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Maßnahmen gegen Defekte
BfArM-Präsident: Preise sind bei Engpässen ein „wesentlicher Faktor“
Der Präsident des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, Karl Broich, hofft, dass seine Behörde durch die geplanten gesetzlichen Maßnahmen gegen Lieferengpässe mehr Durchschlagkraft bekommt. Denn auch er kann nur bestätigen, was Apotheker tagtäglich erleben: Die Ausfälle nehmen deutlich zu. Vor allem die Apotheken hätten dadurch Mehrarbeit, erklärte Broich der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.
Professor Karl Broich ist mit seinem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine Art Wächter über die Arzneimittel-Lieferengpässe. Hier werden die – bislang nur freiwilligen – Meldungen der Hersteller zu Engpässen gesammelt. Und hier trifft man sich seit 2016 regelmäßig mit Vertretern der Industrie, der Apothekerschaft, des Großhandels, der Fachgesellschaften und der Behörden zum Jour fixe, um die Versorgungslage unter die Lupe zu nehmen und zu bewerten.
Künftig soll der Jour fixe rechtlich als Beirat des BfArM verankert werden. Seine Empfehlungen, so erklärt Broich in einem Interview mit der FAZ (Frankfurter Allgemeine Zeitung) vom heutigen Donnerstag, seien dann „für die Landesbehörden bindend“. Davon verspricht er sich einiges: „Diese Durchschlagkraft haben wir im Moment noch nicht. Meine Hoffnung ist, dass wir dann noch schneller und besser reagieren können als derzeit“. Broich erinnert auch an die Valsartan-Krise des vergangenen Jahres, die das BfArM bemerkenswert gut managen konnte. Dabei war es auch ein Stück weit Glück, dass genau am Tag, an dem die Verunreinigungen bekannt wurden, der Jour fixe tagte, also alle Beteiligten zusammensaßen und gemeinsam eine Lösung erarbeiten konnten.
Im FAZ-Interview erklärt Broich auch, dass die Lieferausfälle deutlich zunehmen. Doch sie wirkten sich „nur selten gravierend auf die Patienten aus“. Er weiß auch warum: „Im Moment haben vor allem die Apotheker mehr Arbeit, weil sie Ersatzprodukte finden müssen. Das gelingt ihnen aber fast immer.“ Aufgebauscht sei das Problem aber keinesfalls – in einzelnen Fällen gebe es eben doch einen Versorgungsnotstand. Zum Beispiel müssten zuweilen Behandlungen von Krebspatienten unterbrochen oder verschoben werden, weil die nötigen Arzneimittel nicht lieferbar sind. „Das ist völlig inakzeptabel“.
„Die billigsten Medikamente sind oft zu billig“
Gefragt, warum es überhaupt zu Engpässen komme, erklärt Broich, Hauptgrund seien Qualitätsprobleme in der Herstellung der Grundstoffe oder der fertigen Arzneimittel und dass häufig nur noch ein oder jedenfalls wenige Unternehmen einen Wirkstoff oder ein Arzneimittel produzieren. Man habe es aber schon geschafft, weitere Hersteller zu ermuntern, wieder aktiv zu werden. Etwa mit einer besonders schnellen Prüfung eines Zulassungsantrags. Broich betont allerdings auch, dass der Staat keinen direkten Einfluss auf Unternehmensentscheidungen nehmen kann. „Aber der Staat kann gewisse Anreizstrukturen schaffen“. Häufig werde behauptet, das Problem sei, dass in China oder Indien produziert werde. Aber Ausfälle gebe es auch in europäischen Produktionen. Broich sieht dabei die Preise als einen „wesentlichen Faktor“.
Zwar will auch er die Rabattverträge nicht verteufeln – sie seien grundsätzlich als Sparinstrument sinnvoll. „Aber es führt zu Fehlanreizen, wenn die Medikamente zu billig sind“. Als Beispiel nennt er Antibiotika, die für „ein paar Euro“ zu haben seien. Das führe dazu, dass mancher Arzt lieber günstig verordne, statt mittels aufwendiger Diagnostik zu prüfen, ob der Patient überhaupt eine bakterielle Infektion hat.
Broich: Fehlanreize beseitigen, ohne mehr auszugeben
Müssen Arzneimittel also teurer werden? Das findet Broich tatsächlich: Die billigsten Medikamente müssten mehr kosten, um die Lieferketten sicherer zu machen. „Im Gegenzug könnte man darüber reden, ob besonders teure Arzneimittel diesen hohen Preis immer wert sind“. Der BfArM-Präsident meint: „So könnte man Fehlanreize beseitigen, ohne in der Summe mehr für Arzneimittel auszugeben“.
Die derzeit ebenfalls heiß diskutierte Frage einer verstärkten Lagerhaltung sieht Broich differenziert: Bei bestimmten Arzneimitteln könne das hilfreich sein. So könne man etwa bei besonders kritischen Arzneimitteln, etwa gegen Krebs, Zeit gewinnen, um Alternativen zu entwickeln. Aber eine Reserve als Regelfall hält er für wenig sinnvoll: Es gebe rund 103.000 Arzneimittel in Deutschland. Sie alle auf Vorrat zu halten, wäre nicht zu machen. „Das wäre extrem teuer und würde das Problem nicht lösen“.
1 Kommentar
zum Interview von Herrn Broich
von Joachim Sievers am 20.12.2019 um 8:51 Uhr
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