, und wie jedes Jahr wurden Medienvertreter schon tags zuvor über aktuelle Entwicklungen in der Branche informiert. Das alles dominierende Thema bei der Pressekonferenz bildeten – wie nicht anders zu erwarten – die Lieferengpässe. Doch auch zum gestern bekannt gewordenen tragischen Zwischenfall in einer Kölner Apotheke mit zwei Toten wurde die Standesvertretung befragt. Weil ABDA-Präsident Friedemann Schmidt derzeit einen internationalen Termin wahrnimmt, wurde er von Vizepräsident Mathias Arnold vertreten.

Vieles läuft im Rahmen des alljährlichen Deutschen Apothekertages routiniert und bewährt ab. Doch hin und wieder gibt es auch Überraschungen. So war in diesem Jahr die Abwesenheit von ABDA-Präsident Friedemann Schmidt bei der Auftakt-Pressekonferenz ein Novum. Schmidt wird sich erst am morgigen Mittwoch zum Beginn der Antragsdebatte an die Delegierten wenden. Aktuell befindet er sich auf der Rückreise von einem internationalen standespolitischen Termin.

So war es ABDA-Vizepräsident Mathias Arnold, der – umrahmt von Kommunikationschef Dr. Rainer Kern und Hauptgeschäftsführer Dr. Sebastian Schmitz – die Ergebnisse des Apothekenklima-Index vortrug. Auf Nachfrage von Journalisten wurde das Thema aber auch auf den tragischen Zwischenfall in einer Kölner Apotheke gelenkt. Seit gestern ist bekannt, dass eine Rezeptur zum Tod einer Schwangeren und ihres ungeborenen Kindes geführt haben soll. Arnold schilderte den Vertretern der Publikumsmedien, unter welchen Umständen Apotheken Arzneimittel selbst herstellen und dass in einem Hochrisikobereich zwar eine Null-Fehler-Strategie angestrebt, aber bedauerlicherweise nie erreicht werden könnte. Weitere Einzelheiten zu dem Vorfall konnte und wollte der ABDA-Vize auch im Hinblick auf die laufenden Ermittlungen nicht bekanntgeben.

Die Stimmung und Aussichten werden immer trüber

Seit 2016 führt die ABDA den sogenannten Apothekenklima-Index durch. Die Befragung von mehreren hundert Apothekeninhabern soll ein Stimmungsbild widerspiegeln und aufzeigen, wo der Schuh drückt. Es geht um die Beschäftigung, Nachwuchsgewinnung, wirtschaftliche Erwartungen, Motivatoren und Ärgernisse. In diesem Jahr neu hinzugekommen und evaluiert: Lieferengpässe, pharmazeutische Dienstleistungen und E-Rezept.

Zusammenfassend macht auch die ABDA selbst keinen Hehl aus der prekären Situation der Apotheken in Deutschland: „Trübe Branchenaussichten für Apotheken“ lautet die Überschrift der Pressemitteilung zum Klima-Index. Insgesamt wird die wirtschaftliche Situation von den Inhabern immer schlechter gesehen: 79,8 Prozent gehen von einer negativen Entwicklung in den nächsten zwei bis drei Jahren aus, ein Drittel rechne sogar mit einer „deutlichen“ Verschlechterung. „Das ist ein relativ hartes Bild“, fasst ABDA-Vize Arnold die Statistik zusammen. Selbst bezogen auf den eigenen Betrieb zeichne sich kein besseres Bild ab. Mehr als 40 Prozent planten für die nächsten Jahre keine Investitionen mehr, rund ein Drittel führe immerhin notwendige Verbesserungen und Erweiterungen in der EDV durch. Arnold weist auf die sich verändernden politischen Rahmenbedingungen hin. E-Rezept und Medikationsplan erforderten existenziell notwendige Investitionen. Auch interessant: Nur rund 6 Prozent der Apothekeninhaber spielen derzeit mit dem Gedanken, ihren Betrieb zu filialisieren. Die immer älter werdende Generation der Selbstständigen blickt beim Thema Nachfolgersuche pessimistischer in die Zukunft: Die meisten verfügen höchstens über ein bis zwei Interessenten, für rund 20 Prozent ergibt sich derzeit keine Möglichkeit der Abgabe.

Stressfaktor: Lieferengpässe

Für die anwesenden Vertreter der Presseagenturen und Publikumsmedien war das Thema Arzneimittellieferengpässe wohl das interessanteste. ABDA-Vize Arnold stellte auf Nachfrage die Situation auf dem Markt detailliert da. Vor allem die Rabattverträge im GKV-Bereich macht die Standesvertretung für die Engpässe verantwortlich. Eine Forderung an den Gesetzgeber besteht darin, dass es Rabattverträge immer für mehrere Präparate geben sollte (Mehrfachvergabe). Doch auch die Globalisierung der letzten 30 Jahre würde die ABDA gerne zurückdrehen, denn man wolle sich auch dafür stark machen, dass die Arzneimittelproduktion aus den Billiglohnländern in Fernost wieder nach Europa verlegt wird.

Im Apothekenklima-Index kommen die Lieferengpässe auf der Liste der größten Ärgernisse im Berufsalltag nach der Bürokratie, die seit 2016 unangefochten auf Platz 1 steht. Im letzten Jahr waren noch die Retaxationen ein heißeres Thema für die Apothekeninhaber.

Was dagegen motiviert sind die Beratung und der persönliche Kontakt mit Patienten, gefolgt von der Selbstständigkeit und Unabhängigkeit sowie die Teamarbeit.

Diskrepanz: Arzneimittelpreisbindung versus Dienstleistungen

Welche gesundheitspolitischen Themen halten die Apothekeninhaber für die wichtigsten in den kommenden zwei bis drei Jahren? Das Stimmungsbild auf diese Frage zeigt die aktuellen Nöte und Ängste im Berufsstand am eindrucksvollsten. Zugleich wird deutlich, dass sich die Meinung der Befragten nur bedingt mit den standespolitischen Zielen der ABDA deckt. 90 Prozent der Inhaber wünschen sich Planungssicherheit, stabile rechtliche Rahmenbedingungen sowie den Erhalt der Arzneimittelpreisbindung. Nicht explizit abgefragt wurde das Rx-Versandverbot als ordnungspolitische Maßnahme. Nur ein Drittel hingegen sieht die gesundheitspolitische Zukunft in honorierten, pharmazeutischen Dienstleistungen (zum Beispiel Medikationsmanagement).

Damit weist der Apothekenklima-Index darauf hin, dass die Mehrheit der Apotheker kein Vertrauen in das aktuelle Gesetzgebungsverfahren zum Apothekenstärkungsgesetz hat.

Wenn es denn zu einer geregelten Vergütung pharmazeutischer Dienstleistungen käme – so eine Detailfrage –, würden 81,6 Prozent der Inhaber eine Medikationsanalyse beziehungsweise ein Medikationsmanagement anbieten wollen, gefolgt von Bluthochdruck- und Diabetes-Screening. Nur ein Drittel votiert für die Grippeschutzimpfung.

Als Handlungsbedarf schließt die ABDA aus der Umfrage, dass das Reformpaket zwar korrekturbedürftig, aber unter keinen Umständen zu Fall gebracht werden dürfe. Es müsse vielmehr modifiziert und zügig verabschiedet werden.



Dr. Armin Edalat, Apotheker, Chefredakteur DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Apothekenklima-Index 2019 – Lieferengpässe nur ein Stressfaktor von vielen

Immer trübere Aussichten

Apothekenklima-Index 2021: Apotheken bereiten sich auf E-Rezepte und Dienstleistungen vor

Die Krise als Wendepunkt

Apothekenklima-Index 2017: Stimmung nach EuGH-Urteil auf Tiefpunkt / Bürokratie stresst die Apotheker / sichere Rahmenbedingungen unerlässlich

Planungssicherheit gegen Pessimismus

Neuer Apothekenklima-Index der ABDA zeigt verhaltenen Optimismus

So geht’s den deutschen Apotheken

Apothekenklima-Index 2018

Schlechtes Klima für die Apotheke

Apothekenklima und Reformgesetz

So negativ wie noch nie

Apothekenklima-Index 2018: Stimmung hat sich deutlich verschlechtert

Bürokratie erzeugt Stress

ABDA präsentiert Apothekenklima-Index 2020

Die Skepsis bleibt

2 Kommentare

Die Analyse

von Karl Friedrich Müller am 24.09.2019 um 21:36 Uhr

Von Müller-Bohn ergibt das genaue Gegenteil.
Oder man versteht „Planungssicherheit“ zynisch.
Die Planung des Untergangs. Defizite, die sich hier anhäufen, können nie eine Existenzsicherung bedeuten.
Das wird ja keine freiwillige Sache, sondern Zwang. Mit sehr viel Aufwand und Kosten.
Die Honorarerhöhung wäre der erste Schritt gewesen, der nun leider komplett ausfällt. Dazu noch der komplett unverständliche Verzicht auf das RxVV bricht uns das Genick, also den meisten.
An der Spitze wird das weiter ignoriert. Offensichtlich kann man vor lauter Sturheit keine Fehler eingestehen, oder man kann schlicht nicht rechnen.
Müller-Bohn hätte es Ihnen abgenommen, doch auch das steht in der Tradition der ABDA: das Ignorieren von Gutachten und fundierten Beiträgen (in der DAZ)

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Schmidt

von Conny am 24.09.2019 um 16:07 Uhr

Schmidt weilt in Abu Dhabi, kann man seine Verachtung für die Vorortapotheken klarer zum Ausdruck bringen ? Aber unser Lemmerlinge auch Delegierte genannt, werden trotzdem wieder klatschen, obwohl dieser Mensch und seine Gefährten es nicht schlechter hätten machen können. Hoffentlich hat irgend jemand mal Mut , deutliche Worte zu sprechen. Es kann doch nicht sein, das kein Delegierte einen Arsch in der Hose hat.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.