Stand nach dem EuGH-Urteil

Brigitte Zypries sprach mit BMWi-Staatssekretärin über Rx-Versandhandel

Berlin - 09.01.2020, 06:59 Uhr

Ex-Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries hat auch nach ihrem Ausscheiden aus dem BMWi mit dem Ministerium über den Rx-Versandhandel gesprochen. Zypries beteuert aber, dass sie nicht im Auftrag von DocMorris handelte. (Foto: imago images / IPON)

Ex-Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries hat auch nach ihrem Ausscheiden aus dem BMWi mit dem Ministerium über den Rx-Versandhandel gesprochen. Zypries beteuert aber, dass sie nicht im Auftrag von DocMorris handelte. (Foto: imago images / IPON)


Der Arzneimittel-Versandhandel ist für die SPD-Politikerin Brigitte Zypries ein besonderes Thema. Als Bundeswirtschaftsministerin besuchte sie den EU-Versender DocMorris in Heerlen. Später kam heraus, dass sie an einer unter anderem von DocMorris gesponserten Gesprächsreihe teilnahm. Nun wird klar, dass Zypries auch nach ihrem Ausscheiden aus dem Bundeswirtschaftsministerium an dem Thema dran ist: Einem Bundestagsdokument zufolge sprach die Ex-Ministerin im vergangenen Jahr mit BMWi-Staatssekretärin Claudia Dörr-Voß über den Rx-Versandhandel. Zypries selbst beteuert, dass sie nicht im Auftrag von DocMorris agiert habe.

Immer wieder gibt es Medienberichte über ehemalige Minister oder andere hochrangige Politiker, die nach ihrem Ausscheiden aus bedeutenden Ämtern im Lobbyismus ein neues Zuhause finden. Klar ist: Ex-Minister/-innen oder Staatssekretär/-innen müssen einen Wechselwunsch in die Wirtschaft innerhalb der ersten 18 Monate nach dem Ausscheiden aus ihrem Amt bekanntgeben. Es gibt eine Ethikkommission, die Interessenkonflikte prüft – das Bundeskabinett kann dann über eine eventuelle Sperrzeit entscheiden. Doch die Linksfraktion im Bundestag wollte es genauer wissen und fragte die Bundesregierung im Oktober 2019, welche Ex-Politiker in den vergangenen Jahren in die Wirtschaft wechselten und mit wem sie über welche Themen sprachen. Die Bundesregierung hat dazu eine spannende Tabelle vorgelegt, über die kürzlich auch der „Spiegel“ berichtete.

Denn die Tabelle zeigt, dass die Ex-Amtsinhaber/-innen weiterhin rege und intensive Beziehungen in die aktive Politik haben, um über bestimmte Themen zu sprechen – selbst wenn sie keine neue Funktion in der Wirtschaft anstreben. So auch die ehemalige Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries. Die SPD-Politikerin war zwischen Januar 2017 und März 2018 Ministerin und somit auch für wichtige Apothekenthemen verantwortlich. Zypries‘ Name taucht in der Antwort der Bundesregierung gleich mehrfach auf: Einmal ging es in einem Gespräch um Frauennetzwerke, einmal um einen Wahlkampf-Auftritt mit Heiko Maas – und einmal auch um das Thema „Rx-Medikamente“.

Zypries: Das Thema interessiert mich

Dem Dokument zufolge fand im September 2018 – also etwa sechs Monate nach Zypries‘ Amtsübergabe an Peter Altmaier (CDU) – ein Gespräch mit der derzeitigen Staatssekretärin Claudia Dörr-Voß (SPD) statt. DAZ.online hat sowohl das BMWi als auch die Ex-Ministerin zu den genauen Hintergründen des Gespräches gefragt. Doch vieles bleibt unklar. Gegenüber DAZ.online wies Zypries darauf hin, dass es sich bei dem Gespräch um ein Telefonat handelte. „Es ging um den Stand des Verfahrens nach einer Entscheidung des EuGH“, so die SPD-Politikerin. Einen konkreten Anlass habe es nicht gegeben, denn: „Das Thema interessiert mich“, so Zypries. Sie sei auch nicht im Auftrag eines Unternehmens unterwegs, sondern habe „als Brigitte Zypries“ mit ihrer Parteikollegin besprochen.

Auch das BMWi will nicht mehr Licht ins Dunkel bringen, was den Inhalt des Gespräches betrifft. Eine Ministeriumssprecherin erklärte gegenüber DAZ.online, dass man sich „grundsätzlich nicht zu Details nicht-presseöffentlicher Gespräche“ äußere. Ob es zu diesem Thema noch weitere Kontakte zwischen Zypries und dem BMWi gab, bleibt zumindest fraglich. Zypries dazu: „Ich erinnere mich nur an das eine Telefonat mit Frau Dörr- Voss.“

Zypries und DocMorris: Das hat Vergangenheit!

Doch dem „Spiegel“-Bericht zufolge ist Zypries nach ihrer politischen Karriere schon in mehrfacher Hinsicht aktiv geworden in der Wirtschaft – oder hat es zumindest versucht. Dem Bericht zufolge hat die Ex-Ministerin inzwischen elf Posten gemeldet, denen sie gerne nachgehen wollte – drei dieser Positionen seien ihr vorerst untersagt worden. Demnach habe sie 15 Monate warten müssen, bevor sie in den Beirat des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft wechseln konnte.

Die Apotheker sind sensibilisiert, wenn es um das Thema Arzneimittel-Versandhandel und Brigitte Zypries geht. Zu präsent sind noch die Bilder von Zypries‘ Besuch in der DocMorris-Zentrale im niederländischen Heerlen. Zur Erinnerung: Die Ministerin hatte sich die Arbeit des EU-Versenders im August 2017 angeschaut und danach in einer DocMorris-Pressemitteilung erklärt: „Die fortschreitende Digitalisierung im Gesundheitswesen bietet uns die Chance, gerade in ländlichen Regionen die medizinische und pharmazeutische Versorgung der Bevölkerung zu verbessern und zu erleichtern. Unser Ziel muss es daher sein, Hemmnisse weiter abzubauen und Innovationen mehr Luft zum Atmen zu geben, um die Digitalisierung der Gesundheitswirtschaft voranzutreiben.“

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Erst nach sehr viel Ärger mit den Apothekern und etwa einen Monat später stattete die damalige Ministerin auch einer deutschen Vor-Ort-Apotheke einen offiziellen Besuch ab. In einem Interview mit DAZ.online erklärte die Ex-Ministerin dazu später: „Ich sehe nicht, dass ich – wie das in den Sozialen Medien nach meinem Besuch häufig tituliert wurde – das Unternehmen (Anmerkung der Redaktion: DocMorris) dadurch ‚geadelt hätte‘. Da würde ich letztlich jede Apotheke, bei der ich einkaufe, auch adeln, denn ich kaufe in der Vor-Ort-Apotheke und bestelle nicht beim Versandhandel.“

Rent-a-Sozi-Affäre

Im Juli 2017 wurde dann noch bekannt, dass es wohl schon 2014 erste Kontakte zwischen DocMorris und Zypries gab. Damals sponserte der Versender einen Zypries-Vortrag mit 4000 Euro. Der Zypries-Vortrag am 27. Juni 2014 war Teil eines Gesprächszyklus' der SPD-Parteizeitung „Vorwärts“, mit dem die SPD-Agentur NWMD Network Media GmbH Lobbyisten und Unternehmen Gespräche mit sozialdemokratischen Spitzenpolitikern vermittelte – gegen als „Sponsoring“ bezeichnete Beträge in Höhe von 3000 bis 10.000 Euro. Das Thema des Vortrags von Brigitte Zypries, die damals noch Staatssekretärin war, lautete: „Datenschutz und Digitalisierung im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftsinteressen und Demografie“. Aufgedeckt wurde das dubiose Sponsoring-Veranstaltungskonstrukt seinerzeit vom ZDF-Magazin Frontal21. Im Fadenkreuz: Die SPD-Agentur, die die Vorträge in der Reihe „Vorwärts-Gespräche“ organisierte. Die Affäre wurde später als „Rent a Sozi“-Affäre bekannt.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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3 Kommentare

Zypries

von Roland Mückschel am 09.01.2020 um 9:57 Uhr

Also dass da Geld eine Rolle spielt glaube ich nie und nimmer.
Da ist ausschliesslich der hohe Sachverstand dieser
Frau von Bedeutung.
Wenn sich die Apotheker um einen höheren Sachverstand
bemühen würden wären sicher sie die Ansprechpartner
für die Firmen.

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.

von Anita Peter am 09.01.2020 um 8:59 Uhr

Schade dass es Udo Ulfkotte nach "Gekaufte Journalisten" nicht mehr zu "Gekaufte Politiker" geschafft hat.

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Zypries

von Conny am 09.01.2020 um 7:35 Uhr

Gestern Wilsberg gesehen-Bittere Pillen-. Ein Lehrstück wie Bundestagsabgeordnete von der Pharmaindustie in die richtige Richtung gelemkt werden. Mal sehen was in fünf Jahren alles rauslommt.

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