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„Historische Apotheken – neu betrachtet“ – Teil 1
„Spitzweg-Apotheke“ – aus der Tradition heraus Apotheke betreiben
In Zeiten von vermehrten Apothekenschließungen ist der Blick auf historische Apotheken interessant, die zum Teil schon seit Jahrhunderten existieren. Die DAZ-Serie „Historische Apotheken – neu betrachtet“ lässt deren Geschichte lebendig werden und stellt Fragen nach dem Spagat zwischen Historischem und Modernem. Gibt es eine besondere Verantwortung der „eigenen“ Historie gegenüber? Wie kann Tradition in die Zukunft gerettet werden? Was wird erwartet, was erhofft? Teil 1: Die Stadtapotheke in Erding – Spitzwegs Praktikumsapotheke – betreibt Apotheke aus der Tradition heraus.
Bereits seit 1690 existiert die Stadtapotheke in Erding. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts wurde sie unter dem Namen Landgerichtsapotheke betrieben und anschließend in Stadtapotheke umbenannt. Seit Jahrhunderten pflegt die Traditionsapotheke eine ortsverbundene Treue. Sie ist während ihrer langen Geschichte nur einmal umgezogen: Ende des 19. Jahrhunderts um genau ein Grundstück, um einem Erweiterungsbau des Erdinger Weißbräus Platz zu machen. Heutzutage treffen die Kunden in der Erdinger Innenstadt auf eine moderne Apotheke mit historischer Ausstrahlung – und das ist auch bewusst so gewollt, berichtet Apotheker Armin Braun DAZ.online im Gespräch.
Seit 1895 im Familienbesitz
Seit 1895 befindet sich die Stadtapotheke im Familienbesitz.
Damals übernahm der Urgroßvater der derzeitigen Inhaberin, Dr. Beate Braun, die historische Apotheke. Gemeinsam mit ihrem Mann, Armin Braun, leitet die promovierte Apothekerin seit 1993 die Apotheke. Der Vorbesitzer, ein Onkel Erika Brauns, habe ihnen damals die Apotheke verpachtet, berichtet Armin Braun. Nach seinem Tod sei sie dann in den Besitz seiner Frau übergegangen.
„Spitzweg-Apotheke“ – Maler lockt Kunden in Apotheke
Die lange Geschichte der Stadtapotheke kennt einen Höhepunkt, der heutzutage hin und wieder interessierte Kunden in die Apotheke lockt: Der Maler und Apotheker Carl Spitzweg absolvierte 1825 beziehungsweise 1828 zwei kurze Praktika in der Apotheke – so die Überlieferung. Stolz weist eine an der Apothekenfassade angebrachte Kupferplatte mit eingravierter Nachbildung einer Handzeichnung Spitzwegs auf den berühmten Praktikanten hin. Dargestellt ist eine Laborszene mit dem Titel „Die unglücklichen Opfer der Chemie“. Ein Unbekannter hat die Originalzeichnung mit dem Zusatz versehen: „als Apothekerlehrling in Erding gezeichnet“.
Die Stadtapotheke jedenfalls ist stolz auf ihren berühmten „Lehrling“ – und Kunden schauen auch gerne mal nach der „Spitzweg-Apotheke“. „Dass bei uns der Maler Spitzweg war, das ist natürlich was, das verbinden viele Leute ganz bewusst mit der Apotheke“, erläutert Braun. Überhaupt kämen viele Touristen in die Apotheke und seien über das Ambiente erstaunt. So ist unter anderem die historische Einrichtung der Offizin aus der Jahrhundertwende des letzten Jahrhunderts weitestgehend erhalten. „Es ist eine traditionelle Apotheke, die so nicht mehr so häufig anzutreffen ist. Wir haben – das hat auch der Vorgänger schon so gemacht – sehr großen Wert darauf gelegt, dass wir das historische Gewand erhalten“, so Braun.
Nicht nur Kunden profitieren vom historischen Ambiente
Apotheke aus der Tradition heraus führen, ist eines der Mottos des Apotheker-Ehepaars Braun. „Wir führen eine Tradition fort. Die zeigt man auch.
Und wenn man aus der Tradition heraus Apotheke betreibt und wenn man auch mit der Aura der Tradition verbunden Pharmazie betreibt, dann finde ich das eine gute Sache“, beschreibt der Erdinger Apotheker seine Überzeugungen. Er ergänzt: „Ich muss ganz ehrlich sagen, dass in den modernen Zeiten mit Computer und so weiter viele Menschen auch eine Sehnsucht nach etwas Ursprünglichen und nach etwas Menschlichem haben. Und da versuchen wir natürlich, was die historische Einrichtung verspricht, auf menschliche Weise auch zu transportieren.“
Unterschiede zu neuer Apotheke deutlich zu „spüren“ – im wahrsten Sinne des Wortes
Braun verfügt zudem über gute Vergleichsmöglichkeiten mit einer nicht-historischen Apotheke. Er betreibt in einer OHG mit Dr. Franz Stadler die erst seit elf Jahren bestehende Campus Apotheke in Erding. Braun berichtet von den Unterschieden zwischen den beiden Apotheken, die – im wahrsten Sinne des Wortes – deutlich zu spüren seien. „Ich bin in beiden Apotheken sehr gerne, aber das Knarzen unter den Füßen, das geht auch auf die Kunden über. Das ist mit ganz anderen Herausforderungen verbunden. Ich sage es mal so, in der alten Apotheke sind wir eine Anlaufstelle, auch wenn der Kunde kein Rezept hat“, erläutert der Erdinger Apotheker.
Zuversicht für Zukunft überwiegt – auch aus der Tradition genährt
Armin Braun sieht kein Widerspruch oder Problem in der Tatsache, dass die Stadtapotheke auf eine lange Geschichte zurückblickt, die spürbar sein sollte, und dass sie zudem eine Apotheke ist, die mit „beiden Beinen“ fest in der Apothekengegenwart verankert ist. In die Zukunft blickt er deshalb auch zuversichtlich: „Wenn man in einer so alten Apotheke arbeitet, dann sagt man, wir haben andere Zeiten auch überstanden und kann dann sicher eine gewisse leichte Zuversicht daraus gewinnen“, so Braun.
Natürlich seien heutzutage nicht nur die lokalen Bedingungen ausschlaggebend für den Erfolg, dennoch sieht er die Apotheke gut gerüstet: „Ich gehe mal davon aus, dass wir die Anforderungen der modernen Zeit auch bestehen, weil wir unsere Apotheke genauso zertifiziert haben wie auch die zweite Apotheke, die wir haben. Die ist ja ganz neu.“ So sei zwar das Antlitz der Apotheke auf den ersten Blick das einer historischen Apotheke, im Hintergrund sei aber alles modern eingerichtet und auf die Zukunft ausgerichtet, resümiert Braun.
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