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PR-Video der Bundesregierung
„Mal bin ich Fitnesstrainer, (…) manchmal bin ich Apotheker!“
Der Fachkräftemangel in der Pflege ist eines der größten Probleme, mit dem unser Gesundheitswesen konfrontiert ist. Mehrere Bundesregierungen haben sich dieses Themas bereits angenommen. Auch die derzeitige Große Koalition hat einige Vorhaben – unter anderem zur Verbesserung der Attraktivität des Pflegeberufes – auf den Weg gebracht und wirbt nun offensiv für diese Maßnahmen. In einem PR-Video zur neuen Pflegeausbildung hat die Bundesregierung aber einen höchst bedenklichen Querverweis zum Apothekerberuf eingebaut.
Schon die Vorgängerregierung der jetzigen Großen Koalition wollte dafür sorgen, dass der Pflegeberuf attraktiver wird, damit sich mehr junge Menschen für eine Laufbahn in der Pflege entscheiden. Menschen mit einer Pflegeausbildung soll es künftig ermöglicht werden, in unterschiedlichen Einsatzbereichen tätig zu sein. Auch aus diesem Grund hatte das Bundesgesundheitsministerium 2016 das „Gesetz zur Reform der Pflegeberufe“ vorgelegt, das der Bundestag Mitte 2017 beschloss.
In diesem Jahr startet die neue Ausbildung: Die bisherigen Ausbildungen im Pflegebereich (u.a. Kranken- und Altenpflege) wurden zu einer neuen generalistischen Ausbildung zusammengefasst. Alle Auszubildenden erhalten zunächst zwei Jahre lang eine gemeinsame Ausbildung. Im dritten Jahr können die Auszubildenden diese generalistische Ausbildung fortsetzen und erwerben dann den Berufsabschluss „Pflegefachfrau“ bzw. „Pflegefachmann“. Möglich ist im dritten Jahr aber auch eine Spezialisierung, beispielsweise auf die Kinder- oder Krankenpflege.
Um diese Neuerung auch in der Öffentlichkeit zu kommunizieren, hat die Bundesregierung ein etwa 30-sekündiges PR-Video produzieren lassen, das schon seit einiger Zeit im Internet aufrufbar ist. In dem Video ist ein junger Mann zu sehen, der durch verschiedene Situationen beziehungsweise Settings geht. Zunächst ist er in einem Fitnessstudio zu sehen, dann in einem Büro und schließlich zwischen mehreren mit Arzneimitteln befüllten Regalen. Der Mann greift sich ein Arzneimittel und gibt es einem Patienten in die Hand. In den einzelnen Szenen sagt der Mann: „Mal bin ich Fitnesstrainer. Mal bin ich Manager. Manchmal bin ich Apotheker. Und manchmal höre ich einfach nur zu. Aber vor allem bin ich eines: Pfleger!“
Auch auf der Internetseite des Videos, das den Titel „Vielfalt durch Verantwortung“ trägt, ist ein ähnlicher Text zu lesen: „Fitnesstrainer, Apotheker, Manager – so vielfältig ist der Pflegeberuf. Die Reform der Pflegeausbildung bietet Pflegefachkräften ab 2020 eine noch größere Flexibilität und mehr Einsatzmöglichkeiten in ihrem späteren Beruf“, heißt es dort.
Apotheker schaltet BMG, Kammer und Aufsicht ein
Ein Apotheker aus Hessen wurde auf diese Aussagen aufmerksam, kontaktierte DAZ.online und gleichzeitig das Bundesgesundheitsministerium, seine Landesapothekerkammer sowie die Arzneimittelaufsicht in seinem Bundesland. In seinem Beschwerdebrief weist der Pharmazeut darauf hin, dass das Pharmaziestudium ein Abitur voraussetzt, aus mehreren Semestern und einem Praktikum besteht, dass man zur erfolgreichen Bewältigung des Studiums drei Staatsexamen benötigt und dass die Tätigkeit als Apotheker eine Approbation voraussetzt.
Die Abgabe von Arzneimitteln sei daher verantwortungsvoll und eben nicht „im Vorübergehen“ möglich, so der Apotheker. Der Pharmazeut erinnert auch daran, dass das Führen von akademischen Graden und explizit auch der Berufsbezeichnung „Apotheker/-in“ laut Strafgesetzbuch strafbewehrt ist. Das von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) geleitete Bundesgesundheitsministerium fordert er daher auf, das Video unverzüglich zu löschen und die weitere Verbreitung zu unterlassen. Nach Angaben des Apothekers ist der Film nicht nur im Internet, sondern auch in Kinos zu sehen.
Regierung sucht nach Zuständigkeiten, ABDA antwortet nicht
Doch das BMG scheint gar nicht zuständig zu sein für den PR-Spot. Auf mehrere Fragen von DAZ.online zu dem Video verwies ein BMG-Sprecher lediglich an das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), das seit März 2018 von der SPD-Politikerin Dr. Franziska Giffey und in der vergangenen Legislaturperiode von Katarina Barley (ebenfalls SPD) geleitet wurde. Doch auch das BMFSFJ fühlt sich nicht zuständig und verwies auf das Bundespresseamt (BPA), das für das Video verantwortlich sein soll. Antworten aus dem BPA liegen DAZ.online allerdings noch nicht vor. Die ABDA hat auf eine Nachfrage zur Einschätzung des PR-Videos bislang gar nicht geantwortet.
11 Kommentare
PR Video
von Alexander Zeitler am 08.01.2020 um 19:50 Uhr
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@Holger
von Peter am 08.01.2020 um 15:24 Uhr
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Apotheker als Berufswert?
von Heiko Barz am 08.01.2020 um 12:17 Uhr
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Wir sollten mal reflektieren was apothekerliche Aufgaben sind
von Benjamin Schäfer am 07.01.2020 um 18:58 Uhr
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@ Holger
von Christiane Patzelt am 07.01.2020 um 13:20 Uhr
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AW: Humor
von Holger am 08.01.2020 um 8:26 Uhr
Zuständigkeit
von Bernd Küsgens am 07.01.2020 um 9:52 Uhr
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@Holger
von Peter am 07.01.2020 um 9:07 Uhr
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AW: Strafrecht
von Holger am 08.01.2020 um 8:24 Uhr
Hehehe, köstlich
von Peter am 07.01.2020 um 7:43 Uhr
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AW: Korrektur
von Holger am 07.01.2020 um 9:00 Uhr
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